AKW-Ausbau ohne Ausschreibung? Tschechien diskutiert ungarisches Modell

Kernkraftwerk Dukovany (Foto: Nostrifikator, CC BY-SA 3.0)

Für die tschechische Regierung gilt weiter die Kernkraft als eine wichtige Säule im Energiemix. Doch der anvisierte Ausbau der Atommeiler Temelín und Dukovany liegt bisher auf Eis – weil die Finanzierung ungeklärt ist. Nun hat der Energiekonzern ČEZ eine direkte Vergabe des Reaktorbaus ohne Ausschreibung ins Spiel gebracht. Wie aber reagiert die Politik?

Kernkraftwerk Dukovany  (Foto: Nostrifikator,  CC BY-SA 3.0)
Die Diskussion ins Laufen gebracht hat ein Zeitungsbericht. Vergangene Woche schrieb die „Hospodářské noviny“, China wolle gerne einen neuen Reaktorblock im Kernkraftwerk Dukovany bauen. Peking verlange dafür aber die direkte Vergabe des Auftrags an eine chinesische Firma, also ohne öffentliche Ausschreibung.

Kraftwerksbetreiber ČEZ hat die Idee nun aufgegriffen. Unternehmenssprecher Ladislav Kříž erläutert die Probleme des gängigen Vorgehens:

„Bei einer öffentlichen Ausschreibung können die Änderungen von Gesetzen und Vorschriften nicht nachträglich noch berücksichtigt werden. Und vor allem lassen sich einheimische Firmen nicht einbinden. Das sind grundsätzliche Fehler von Ausschreibungen.“

Jaroslav Foldyna  (Foto: Archiv ČSSD)
Am Montag lobte der zuständige Leiter für den Kraftwerkbau bei ČEZ in einem Interview die Vorteile einer direkten Auftragsvergabe. Besonders ließe sich damit das Problem der Finanzierung meistern, ließ er wissen.

ČEZ hatte 2014 die Ausschreibung für zwei neue Reaktorblöcke in Temelín zurückgezogen. Denn die tschechische Regierung wollte keine Garantien für die Einspeisevergütung geben. Auf den jetzigen Vorstoß des Energiekonzerns reagierten Regierungspolitiker am Montag eher zurückhaltend. Jaroslav Foldyna (Sozialdemokraten) ist stellvertretender Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses im Abgeordnetenhaus:

„Theoretisch ist das schon möglich. Generell aber habe ich zu diesem Zeitpunkt nicht gehört, dass man sich intensiver um eine solche Partnerschaft bemühe als um eine klassische Ausschreibung – weder allgemein auf Regierungsebene, noch konkret von Wirtschaftsminister Jan Mládek.“

AKW Paks  (Foto: Barna Rovács,  CC BY-SA 4.0)
Die Zurückhaltung mag aber vielleicht auch Taktik sein. Denn noch ist der Präzedenzfall Ungarn nicht geklärt. 2014 hat Budapest dem russischen Konzern Rosatom den Auftrag erteilt, das AKW Paks auszubauen. Die russische Regierung verpflichtete sich im Gegenzug, Ungarn einen Kredit von zehn Milliarden Euro zu gewähren. Die Europäische Kommission hat aber ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Weiter schwebt also im Raum, dass Brüssel das Vorgehen blockiert.

Einige tschechische Oppositionspolitiker halten das ungarische Modell allerdings für ineffizient. František Laudát ist Fraktionsvorsitzender der konservativen Top 09 im Abgeordnetenhaus:

František Laudát  (Foto: Archiv Top 09)
„Einen Riesen-Bauauftrag ohne Ausschreibung zu vergeben kommt mir unglaublich vor. Beim Preis und bei der Technologie zeigt sich nur im öffentlichen Wettbewerb, wer der Beste ist.“

Das Mitte-Rechts-Kabinett in Prag will bis Mitte kommenden Jahres entscheiden, wie der Ausbau der tschechischen Atomkraftwerke ablaufen soll.

Autor: Till Janzer
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