Aus Innsbruck in die Prager Altstadt: Glocke Václav für Präsident Havel

Glocke Václav (Foto: Martina Schneibergová)

Prag hat seit Neuestem eine Glocke mit dem Namen Václav – also Wenzel. Sie soll an verstorbenen früheren Präsidenten Václav Havel erinnern und wurde am Sonntag im Veitsdom gesegnet.

Glocke Václav  (Foto: Martina Schneibergová)
Die Bänke im Veitsdom waren am Sonntagnachmittag schnell gefüllt. Viele Menschen drängten nach vorne, um möglichst nahe an der imposanten Glocke zu stehen. Die Glocke ruhte auf einem Holzgestell, mit Blumen geschmückt. Anlass war ein ökumenischer Gottesdienst im Veitsdom, mit dem das internationale Festival gegen Totalitarismus „Mene Tekel“ beendet wurde. Diesen Gottesdienst für die Opfer totalitärer Regime zelebrierte Kardinal Dominik Duka gemeinsam mit Vertretern weiterer Kirchen. Zum Abschluss kam der viel erwartete Augenblick: Dominik Duka weihte die Glocke.

„Möge Gott die Glocke segnen, die den Namen des Märtyrers, des heiligen Wenzel, trägt. Möge sie Menschen mit dem Geläut zum Gebet einladen.“

„Wahrheit und Liebe werden über Lüge und Hass siegen“  (Foto: Martina Schneibergová)
Die Glocke wurde aus einer Spendensammlung finanziert. Sie ist mit einigen Inschriften und Darstellungen geschmückt. Darunter auch ein Bild des heiligen Wenzel und das bekannteste Zitat von Präsident Havel: „Wahrheit und Liebe werden über Lüge und Hass siegen“. Dazu kommt Havels Unterschrift.

Gegossen wurde die Glocke in der Gießerei Grassmayr in Innsbruck. Einer der Gründe war symbolisch. Vor fast 19 Jahren wurde in der Tiroler Landeshauptstadt dem damaligen tschechischen Präsidenten Havel durch eine Notoperation das Leben gerettet.

Nach der Segnung testeten einige der Initiatoren des Projektes sowie der beteiligten Künstler den Ton der Glocke:

Auch der Glockengießer Johannes Grassmayr war dabei. Diese Glocke habe für ihn und seine Mitarbeiter aus mehreren Gründen etwas Besonderes bedeutet.

Johannes Grassmayr  (Foto: Martina Schneibergová)
„Einer der Gründe ist, dass es für Václav Havel ist. Die Glocke hat ein spezielles Design mit Havels Unterschrift und dem typischen kleinen Herz. Aus musikalisch-technischer Sicht ist die Glocke auch speziell, weil sie doppelt so schwer ist wie andere mit dem gleichen Ton. Normalerweise kommt eine Glocke mit dem Ton a1auf 450 Kilogramm. Hier war es aber wichtig, sie mit den Glocken, die 500 Jahre alt sind, abzustimmen. Die Glockensachverständigen aus Prag haben sich entschlossen, eine Glocke mit dem Ton a1 mit fast dem doppelten Gewicht, konkret mit fast 800 Kilogramm in Auftrag zu geben. Dadurch hat die Glocke einen sehr intensiven Ton, immer noch a1, aber viel stärker und emotionaler.“

Für die Firma sei es nicht der erste Auftrag aus dem Nachbarland gewesen, erzählt Johannes Grassmayr:

„Vor ein paar Jahren haben wir schon eine Glocke für Tschechien gegossen. Aber, so viel ich gehört habe, hat bereits 1897 einer unserer Vorfahren, nämlich Josef Grassmayr, ein ganzes Geläut für Prag gegossen. Ich knüpfe also an die Tradition an. Wir gießen jedes Jahr viele Glocken für mittlerweile mehr als 100 Länder der Welt, für elf verschiedene Konfessionen. Aber letztes Jahr war die Glocke für Prag eine meiner ,Herzschlagglocken‘. Es freut uns sehr, dass wir sie gießen durften.“

Foto: Martina Schneibergová
Aus dem Veitsdom wurde die Glocke mit einem Pferdegespann über die Kleinseite in die Altstadt gebracht. Mehrere Hundert Menschen begleiteten den Transport, viele Passanten schlossen sich an, sodass sich nach und nach ein festlicher Umzug bildete.

Viele im Umzug hatten kleine Glocken mit, mit denen sie aus Sympathie zu Präsident Havel läuteten. Die Glocke wurde im Turm der St.-Gallus-Kirche aufgehängt. Gallus heißt im Tschechischen Havel. Auch Johannes Grassmayr war bei der Installierung dabei:

„Wir Glockengießer wünschen allen Pragern viel Freude und Gottes Segen mit der Glocke.“