25. Februar 1948: Die Kommunisten ergreifen die Macht
Der 25. Februar 1948 stellt einen Markstein der tschechischen Geschichte dar. An diesem Tag begann die mehr als 41-jährige Herrschaft der kommunistischen Partei, die durch Unfreiheit und wirtschaftliche Zersetzung gekennzeichnet war. Diesem Jahrestag widmet sich Jakub Siska.
Die Befreiung der Tschechoslowakei 1945 brachte zwar die Wiederherstellung des selbstständigen Staates im Rahmen der ursprünglichen Grenzen, aber die inneren Verhältnisse waren ganz anders als noch in der Zwischenkriegszeit. Das schon im April 1945 verabschiedete Regierungsprogramm richtete sich nach kommunistischen Ideen: Es ging vor allem um die Beschränkung der politischen Freiheit, um die Verstaatlichung der wichtigsten Industriezweige und um die Bildung von Nationalausschüssen, die an die Stelle der bisherigen Selbstverwaltung traten. Das alles hatten die Vertreter der kommunistischen Emigration in Moskau bei den Verhandlungen mit Präsident Edvard Benes durchgesetzt. Ihre Partei hat sich schrittweise alle Schlüsselpositionen im Staat verschafft, sagt der Historiker Jaroslav Sebek:
"Der kommunistischen Partei ist es gelungen, vor allem den Sicherheitsapparat zu beherrschen. Schon seit 1945 kontrollierte sie nicht nur die Polizei, im damaligen Jargon 'Korps der Nationalen Sicherheit', sondern auch die Volkstruppen, die sie für ihre eigenen Bedürfnisse eingerichtet hatte. Das spielte dann während der entscheidenden Tage des Machtkampfs eine wichtige Rolle. Darüber hinaus beherrschte sie auch die Propagandamittel, was die Demokraten sehr unterschätzt hatten. Film, Rundfunk und meist auch die Presse wagten es nicht, sich gegen die neue Ordnung auszusprechen. Den nicht kommunistischen Zeitungen wurde die Papierlieferung beschränkt. Das alles leitete einer der härtesten Stalinisten, Propagandaminister Vaclav Kopecky."
In dieser Atmosphäre wurde 1946 die Parlamentswahl veranstaltet. Neben den Kommunisten konnten daran nur vier Linksparteien teilnehmen. Die Rechtsparteien wurden verboten, was ungefähr eine Hälfte der Wähler daran hinderte, ihre Meinung zu äußern. Die Kommunisten bekamen damals 46 Prozent der Stimmen und fühlten sich zu einem weiteren Machtkampf ermutigt. Der entscheidende Moment kam, als der kommunistische Innenminister Nosek eine neue Säuberung in der Polizei durchgeführt hatte. Die nicht kommunistischen Regierungsmitglieder dankten ab, womit sie eine neue Wahl auslösen wollten. Präsident Edvard Benes zögerte fünf Tage, aber schließlich stimmte er zu. Am 25. Februar 1948 konnte der kommunistische Führer Klement Gottwald der Masse am Prager Wenzesplatz melden:
"Bürger und Bürgerinnen, Genossen und Genossinnen! Ich komme gerade aus der Prager Burg vom Staatspräsidenten. Heute Morgen habe ich dem Präsidenten vorgeschlagen, die Demissionen der Minister vom 20. Februar dieses Jahres anzunehmen. Gleichzeitig habe ich ihm eine Liste mit neuen Personen zur Ergänzung der Regierung vorgelegt. Und ich kann ihnen bekannt geben, dass der Präsident alle meine Vorschläge, genau so, wie sie formuliert wurden, angenommen hat!"
