Arzt Šebek: „Ärzte ohne Grenzen“ leisten Riesenpensum bei Bekämpfung der Cholera in Haiti

Eine schwere Katastrophe, die sich im ausklingenden Jahr 2010 ereignet hat, war das Erdbeben am 12. Januar in Haiti. Schätzungen zufolge hat es 250.000 bis 300.000 Menschenleben gefordert. Zu den Hilfsorganisationen, die danach versucht haben, das Leben im Inselstaat wieder zu normalisieren, gehört die international anerkannte Organisation Médecins Sans Frontières, die medizinische Nothilfe in Krisen- und Kriegsgebieten leistet. Für „Ärzte ohne Grenzen“ in Haiti war auch der tschechische Arzt Tomáš Šebek im Einsatz, der seine Erlebnisse jetzt im Tschechischen Rundfunk schilderte.

Tschechisches Logo von „Ärzte ohne Grenzen“
Die internationale Organisation Médecins Sans Frontières (MSF) wurde 1971 von einer kleinen Gruppe französischer Ärzte als Reaktion auf den Biafra-Krieg gegründet. Von Genf aus, wo die internationale Verwaltung von MSF ihren Sitz hat, werden jährlich etwa 3000 Ärzte, Krankenschwestern, Hebammen und Logistiker für Projekte der Organisation rekrutiert. Tomáš Šebek, Chirurge und Orthopäde im mittelböhmischen Hořovice, bekam erst spät seinen Einsatzauftrag. Von Oktober bis Mitte Dezember operierte und arbeitete er in einem provisorischen Krankenhaus in Léogâne, rund 30 Kilometer westlich von der Hauptstadt Port-au-Prince entfernt. Diesen Ort müsse man sich auch jetzt noch wie ein großes Zeltlager vorstellen, sagte Šebek und ergänzte:

Tomáš Šebek  (Foto: Šárka Ševčíková,  Tschechischer Rundfunk)
„Im ersten Monat habe auch ich im Zelt gelebt. Danach aber bin ich in eine höhere Klasse aufgestiegen und habe einen Bungalow erhalten.“

Die bessere Wohngelegenheit habe er nicht zuletzt deshalb erhalten, weil die Arbeit der Organisation MSF in Haiti sehr gewürdigt wird. Auch bei der größten Herausforderung, der Bekämpfung der Cholera, habe „Ärzte ohne Grenzen“ vorbildliche Arbeit geleistet, sagte Šebek. Er selbst aber hatte im Krankenhaus von Léogâne ein anderes Betätigungsfeld:

Léogâne  (Foto: United States Marine Corps)
„Was die Cholera betrifft, so war ich damit nicht direkt berührt. Unser Ärzteteam musste sich um den normalen Krankenhausbetrieb in Léogâne kümmern. Rund 90 Prozent der Patienten dort sind Unfallopfer, denn der Straßenverkehr in Haiti ist einfach katastrophal. In den letzten Tagen meines Aufenthaltes aber habe ich auch ein Anti-Cholera-Zentrum von innen gesehen, dass von MSF aufgebaut wurde. Meine Kollegen von der Organisation leisten dort ein Riesenpensum an Arbeit, und es war nahezu unglaublich von ihnen zu hören, wie sie sich um ihre Patienten kümmern und wie anstrengend das ist.“

Zeltlager in Haiti  (Foto: Europäische Kommission)
Im Krankenhaus von Léogâne hatte Šebek quasi eine Sieben-Tage-Woche, denn außer sonntags, wo nur halbtags gearbeitet wurde, war er täglich von früh bis spät im Einsatz. Die Arbeit aber habe ihm viel Spaß gemacht, allein schon deshalb, weil er ihre kleinen Erfolge und die Dankbarkeit der Haitianer tagtäglich erleben durfte:

„Also Haiti ist eines der wenigen Krisengebiete in der Welt, wo die Mitarbeiter von ´Ärzte ohne Grenzen´ noch zu Fuß auf Arbeit gehen können. Kollegen, die in Afrika tätig waren, haben mir erzählt, dass man sich dort nur im Auto sicher fortbewegen kann. Die Organisation MSF hat in der Welt einen derart guten Ruf, dass deren Mitarbeiter in punkto Sicherheit die geringsten Probleme haben. Andere Hilfsorganisationen, die in Haiti geholfen und auch operiert haben, hatten dagegen hin und wieder Schwierigkeiten. Deren Mitarbeiter sind von den Einheimischen verbal attackiert worden, weil diese glaubten, von ihnen keine besondere Hilfe zu erhalten, wenn sie mit dem Auto führen. Leute dieser Organisationen wurden auch entführt oder festgehalten. Wenn aber ein Vertreter von ´Ärzte ohne Grenzen´ im Auto fuhr, dann wurden ihm alle Schranken geöffnet und er wurde bis zum Krankenhaus begleitet. Jeden Tag, wenn wir zu Fuß durch das Zeltlager gingen, dann wurden wir gegrüßt. Und diejenigen von uns, die man kannte, wurden sogar namentlich gegrüßt. Das war sehr schön.“