Bedrich Smetana als Musiklehrer bei Graf Thun-Hohenstein in Benátky

Das Schloss in Benatky nad Jizerou (Foto: H. Raab, CC BY 3.0 Unported)

Das mittelböhmische Städtchen Benátky nad Jizerou (Benatek) war bereits vor einem Monat unser Reiseziel, als wir über die Musikerfamilie Benda erzählt haben. Wir kehren heute noch einmal in das dortige Schloss zurück, machen aber einen Sprung in der Zeit, und zwar um anderthalb Jahrhunderte. In der Mitte des 19. Jahrhunderts begrüßte das Schloss den damals noch sehr jungen Komponisten Bedrich Smetana. Mehr erfahren nun in der letzten Folge unserer Musikserie im Rahmen der Sendereihe "Reiseland Tschechien". Am Mikrophon sind Gerald Schubert und Markéta Kachlíková.

Das Schloss in Benatky nad Jizerou  (Foto: H. Raab,  CC BY 3.0 Unported)
Das Renaissanceschloss, das den historischen Kern von Benátky nad Jizerou (Benatek) dominiert, wurde im Jahre 1526 von Friedrich von Donín an der Stelle eines ehemaligen Klosters erbaut. Im Jahre 1599 kaufte Kaiser Rudolf II. das ganze Herrschaftsgebiet einschließlich der Stadt und des Schlosses und ermöglichte dem dänischen Astronomen Tycho Brahe, dort ein Observatorium einzurichten und dort auch seinen Freund und zugleich Konkurrenten Johannes Kepler zu treffen. Im Jahre 1647 schenkte Kaiser Ferdinand III. das Herrschaftsgebiet dem General Jan von Werth, der während des 30-jährigen Krieges auf der katholischen Seite zu den erfolgreichsten Heerführern gehörte. Jan von Werth baute den nördlichen Flügel an das Schloss an. Dessen heutiges Aussehen entstand letztlich durch den Bau des Ostflügels und des Kirchturmes unter dem Grafen von Schützen im Jahre 1702. Seinen Nachfolger, Ignaz von Klenau, der ein großer Kunst- und Musikliebhaber war, kennen Sie bereits aus unserer letzten Sendung. Denn eben er ermöglichte es den Brüdern Franz und Georg Anton Benda, bedeutende Kompositions- und Interpretationserfolge vor allem in Deutschland zu erreichen. Zugleich ließ er den Schlosspark mit Statuen aus der Werkstatt von Matthias Bernard Braun und Frantisek Adámek verzieren. Nach einer kurzen Episode des Prager Erzbischofs Antonín Petr Príchovský, der die Innenräume im Rokokostil einrichten ließ, kam Benatek in die Hände des Geschlechts von Thun-Hohenstein. Zu dessen Regierungszeit hielt sich auch Bedrich Smetana in Benatek auf, der als Musiklehrer in der Familie von Leopold Thun-Hohenstein eingestellt wurde.

Benatky nad Jizerou  (Benatek an der Iser),  foto: Google Maps
Das Schloss beherbergt heute vor allem das Stadtamt im ersten und das regionale Museum im zweiten Stockwerk. Im Museum ist ein Saal dem Aufenthalt von Bedrich Smetana gewidmet. Er kam im Jahre 1844 nach Benátky. Nach dem Abschluss seiner Studien am Gymnasium wollte er Musik studieren. Die finanzielle Lage seiner Familie war jedoch damals sehr schlecht, und Smetana befand sich in großer Geldnot. Die Empfehlung an Graf Thun-Hohenstein war für ihn ein glückliches Ereignis. Mehr sagt uns die Mitarbeiterin des Museums in Benátky, Miloslava Minaríková:

"Smetana erfuhr, dass der Graf Thun-Hohenstein einen Musik- und Klavierlehrer für seine Kinder sucht. Bedrich sah sehr jung aus und der Herr Graf stellte sich wohl einen anderen Lehrer vor. Er wollte Bedrich Smetana nicht sofort ablehnen und gab ihm eine sehr schwere Klavierkomposition als Probe zu spielen. Er dachte, es wird schlecht ausfallen und er wird sich danach von Bedrich verabschieden und einen anderen Lehrer suchen können. Doch Bedrich am Klavier: dies konnte nicht anders ausfallen, als ausgezeichnet. Smetana hat die Komposition aus dem Stegreif makellos gespielt und wurde sofort aufgenommen."

Er blieb bei Graf Thun-Hohenstein und seinen fünf Kindern von 1844 bis 1847.

