Aus dem Briefkasten: Blühen die Blumen früher in Tschechien, oder in Polen?
Unter anderem im Hörerforum: die tückischen Ähnlichkeiten zwischen Tschechisch und Polnisch, die „goldenen 1960er Jahre“ und die Straßenmusik in Prag.
Die August-Preisfrage lautet:
Zu den meistbesuchten touristischen Zielen in Tschechien gehören auch die Zoologischen Gärten. In welcher Stadt liegt der flächenmäßig größte Zoo des Landes?
Schicken Sie uns den Namen der Stadt an [email protected].
Die richtige Antwort im Juli war „zwei“. Denn eben zwei tschechische Tennisspielerinnen haben die begehrte Trophäe im Einzel bei den Wimbledon Championships bereits gewonnen. Das waren 1998 Jana Novotná und in den Jahren 2011 sowie 2014 Petra Kvitová. Manche von Ihnen haben auch die neunfache Wimbledon-Siegerin Martina Navrátilová erwähnt. Sie ist zwar in Tschechien geboren, trat aber in London jeweils als US-Amerikanerin an.
Einen Sachpreis von uns erhält unter anderem Manuel Rother aus Deutschland. Herzlichen Glückwunsch!
Mai – Máj – Květen - Kwiecień
Beate Hansen aus Wiesbaden hat sich mit einer Frage an uns gewandt. Und zwar aus dem Bereich der tschechischen Sprache:
„Anlass ist unter anderem Ihre Sendung über Karel Hynek Máchas Epos ‚Máj‘, wo ja auch erwähnt wurde, dass der Monat Mai im nicht-poetischen, alltäglichen Tschechisch ‚Květen‘ heißt. Weil ich das polnische Wort ‚Kwiecień‘ kannte, das allerdings April heißt!, war ich bei einem Besuch in Tschechien vor einigen Jahren Anfang Mai ganz verwundert, dass überall scheinbar noch die Veranstaltungsplakate vom April hingen, was sich erst durch einen Blick ins Wörterbuch aufklärte. Und jetzt die Frage: Sicher kommt auch das tschechische Wort květen – wie das polnische kwiecień – von den Blumen, was ja plausibel ist. Aber warum ist die Bezeichnung dann um einen Monat verschoben? Logisch wäre doch, dass im Süden, also im tschechischen Sprachraum, die Blumen früher blühen als im Norden, also quasi ‚auf Polnisch‘. Die Frage beschäftigt mich schon länger, ohne dass ich bisher eine Antwort darauf finden konnte. Vielleicht kann ja Markéta Kachlíková – deren ‚Sprachkurs‘ aus dem Hause Kachlík ich immer gerne höre – das aufklären?“
Eine Erklärung, warum der Blütenmonat in Tschechien später als in Polen datiert ist, habe ich leider nicht. Interessant ist aber, wie überhaupt dieser Monatsname ins Tschechische kam. Dies geht nämlich – höchstwahrscheinlich – auf den Sprachwissenschaftler und Übersetzter Josef Jungmann zurück. Am Anfang des 19. Jahrhunderts hatten alle Monate bereits ihre tschechischen Namen. Nur der fünfte Monat des Jahres wurde als ‚máj‘ bezeichnet, also ähnlich wie auch in anderen Sprachen, die die lateinischen Namen übernommen haben. Als Jungmann 1805 den französischen Roman ‚Atala‘ von René Chateaubriand übersetzte, übertrug er die französischen Worte ‚la lune des fleurs‘, also Monat der Blüten, mit dem Wort ‚květen‘. Er soll sich dabei eben auch am polnischen Begriff kwiecień inspiriert haben. Der Monatsname ‚květen‘ hat sich später als neutrales Wort in der Alltagssprache eingebürgert, während aus dem ‚máj‘ ein poetisches Wort wurde. Allerdings verweisen einige Sprachwissenschaftler darauf, dass das Wort květen nicht erst von Jungmann erfunden wurde, sondern in einigen mährischen Dialekten bereits früher existierte.
Übrigens, bei den Monatsbezeichnungen sind auch noch weitere Verwirrungen zwischen dem Tschechischen und Polnischen möglich. Der Juni heißt nämlich im Tschechischen ‚červen‘, im Polnischen allerdings ‚czerwiec‘. Dies erinnert an den tschechischen Monat ‚červenec‘, also den Juli, der wiederum im Polnischen als ‚lipiec‘ bezeichnet wird. Passen Sie also auf.
