Bayrische Sozialministerin Stewens zu Besuch in Prag

Christa Stewens im Gespräch mit Martina Schneibergova

Vorige Woche weilte die bayrische Sozialministerin Christa Stewens zu einem Kurzbesuch in Prag. Auf dem Programm des Besuches stand auch ein Treffen mit den Journalisten. Mehr erfahren Sie in der folgenden Ausgabe der Sendereihe "Begegnungen" von Martina Schneibergova.

Zum Auftakt ihrer Prag-Visite besuchte die bayrische Sozialministerin Christa Stewens am vergangenen Donnerstag das Sudetendeutsche Kontaktbüro in Prag, wo sie mit den Journalisten zusammentraf. Sie äußerte sich einleitend über die Arbeit des Büros, das im März 2003 in Prag eröffnet wurde:

"Das Büro stellt eine Informationsplattform für die Tschechen hier in Prag dar und es führt viele Veranstaltungen durch - gerade auf kulturellem Gebiet, aber auch im wirtschaftlichen und im wissenschaftlichen Bereich. Das Büro ist mittlerweile auch zu einer Kontaktstelle für tschechische Jugendliche geworden, die sich hier ganz gezielt Informationen abholen. Vor diesem Hintergrund ist das Büro wirklich eine Brücke zwischen Tschechien und Bayern geworden."

Meinen Sie, dass man auch in Bayern seit der Gründung des Büros über das Geschehen in Tschechien und darüber, wie in Tschechien über Deutschland bzw. über Sudetendeutsche berichtet wird, besser informiert wird?

"Ja, ich bin davon überzeugt, dass das Büro hier eine objektive Informationsplattform darstellt, und das in vielen Bereichen, wo es Irritationen zwischen Deutschen bzw. Bayern und Tschechen gibt. Das Büro sorgt für Aufklärung, Informationen und Objektivität."

Die Ministerin ist u. a. Mitglied des Koordinierungsrates des Deutsch-Tschechischen Gesprächsforums, das vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds eingerichtet wurde. Die bisherige Tätigkeit des Koordinierungsrates kommt der Ministerin allzu formalisiert vor. Liegt es an der Zusammensetzung des Rates oder hat es andere Ursachen? Christa Stewens meint:

"Es sind Leute aus allen Parteien, aus unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen im Koordinierungsrat, wobei ich mich weniger gegen die Zusammensetzung des Koordinierungsrates wende, sondern stärker gegen die formalisierte Arbeit des Koordinierungsrates. Ich halte es für wichtig - und da kommen wir wieder auf die Zusammensetzung - dass der Koordinierungsrat mehr Workshops mit den Bürgern, Fachforen und dergleichen veranstalten sollte, wo wir dann wirklich gemeinsam über unsere Zukunft, aber auch über unsere gemeinsame Geschichte diskutieren können."

Wurden inzwischen schon Schritte in dieser Richtung unternommen, d. h. um nicht nur offizielle Tagungen, sondern auch Workshops zu organisieren?

"Zurzeit sehe ich noch keinen Schritt in dieser Richtung, sondern es ist eigentlich immer so, dass es eine Jahrestagung gibt und auf dieser Jahrestagung werden dann Reden gehalten. Aber im Endeffekt wirklich ein Gespräch zwischen den Bürgern zu initiieren, so wie ich es für richtig halten würde, das ist bislang nur selten passiert."

Als Sozial- und Familienministerin engagieren Sie sich stark im Kampf gegen den Frauenhandel, gegen die Zwangsprostitution. Inwieweit arbeiten Sie in diesem Bereich mit den tschechischen Behörden zusammen?

"Es gibt mittlerweile eine Vereinbarung zwischen der tschechischen und der bayrischen Polizei. Auf der anderen Seite ist es für mich als Frauen- und Familienministerin natürlich ganz wichtig, dass wir hier Opferschutzwohnungen gerade im Passauer Raum fördern, dass wir Beratungsstellen für Prostituierte auf den Weg bringen - und hier wird hervorragende Arbeit sowohl auf bayrischer als auch auf tschechischer Seite gemacht. Die Zusammenarbeit funktioniert auf dieser Ebene sehr gut. Die Zwangsprostitution ist ein Menschenhandel der niedrigsten Form. Vor diesem Hintergrund gilt es hier, alle gesellschaftlichen Kräfte auf bayrischer und tschechischer Seite zu mobilisieren, um dies auch entsprechend einzudämmen."

Thema des Gesprächs der bayrischen Sozialministerin mit den Journalisten war auch die so genannte Versöhnungsgeste gegenüber den in Tschechien lebenden Deutschen. Eine Diskussion über diese humanitäre Geste entstand in der tschechischen Polit-Szene im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Besuch von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Eine finanzielle Entschädigung würde Deutsche betreffen, die nach dem Krieg aus der Tschechoslowakei nicht vertrieben wurden, aber gezwungen waren, innerhalb des Landes umzuziehen und denen ihre Löhne gekürzt wurden.

Christa Stewens sagte anlässlich des bevorstehenden Besuches des Bundeskanzlers Gerhard Schröder in Prag:

"Ich halte es zum einen für wichtig, dass Bundeskanzler Schröder die Beziehungen zwischen der Tschechischen Republik und Deutschland hier vertieft und ausbaut. Zum anderen gibt es für mich noch ein wichtiges Problem, was als eine humanitäre Geste für tschechische Staatsangehörige mit deutschem Hintergrund genannt wird. Hier brauchen wir nach meiner Meinung wirklich einen Ausgleichsfonds für diese Menschen, deren Anzahl ja nicht mehr allzu groß ist, und vor diesem Hintergrund halte ich das für ein zutiefst humanitäres Anliegen. Mittlerweile hat es auch Außenminister Svoboda aufgegriffen, früher bereits Vizepremier Mares. Da, so meine ich, sollte sich auch der deutsche Bundeskanzler dafür stark machen."