"Es lebe Genosse Gottwald!" riefen mindestens 100.000 Menschen. Seit diesem Tag hatte die Tschechoslowakei eine einfärbige kommunistische Regierung. Die Demokraten waren damals vom Verhalten des Präsidenten Benes enttäuscht. Warum er die neue undemokratische Regierung ernannt hatte, das sagte dieser der kommunistischen Delegation ins Gesicht:"Nicht alle unsere Leute sind mit dem Untergang der Demokratie einverstanden, aber Sie und die von Ihnen geleitete Partei fordern, dass ich die Demokratie mit meiner Unterschrift töte. Sie zwingen mich, das ganze Volk und den ihm von Präsident Masaryk gegebenen Schwur 'Wir bleiben treu' zu verraten. Falls ich so etwas tue, dann nur mit der Absicht, den unversöhnlichen Kampf, mit dem Sie mir drohen und den Sie auslösen können, zu vermeiden. Ich glaube, dass unser Volk meine Tat versteht, ihre Methoden bei der nächstmöglichen Gelegenheit ablehnt und sittliche Reife sowie demokratische Gesinnung an den Tag legt."
Der allgemeinen Einschätzung nach konnte Edvard Benes wahrscheinlich nichts mehr retten. Er war ein kranker und durch die Vorkriegs- und Kriegsereignisse erschöpfter Mann, der noch dazu keine ausreichende politische Unterstützung mehr hatte. Die demokratischen Politiker hätten die Entwicklung damals sehr unterschätzt, meint der Historiker Jaroslav Sebek."Die Demission der nicht kommunistischen Minister war ein verzweifelter Versuch, den drohenden Untergang der Demokratie zu vermeiden. Es war aber schon zu spät: Die Kommunisten haben die Massen ihrer Anhänger fanatisiert und waren bereit, die Herrschaft mit Gewalt zu übernehmen. 'Wir pflegen nach Moskau zu reisen, um zu lernen, wie wir ihnen den Hals umdrehen' - mit diesem im Parlament vorgebrachten Satz wurde der Führer Gottwald schon vor dem Krieg berühmt. Außerdem hat es sich herausgestellt, dass die demokratischen Parteien auf die entscheidende Auseinandersetzung nicht vorbereitet waren. Sie waren immer zwei Schritte hinter den Kommunisten zurück und legten keine eigene Alternative der Nachkriegsentwicklung vor."
Nach dem 25. Februar blieb nur eine demokratische Persönlichkeit in der Regierung: Außenminister Jan Masaryk, der Sohn des ersten tschechoslowakischen Präsidenten Tomas Masaryk. Aber nicht für lange: Schon 14 Tage später wurde er morgens unter dem Fenster seiner Wohnung tot aufgefunden. Die kommunistische Propaganda behauptete sofort, dass er Selbstmord verübt hatte, aber viele Umstände sprechen für einen Mord.
Die Regierung hatte inzwischen mit ihrer schmutzigen Arbeit begonnen: Wie gut alles vorbereitet war, das lässt sich auch aus der folgenden Aufnahme ableiten: Ein hochstaplerischer Rundfunkredakteur fragt vor der ersten Sitzung der neuen Regierung:
"Da kommt schon die neue Gerechtigkeit: Minister Dr. Alois Cepicka. Was tragen Sie in ihrer Aktentasche?"
Und die Antwort lautete:
"Für die nächste Woche bereiten wir zwei Gesetzvorlagen vor, zunächst für die Regierung und dann für das Parlament: Die eine betrifft das Republikschutzgesetz und die zweite die Maßnahmen der Aktionsausschüsse. Es geht darum, dass diese Maßnahmen als Gesetze verabschiedet werden können - vor allem diejenige, die der Unterstützung des volksdemokratischen Regimes dienen."
Gerade diese Gesetze halfen den Kommunisten, mit Massenverhaftungen zu beginnen und Monsterprozesse zu organisieren. Die politischen Gegner wurden festgenommen, manche von ihnen wurden hingerichtet, tausende Leute mussten ihre Arbeit verlassen, das Privateigentum wurde gestohlen und verboten, die Menschenrechte mit Füssen getreten. Das Land wurde für 41 Jahre von der freien Welt getrennt.