Ausbeuterische Jobverhältnisse und Behördengang: NGOs helfen ukrainischen Flüchtlingen in Tschechien

Ukrainische Flagge am Fenster des Hauses

Immer mehr Flüchtlinge aus der Ukraine finden in Tschechien Arbeit. Derzeit haben 98.000 eine Beschäftigung. Weiterhin gibt es aber auch jene Gruppen an Ukrainerinnen und Ukrainern, die hierher geflohen sind und Hilfe brauchen.

Seit genau neun Monaten führt Russland schon Krieg gegen die Ukraine. Über 460.000 Menschen sind seitdem nach Tschechien geflohen – wenn man die Zahl der Visa, die die Behörden hierzulande ausgestellt haben, heranzieht. Viele der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sind auch wieder in ihre Heimat zurückgekehrt. Aktuelle Daten zeigen aber, dass es zunehmend gelingt, die Geflohenen in Tschechien zu integrieren.

Illustraitonsfoto: René Volfík,  Tschechischer Rundfunk

Dazu nur zwei Zahlen: Gegenüber Juni haben mittlerweile weitere 30.000 ukrainische Flüchtlinge eine Arbeit in Tschechien gefunden. Zugleich hat sich seit August die Zahl jener, die humanitäre Hilfe beziehen, mehr als halbiert. Es sind derzeit noch 80.000. Die tschechische Hilfsorganisation Člověk v tísni (Mensch in Not) hat ein eigenes Programm für sie aufgelegt, es heißt „SOS Ukrajina“:

„Zu Anfang war vor allem materielle und finanzielle Hilfe nötig. Das hat sich stark in Richtung beratender Tätigkeiten verschoben. Wir helfen bei den Anträgen auf Sozialhilfe, bei der Krankenversicherung oder bei der Registrierung auf dem Arbeitsamt sowie bei Problemen mit der Unterkunft. Es geht dabei um gefährdete Gruppen wie Mütter mit kleinen Kindern oder Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen. Diese finden nur schwer eine Anstellung. Sie müssen also Finanzmittel bekommen, um hier leben zu können“, sagte Zuzana Ramajzlová, die das Programm „SOS Ukrajina“ leitet, am Donnerstag in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks.

Člověk v tísni betreut auf diese Weise pro Monat mehrere Tausend ukrainische Flüchtlinge. Ein dauerhaftes Problem sind dabei geeignete Unterkünfte…

„Falls die Geflüchteten wirklich keine ausreichenden Einkünfte für die Miete einer Wohnung haben, dann leben sie zu einem kleineren Teil immer noch in solidarischen Haushalten, die dafür vom Staat bezuschusst werden. Doch der größere Teil, insgesamt 70.000, ist in Sammelunterkünften untergebracht. Der Betrieb dieser Einrichtungen ist laut der derzeitigen Rechtslage bis Ende März kommenden Jahres geregelt. Wir haben jedoch Befürchtungen, was dann ab April geschehen wird“, so die Programmleiterin.

Einige Arbeitsagenturen in Tschechien nutzen zudem die Notlage der Menschen aus der Ukraine aus. Zuzana Ramajzlová bestätigt, dass ihre Mitarbeiter auch diese beraten müssten:

„Das ist aktuell ein großes Thema geworden. So wurden Beschäftigte ausgenutzt, weil Arbeitsvermittler mit Sammelunterkünften verbunden waren.“

Das Nachrichtenportal idnes.cz schrieb zum Beispiel am Dienstag, dass solche privaten Agenturen immer wieder ukrainische Flüchtlinge wie Arbeitssklaven behandeln würden. Diese müssten dann teils ohne Pause und in überlangen Schichten arbeiten, erhielten aber unter windigen Ausreden noch nicht einmal einen Lohn. Die Hilfsorganisation La Strada berichtet von bis zu mehreren Dutzend Fällen pro Woche, um die sie sich kümmere.

Aber auch Člověk v tísni berät in solchen Fällen, wie Ramajzlová bestätigte. Des Weiteren läuft weiter eine Spendensammlung der Organisation, und nicht zuletzt leistet „Mensch in Not“ auch Hilfe direkt in der Ukraine.

Autor: Till Janzer
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