Das Schloss in Benatky nad Jizerou  (Foto: Zdeněk Fiedler 3.0)
"Er wurde hier überhaupt nicht als Diener, sondern als ein gleichwertiger Partner behandelt. Kein Kulturfest, kein Konzert war ohne Smetana möglich. In der Wintersaison brachten sie ihn mit nach Prag und im Sommer hielt er sich mit der Familie auf dem nahen Schlösschen Bon Repos auf."

Smetana speiste mit der Adelsfamilie, er wohnte ein seinem eigenen Zimmer und erhielt ein Gehalt von 300 Gulden jährlich. Dies ermöglichte ihm, an der Proksch-Musikschule in Prag so etwas wie ein Fernstudium zu absolvieren. Bei Thun-Hohenstein kümmerte sich Smetana um fünf Kinder. Er gab jedem Kind eine Stunde Klavierunterricht, dann spielte er mit ihnen, ging mit ihnen spazieren und wurde zu einem beliebten Familienmitglied. Ein Zeugnis darüber, wie sein Leben bei den Thuns damals aussah, hat uns eine seine Schülerin, die Komtesse Felicie überlassen. Sie notierte in ihrem Tagebuch, Smetana habe harte Arbeit mit den Kindern gehabt. Von den Kindern sei nämlich sie allein begabt, jedoch auch faul gewesen. Trotzdem gelang es dem Lehrer, allen Kindern eine gewisse Summe von Kenntnissen über die Musik sowie Spielfertigkeiten beizubringen. Sie konnten Hauskonzerte veranstalten und andere Adelige dazu einladen sowie Gespräche über Musik führen.

"Bedrich Smetana hatte hier so gute materielle Bedingungen, wie er es sich früher kaum erträumt hatte. Er ließ sich sofort wieder in die Musikschule von Herrn Proksch einschreiben. Unter den Studenten war auch Katerina Kolárová, später die erste Frau Smetanas. Bedrich Smetana komponierte hier auch, und ich würde sagen, dass Benátky ihn für die Musik gerettet hat."

"Als er nach vier Jahren selbständig werden und von Graf Thun-Hohenstein weggehen wollte, weil er plante, seine eigene Musikschule in Prag zu gründen, wollte ihn der Graf nicht gehen lassen. Er stellte ihm die Bedingung, dass er einen gleichwertigen Ersatz finden muss. Smetana löste es so, dass seine Frau Katerina für die erste Zeit zu diesem Ersatz wurde und den Unterricht übernahm."

Smetana verließ also Benátky und ging zunächst nach Prag und später nach Schweden. Mit der Familie Thun-Hohenstein pflegte er aber weiter enge Beziehungen:

Das Schloss in Benatky nad Jizerou  (Foto: Horakvlado,  CC BY 3.0 Unported)
"Smetana stand mit der Familie Thun-Hohenstein lange Zeit, eigentlich sein ganzes Leben lang, in sehr freundschaftlichem Kontakt. Das beweist die reiche Korrespondenz, von der wir hier einen Bruchteil ausstellen können. Wenn die Komtessen heirateten, komponierte er anlässlich ihrer Hochzeit kleine Werke. Und als er alt und krank war und seine letzten Lebensjahre bei seiner Tochter Sofie im nahen Jabkenice verbrachte, half ihm die Familie Hohenstein einen Arzt zu finden usw. Es war also eine lebenslange Freundschaft."

Im Museum von Benátky sind heute die ursprünglichen Möbel einschließlich eines Klaviers ausgestellt, auf dem Smetana gespielt hatte. Seinen Gedenksaal dominiert eine wertvolle Gipsbüste, die im Jahre 1881 der akademische Bildhauer Josef Strachovský schuf.

"Die Büste entstand noch zu Smetanas Lebzeiten. Sie sollte daher sein Aussehen getreu widerspiegeln."

Und damit beenden wir unseren heutigen Ausflug nach Benátky, bei dem uns Miloslava Minaríková begleitet hat. Zum letzten Mal wird heute eine Quizfrage gestellt, für deren richtige Beantwortung ein Hörer oder eine Hörerin eine CD mit den Slawischen Tänzen von Antonín Dvorák erhält. Sie lautet: Wie hieß die erste Oper Bedrich Smetanas? Unsere Anschrift: Radio Prag, Vinohradska 12, 120 99, Praha 2 oder unsere E-Mail-Adresse: [email protected]. Die richtige Antwort auf unsere vergangene Quizfrage schickte uns u. a. Joe Leyder aus Bettendref. Er schrieb uns richtig, dass der preußische König Friedrich II., bei dem Franz Benda als Kapellmeister wirkte, Flöte spielte.

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