"Auch sie waren dagegen" - Konferenz über die Geschichte der deutschen Antifaschisten

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Die Geschichte und das Schicksal der deutschen Antifaschisten aufarbeiten und dokumentieren und ihre Opfer nicht vergessen. Das ist das Ziel des umfangreichen Projekts, dass durch einen Beschluss der tschechischen Regierung, unter ihrem damaligen Premierminister Jiri Paroubek, vom 24. August 2005 auf den Weg gebracht wurde. Die Regierung entschuldigte sich dafür, dass auch Antifaschisten von den nach dem Krieg in der CSR geltenden Maßnahmen betroffen waren. In Usti nad Labem fand von Montag bis Mittwoch eine internationale Konferenz zum Auftakt dieses Projekts statt.

"Auch sie waren dagegen". Unter diesem Motto stand die Konferenz im nordböhmischen Usti nad Labem / Aussig. In einer Stadt also, in der es in der Ersten Tschechoslowakischen Republik eine traditionell starke deutsche Sozialdemokratie gegeben hatte, deren Anhänger während des Krieges im Widerstand aktiv waren, ins Exil gingen oder verhaftet wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden viele der deutschen Antifaschisten trotz ihrer Gegnerschaft zum Nationalsozialismus von den Maßnahmen gegen die so genannte feindliche Bevölkerung, also gegen Deutsche und Ungarn, betroffen. Viele wurden vertrieben oder hatten unter anderen Benachteiligungen zu leiden. Vaclav Houfek vom Stadtmuseum in Usti nad Labem, das einer der Projektpartner ist, erläutert die Idee des gesamten Projekts:

"Es ist ein wesentlicher Teil der Geste, die die tschechische Regierung unter der Führung von Jiri Paroubek, gegenüber diesen Menschen gemacht hat. Das Projekt wird von dem Bewusstsein getragen, dass wir das Schicksal dieser Menschen und ihre Opfer nicht vergessen dürfen", so Houfek.

Für die deutschen Sozialdemokraten und Kommunisten war es nach dem Krieg schwer zu begreifen, dass sie plötzlich einfach nur noch als Deutsche angesehen wurden. Irene Brügel ist die Tochter von Johann Wolfgang Brügel, der vor dem Krieg Sekretär des Vorsitzenden der deutschen Sozialdemokraten, Ludwig Czech, gewesen war. Irene Brügel lebt heute in England und beschreibt, wie sich ihr Vater und viele seiner Parteigenossen damals gefühlt haben:

"Die Leute sind durch den ganzen Krieg gegangen, als Antifaschisten und dann kam das Ende des Krieges und von einem Tag auf den anderen waren sie wieder Deutsche. Und es gab z.B. auch Juden, die kamen aus Theresienstadt und sind zu Hause nach Prag gekommen und galten als Deutsche."

Vertreibung der Sudetendeutschen
Im Rahmen des Projekts ist der Aufbau einer Datenbank geplant, in der Informationen über einzelne Schicksale gesammelt werden. Ferner soll eine Dokumentenedition entstehen sowie Ausstellungen Radiosendungen und ein Dokumentarfilm produziert werden. Die tschechische Regierung fördert das Projekt mit einer Millionen Euro. Die Teilnahme von Jiri Paroubek, dem Minister für Regionalentwicklung Petr Gandalovic und dem tschechischen Außenminister bei der Eröffnung bzw. Beendigung der Konferenz soll die Bedeutung des gesamten Projekts unterstreichen. Die Zeitzeugen, die an der Konferenz teilnahmen begrüßen, dass die Geschichte der deutschen Antifaschisten jetzt aufgearbeitet wird. Vielleicht bietet sich dadurch die Chance, über die Nachkriegszeit und ihre Folgen neu nachzudenken, hofft jedenfalls Irene Brügel:

"Natürlich haben die deutschen Antifaschisten vieles verloren, aber die Tschechen haben auch etwas verloren, weil sie die Deutschen aus dem Land geschickt haben. Darüber kann man nachdenken, also was haben die Tschechen dabei verloren?"