Die goldenen 1960er Jahre
Und nun zu Ihren weiteren Briefen und Zuschriften. Gleich zwei unserer Hörer haben auf die Sendung vom 11. Juli reagiert. Darin haben wir unter anderem über eine Ausstellung in Pilsen berichtet, die den Wald zu einem geheimnisvollen Erlebnisraum macht. Reinhard Westphal aus Rostock schreibt dazu:
„Die Sparte ‚Kultursalon‘ war ausgezeichnet, ein vielfältiger Bericht für jedermann, zumal der Wald ja unser Lebensraum, die Quelle allen Seins ist. Ihn muss man schützen und pflegen. Gerade durch Bereiche des Küstenwaldes spazieren zu gehen, ist Erholung pur. Das machen wir immer per pedes oder mit dem Fahrrad, einfach nur ein Gedicht. Anerkennung auch für den Beitrag ‚Die Sechziger Jahre in der Tschechoslowakei‘ mit unterschiedlichen, aber aussagekräftigen Interviews, die dem Beitrag auch eine Form künstlerischen Gehaltes verleihen. Der Bezug zu den ‚Goldenen 1920er Jahren in Deutschland‘ ist statthaft. Jetzt kommt jedoch das ‚Aber‘. Laut meinen geringen Geschichtskenntnissen waren die sogenannten ‚Goldenen Zwanziger nicht für die breite Masse. Reparationszahlungen nach dem Ersten Weltkrieg, eine hohe Arbeitslosigkeit, keine gesicherte materielle Basis für die Menschen damals bedeuteten keine ‚Goldenen 1920er‘. Die hatten die Reichen,jene, die andere für sich arbeiten beziehungsweise schuften ließen. Schein und Wirklichkeit sind nämlich zwei unterschiedliche paar Schuhe.“
Dieter Feltes aus Pyrbaum erinnert sich, wie er die „goldenen Sechziger“ erlebt hat:
„In den 1960er Jahren gab es auch bei uns zuhause keinen Fernseher. Die Familie machte miteinander Spiele, und sonntags, wenn auch der Vater daheim war, ging man gemeinsam spazieren. Das ist heute ganz anders, auch auf dem Land. Der Fernseher ist teilweise fest in der Hand der Familie. Darum war es für mich interessant, wie seinerzeit in Tschechien gelebt wurde. Vielen Dank für den Beitrag.“
Die Straßenmusik in Prag
Ralf Urbanczyk aus Eisleben erwähnt in seiner Zuschrift eine weitere unserer Sendungen, in der die Straßenmusikszene in der tschechischen Hauptstadt vorgestellt wurde. Herr Urbanczyk merkt dazu an:
„Dass die Straßenmusik in großen Teilen Prags fehlt, ist mir vorher gar nicht so deutlich aufgefallen. Ich erinnere mich, dass ich bei jedem Besuch der Stadt auf der Karlsbrücke gleich mehreren verschiedenen Musikern und Bands begegnet bin. Der Drehorgelspieler mit seinem Spielzeugaffen war sogar jedes Mal da, wenn ich auch dort gewesen bin. Doch es stimmt schon, wenn ich jetzt meine Erinnerungen durchgehe, dann war die Karlsbrücke der einzige Ort mit Straßenmusikern in der ganzen Stadt. Bei meiner nächsten Reise nach Prag werde ich mögliche Straßenmusik mehr beachten. In der Stadt, in der sich viele Menschen hektisch durch enge Straßen schieben, finde ich zu viele Musiker allerdings eher lästig. Deshalb kann ich das strenge Konzept der Prager Verwaltung in Bezug auf Straßenmusik auch irgendwie nachvollziehen. Doch bei geschickter Organisation, guter Platzwahl, Talent und einem passenden Musikstil können Musiker auf den Straßen sehr angenehm und aufwertend für die Umgebung sein. Der Platz zwischen den Extremen scheint mir dabei allerdings ziemlich knapp zu sein. Gut, dass sich in Prag nun eine Initiative gefunden hat, die aus der Straßenmusik selbst kommt. Die kennen dieses Geschäft am besten.“
Und zum Schluss noch ein aktueller Bericht von Lutz Winkler aus Schmitten im Taunus:
„Das Wetter im Monat August gestaltet sich dieses Jahr sehr wechselhaft und feucht. Es regnet fast jeden Tag, und es wächst und grünt im Garten – dass es schon unheimlich ist. Ich bin dankbar, dass größere Unwetter uns bisher verschont haben. Meine Gedanken sind bei den Menschen, die in Deutschland sowie in Südosteuropa alles verloren haben – sei es durch Wassermassen oder durch Feuer. Betroffen habe ich die Nachrichten vom Zugunglück in Tschechien mit drei Todesopfern gehört. Ich hoffe, dass die Angehörigen Trost und Zuspruch finden und die Verletzten baldige Heilung erfahren.“
Und das war’s für heute. Schreiben Sie uns bitte weiter an die Adresse: Radio Prag International – Deutschsprachige Redaktion, Vinohradská 12, 120 99 Prag 2, Tschechische Republik, oder per E-Mail an: [email protected].