Auf den Spuren von Einsiedlern: Aus Frenštát pod Radhoštěm nach Pustevny

Pustevny (Foto: Martina Schneibergová)

Bekannt geworden ist die Stadt in Tschechien schon vor Jahren als ein Wintersportzentrum, wo internationale Wettbewerbe im Skispringen stattfinden. Die mährische Stadt Frenštát pod Radhoštěm zieht aber auch im Sommer die Touristen an. Dank seiner Lage ist sie ein geeigneter Ausgangspunkt für Ausflüge in die mährischen Beskiden.

Rathaus in Frenštát pod Radhoštěm
Frenštát pod Radhoštěm / Frankstadt liegt in der malerischen Landschaft der Mährisch-schlesischen Beskiden. Wann und von wem die heute rund 12.000 Einwohner zählende Stadt gegründet wurde, ist nicht bekannt. Aber Erwähnungen über Frenštát gibt es schon um das Jahr 1300. Věra Vlková leitet das Touristen- und Informationszentrum der Stadt und als eine waschechte Frankstädterin weiß sie über ihre Heimatstadt viel zu erzählen.

„Zur Stadt wurde Frenštát 1781 erhoben. Die Stadt hat eine ruhmreiche sportliche Geschichte. Wegen ihrer Lage war sie schon immer ein beliebtes Ziel für Touristen, die von hier aus Wanderungen durch die Beskiden unternahmen. Einen großen Verdienst um die Entwicklung des Tourismus in der Region hat der hiesige Verein ´Pohorská jednota Radhošť´, der vor mehr als 100 Jahren entstanden ist. Ich meine, dass die Verdienste dieses Vereins bislang noch nicht genug gewürdigt worden sind. Am Anfang errichtete er mehrere Wanderwege am Stadtrand von Frenštát, am Ort, der ´Horečky´ genannt wird. Später konzentrierten die Vereinsmitglieder ihre Tätigkeit auf die Gestaltung der einstigen Einsiedelei Pustevny. Es liegt im Bergsattel östlich vom Gipfel Radhošť. Und dem Gebirgsverein verdanken wir die bis heute erhaltenen Bauden im Stil der Volksarchitektur sowie die Radegast-Statue.“

Věra Vlková
Die Bezeichnung „Pustevny“, wie die Ansiedlung im Bergsattel unweit von Radhošť heißt, ist vom tschechischen Wort „poustevna“ also Einsiedelei abgeleitet. Und Einsiedler haben dort wirklich gelebt, noch bevor der Gebirgsverein mit der Errichtung der ersten Nachtlager für die Wanderer begann, erzählt Věra Vlková:

„Der letzte der Einsiedler hieß Felix, er lebte im 18. Jahrhundert. Die Einsiedler lebten meistens in den Höhlen, die sich auf dem Radhošť befinden. In einer davon wurden ein Kreuz und ein Bild der Dreifältigkeit gefunden. Nach den Einsiedlern, die auf dem Bergkamm gelebt hatten, wurde der Ort Pustevny benannt. Pustevny war ein beliebtes Ziel der Wanderer, die sich von der Gemeinde Trojanovice, die am Fuße des Bergmassivs liegt, Richtung Radhošť begaben. Der Gebirgsverein hielt es für notwendig, für die Wanderer eine Unterkunft in Pustevny zu errichten, denn nicht alle waren nach einer langen Wanderung in der Lage, wieder zurück nach Trojanovice oder nach Frenštát zu kommen. Die erste Schutzhütte wurde 1891 erbaut und sie hieß ´Pústevňa´. Heutzutage hat der Bergrettungsdienst dort seinen Sitz. Ein paar Jahre später baute der Verein noch eine Hütte aus Stein, die´ Šumná´genannt wurde.“

Pustevny
Erst später folgten die weiteren Häuser, die nach dem Entwurf des slowakischen Architekten Dušan Jurkovič erbaut wurden und die bis heute der Magnet für viele Besucher der Beskiden sind. Der Architekt war von der Volksarchitektur und dem damals herrschenden Jugendstil beeinflusst. Die Berghütte Maměnka und die Baude Libušín, die bis heute als Gaststätte genutzt werden, sind reichhaltig geschmückte Schrotholzbauten. Sogar die Ränder des Schindeldachs sehen aus, als ob sie mit einer Spitze verziert wären. Das Interieur des Speisesaals in Libušín ist mit zahlreichen Malereien geschmückt. Mehrere davon sind nach den Aquarellgemälden vom namhaften tschechischen Maler Mikoláš Aleš entstanden. Die beiden Häuser wurden 1899 feierlich eröffnet. Da damals noch kein Weg bis auf Pustevny führte, war es nicht einfach, dort zu bauen. Das Material mussten die Bauarbeiter oft auf dem Rücken bis auf den Berg hoch tragen. Erst 1911 wurde der so genannte „Fürstenweg“ errichtet, dank dessen der Bergkamm einfacher zu erreichen war. Věra Vlková dazu:

Libušín
„Als letztes der Gebäude wurde in den 1920er Jahren das Hotel Tanečnica erbaut. In den 1950er Jahren gehörte es zu den modernsten Hotels in der Region. Viele Künstler aus Prag haben dort oft ihren Urlaub verbracht. Ich persönlich halte Libušín für eine Art Märchenhaus. Es erinnert sehr an die Bauernhäuser in den Beskiden oder in der Region von Kysuca in der Slowakei. Den Berghütten von Pustevny drohte zweimal in der Geschichte, dass sie verkommen und schließlich abgerissen werden. Zum ersten Mal waren sie kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gefährdet. Die Häuser befanden sich in einem sehr erbärmlichen Zustand, und gerettet wurden sie erst, nachdem der damals 79-jährige Architekt Jurkovič persönlich hierher kam und sich für die Instandhaltung seiner Architektur einsetzte.“

Maměnka
Nach der Wende von 1989 war die Volksarchitektur von Pustevny erneut gefährdet. Denn plötzlich gab es keinen Eigentümer, der sich um die Gebäude gekümmert hätte. 1997 wurde der Komplex der wertvollen Gebäude dem Freilichtmuseum in Rožnov pod Radhoštěm angegliedert. Das Museum sorgte für die Restaurierung der Häuser. 1999 wurde Libušín und 2003 auch Maměnka wieder für die Öffentlichkeit geöffnet und zieren wieder in vollem Glanz den Bergrücken in Pustevny und das bis heute.


Sessellift Trojanovice-Pustevny
Auf den Berg Radhošť werden wir auch in der nächsten Ausgabe des Reiselands Tschechien zurückkehren. Dabei erfahren Sie mehr unter anderem über die bekannte Radegast-Statue und deren Schöpfer Albín Polášek.

Fotos: Autorin

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