Auch Zöllner können „schmuggeln“ – Vendulka Holá im Gespräch

Vendulka Holá (Foto: Ondřej Tomšů)

Seit fast 40 Jahren ist sie beim tschechischen Zoll: Vendulka Holá hat für ihre Tätigkeit sogar eine französische Staatsauszeichnung erhalten. Mittlerweile ist sie Vize-Generaldirektorin des Zolls und zuständig für internationale Beziehungen.

Vendulka Holá  (Foto: Ondřej Tomšů)
Sie ist polyglott – Vendulka Holá beherrscht sechs Sprachen. Und das schon recht lange, wie sie erzählt:

„Ich habe Deutsch und Englisch in der Grundschule gelernt. In der Sekundarstufe kam Französisch hinzu. Außerdem hatten wir eine Spanischlehrerin, die auf Kuba gelebt hatte. Und die russische Sprache musste ohnehin jeder irgendwie beherrschen.“

Deutsch und Russisch nutze sie aber mittlerweile am Wenigsten, gesteht Vendulka Holá. Stattdessen ist eigentlich als reines Freizeitvergnügen noch ein weiteres Idiom hinzugekommen – Italienisch:

„Ich fahre oft zum Skifahren in die Dolomiten, denn die Gegend liebe ich. Und mit den Italienern spricht man besser in ihrer Sprache, weil sie häufig keine Fremdsprache beherrschen.“

Algerien  (Foto: Maya-Anaïs Yataghène,  CC BY 2.0)
Diese Liebe zu den Sprachen wollte Vendulka Holá auch beruflich ausleben. Zu kommunistischen Zeiten aber kein so leichtes Unterfangen.

„Ich habe an der Wirtschaftshochschule studiert und dann zunächst für die Reisagentur Čedok gearbeitet. Die Beschäftigung hat mir aber nicht gefallen, deswegen habe ich einen späteren Kollegen getroffen. Er fragte mich, warum ich denn nicht auch in die Zollverwaltung käme. Also habe ich 1979 dort begonnen. Ich durfte damals aber nicht in die internationale Abteilung. Deswegen war ich für die Ausbildung zuständig.“

Dann kamen fünf Jahre Unterbrechung. Ihr Mann ging Anfang 1980er Jahre nach Algerien – als Kinderarzt. Vendulka Holá folgte ihm mit dem gemeinsamen kleinen Sohn. Auf den Umzug nach Algerien bezieht sich eine Begebenheit, die die heutige stellvertretende Generaldirektorin des tschechischen Zolls gerne erzählt:

„Ich habe die algerischen Zöllner in ein Gespräch verwickelt. Deswegen vergaßen sie, unser Auto zu kontrollieren.“

„Als wir zum ersten Mal hinfuhren, war unser Auto so voll, dass wir keine Waschmaschine mehr mitnehmen konnten. Im zweiten Jahr wollte mein Mann dann dringend eine Waschmaschine nach Algerien einführen. Das hätte jedoch einiges gekostet, und der Zoll hätte das auch kontrollieren müssen. Mein Mann sagte mir daher: ‚Das musst du als Zöllnerin regeln. Wir werden nichts bezahlen.‘ Ich habe die algerischen Kollegen an der Kontrollstelle in ein intensives Gespräch über unsere Arbeit verwickelt. Die haben deswegen völlig vergessen, das Auto zu kontrollieren. Mein Mann sagte mir dann, ich sei eine wahre Zöllnerin, weil ich auch schmuggeln könne, wenn es nötig sei. Er war also zufrieden, und die Waschmaschine hat uns vier Jahre lang gute Dienste geleistet. Aber das war das erste und hoffentlich auch letzte Mal.“

1989 kommt die politische Wende in der damaligen Tschechoslowakei. Und damit eröffnen sich für Vendulka Holá auch neue berufliche Perspektiven:

„Für die Kommunisten war ich verdächtig, weil ich so viele Sprachen beherrsche.“

„Zuvor hatte meine Familie Probleme gehabt. Wir waren nicht in der Partei gewesen, ich war auch dagegen. Deswegen hatte ich nicht in der internationalen Abteilung des Zolls arbeiten können. Da ich aber Erfahrungen aus Algerien hatte, meinte mein Chef, ich sollte nun in die internationale Abteilung wechseln. Für die Kommunisten war ich gerade deswegen verdächtig gewesen, weil ich viele Fremdsprachen beherrsche. Sie haben mir gesagt, es sei ausgeschlossen, dass ich in diese Abteilung dürfte. Nach der Wende konnte ich aber meinen Traum wirklich machen.“

Orden der Ehrenlegion  (Foto: Ned T. Johnston,  U.S. Air Force,  Public Domain)
Wie in der ganzen Gesellschaft musste aber auch in der tschechischen Zollverwaltung vieles umgekrempelt werden. Einige Stichworte sind die Staatsteilung 1993, der EU-Beitritt 2004 und der Beitritt zum Schengen-Raum 2007. Oder auch bilaterale Vereinbarungen wie das neue Polizeiabkommen zwischen Tschechien und Deutschland, das den Zollfahndern mehr Kompetenzen einräumt.

Ganz besonders engagiert hat sich Vendulka Holá in der Kooperation mit Frankreich. Und im Frühling ist die Tschechin dort sogar ausgezeichnet worden: Sie wurde zur Chevalière de la Légion d´Honneur ernannt, zur Ritterin der französischen Ehrenlegion.

„Das ist wirklich eine große Ehre für mich. Aber ich sehe es als Auszeichnung vor allem für die gesamte tschechische Zollverwaltung. Ich arbeite seit mehr als 30 Jahren mit den französischen Kollegen zusammen. Wir haben mehrere Projekte durchgeführt, zum Beispiel vor 2004 auch zwei Twinning-Projekte. Das hat Tschechien beim EU-Beitritt geholfen.“

Foto: Offizielle Facebook-Seite der tschechischen Zollverwaltung
Bei den Projekten ging es zum einen um Verbrauchssteuern, zum anderen um die Ausbildung neuer Mitarbeiter. Seit langem schon organisiert Vendulka Holá jedes Jahr zudem ein Seminar, das am Institut français stattfindet. Dort schult sie Fachleute und Unternehmer aus Frankreich zu Neuerungen in den Zollbestimmungen.

Ein besonderes Projekt ist das Training von Hunden für den Zoll. Da besteht auch eine gute Zusammenarbeit mit Deutschland, wie Vendulka Holá betont. Doch mit den französischen Kollegen ist sie wohl noch etwas intensiver:

„Wir haben ihnen geholfen, die Hunde zu trainieren. Ein neuer Trend ist das Erschnüffeln von Geld. Die Ausbildung dazu ist kompliziert, aber bei uns hat sie gut funktioniert. Die Franzosen wollten dann unsere Erfahrung nutzen. Deswegen haben wir einen der Ausbilder mit einem Hund zum Pariser Flughafen Orly geschickt. Das hat sehr gut geklappt. Seitdem betreibt die französische Zollverwaltung ein Pilotprojekt zum Training von Geldsuchhunden.“

Ob alle diese gemeinsamen Projekte mit Frankreich der Grund gewesen sind, dass sie mit dem Staatsorden ausgezeichnet wurde, kann Vendulka Holá allerdings nicht sagen. Da müsste man schon den französischen Staatspräsidenten fragen, scherzt sie.