Ausstellung Europa Jagellonica: Kulturministerium will Werke nicht an Polen leihen

Фото: GASK

Die Ausstellung Europa Jagellonica ist eine tschechisch-deutsch-polnische Gemeinschaftsproduktion. Sie präsentiert Kunst aus der Zeit der jagiellonischen Dynastie im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit. Doch die so gerühmte Zusammenarbeit dreier Staaten hat Risse bekommen: Das tschechische Kulturministerium weigert sich, wichtige Werke für die Ausstellung nach Warschau zu schicken.

Foto: Adriana Krobová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
In Warschau soll die Ausstellung Europa Jagellonica eigentlich ab 9. November gezeigt werden. Zuvor war sie mehrere Monate lang im mittelböhmischen Kutná Hora / Kuttenberg zu sehen. Für den Umzug der groß angelegten Schau sollen auch rund 60 Werke aus tschechischem Besitz an Polen ausgeliehen werden. Doch die Ausfuhr der wertvollsten Exponate wurde gestoppt. Hintergrund ist der immer noch ungelöste Rechtsstreit des tschechischen Staates mit der Blutplasma-Firma Diag Human um Entschädigungszahlungen in Milliardenhöhe. Die Firma hat seit vergangenem Jahr immer wieder ausländische Gerichte dazu gebracht, tschechisches Kulturgut zu beschlagnahmen. Besondere Aufmerksamkeit erregte die Beschlagnahmung von Werken moderner Künstler im Wiener Belvedere. Markéta Ševčíková ist Sprecherin des Kulturministeriums in Prag:

Markéta Ševčíková  (Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Die Werke wurden dann nach langen Verhandlungen dem tschechischen Staat zurückgegeben, aber Diag Human hat dagegen Berufung eingelegt. Das Verfahren läuft noch.“

Das Kulturministerium befürchtet ähnliche Probleme mit den tschechischen Exponaten für die Jagellonica-Ausstellung. Die Firma hat indes eine Presseerklärung ausgesandt. Dort heißt es unter anderem:

Alena Hanáková  (Foto: Barbora Kmentová)
„Die Gesellschaft Diag Human erhebt keinerlei Ansprüche auf eines der Kunstwerke, die Teil der internationalen Ausstellung Europa Jagellonica sein sollen.“

Das Kulturministerium hält die Proklamation von Diag Human jedoch nicht für glaubwürdig. Laut Ševčíková habe es eine ähnliche Garantie auch für die Werke in Wien gegeben, und dennoch seien sie beschlagnahmt worden.

Warschau setzt sich indes weiter dafür ein, die Ausstellungstücke zu erhalten. Das Problem aber: Die polnischen Gesetze bieten keine Garantie, dass ausländische Kunstwerke nicht beschlagnahmt werden. Auch eine entsprechende persönliche Versicherung des polnischen Kulturministers konnte seine tschechische Amtskollegin Alena Hanáková bisher nicht umstimmen. Allerdings scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen zu sein: Die tschechische Regierung soll sich nun mit der Angelegenheit befassen, wie die Sprecherin des Kulturministeriums erläutert:

„Die polnische Seite hat uns zugesichert, dass nichts passiert. Weil sich aber so viele Seiten mittlerweile eingemischt haben und die Angelegenheit eine politische Dimension erhalten hat, hat das Kulturministerium auch den Außenminister und den Premierminister informiert. Der Fall sollte auf höchster Ebene behandelt werden.“

Sehr unglücklich über diese Entwicklung sind die Kuratoren der Ausstellung. Zehn Jahre lang hat auf tschechischer Seite der Historiker Jiří Fajt am Zustandekommen der Schau gearbeitet. Er erinnert daran, dass die Europa Jagellonica eigentlich die gute Kooperation von Tschechien und Polen im Rahmen der Visegrád-Gruppe demonstrieren sollte.

Jiří Fajt  (Foto: Adriana Krobová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Aber was ist dies für eine Zusammenarbeit, wenn die Länder nicht einmal solch ein triviales Problem lösen können“, beschwert sich Fajt.

Ein Glück, dass in Deutschland eine Rechtssicherheit für ausländische Kunstwerke besteht. Denn im März kommenden Jahres soll die Ausstellung nach Potsdam umziehen.

Autor: Till Janzer
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