Bewegung im tschechischen Telekom-Sektor

Cesky Telekom

Von: Rudi Hermann

Cesky Telekom
Die tschechische Festnetz-Telefongesellschaft Cesky Telekom steht vor der Privatisierung, und dafür möchte sie sich für die möglichen ausländischen Anbieter so attraktiv wie möglich herrichten. Deshalb hat ihre Führung beschlossen, die Mobilfunkgesellschaft EuroTel, an der sie bisher einen Anteil von 51% hielt, ganz in Besitz zu nehmen. Mobilfunk ist auch unser zweites Thema von heute, allerdings verbunden mit etwas Zukunftsmusik. Denn es geht um die sogenannten UMTS-Lizenzen, also Lizenzen für den Mobilfunk der dritten Generation. Was vor einiger Zeit noch wie eine sichere Goldgrube für jeden Staat, der solche Lizenzen zu vergeben hat, aussah, erweist sich immer mehr als problematisches Geschäft. Denn die anfängliche Euphorie ist einer gewissen Ernüchterung gewichen, und die Telefongesellschaften sind heute nicht mehr bereit, allein für die Lizenzen exorbitante Beträge zu zahlen. Soweit also das heutige Programmangebot, wir wünschen guten Empfang.


Die dominante inländische Festnetz-Telefongesellschaft Cesky Telecom will noch vor der Privatisierung des staatlichen Anteils Alleinbesitzerin der Mobilfunkgesellschaft EuroTel werden. Für knapp 60 Milliarden Kronen, umgerechnet fast 1,5 Milliarden US-Dollar, möchte sie das verbleibende Aktienpaket von 49 % an der Gesellschaft EuroTel erwerben, nachdem sie von Beginn an einen Aktienanteil von 51% an Eurotel gehalten hatte; der Rest lag beim ausländischen Partner, dem amerikanischen Konsortium Atlantic West. Eine Vereinbarung mit Atlantic West über die Transaktion wurde unlängst abgeschlossen. Der Kaufpreis von 1 Milliarde 475 Millionen US-Dollar befindet sich praktisch in der Mitte zwischen der ursprünglichen Forderung von Atlantic West, die sich auf 2 Milliarden Dollar bezifferte, und dem Angebot von Cesky Telecom von einer Milliarde. Telecom wird den Kauf hauptsächlich über Kredite finanzieren, doch dies wird nach Angaben von Analytikern, auf die sich die Wirtschaftszeitung Hospodarske noviny berief, die finanzielle Stabilität von Cesky Telecom nicht gefährden.

Eurotel
Das Ziel des Kaufs ist evident: Durch die Übernahme von EuroTel, dem tschechischen Marktführer für Mobiltelefonie, in Exklusivbesitz soll der Wert von Cesky Telecom vor der anstehenden Privatisierung gesteigert werden. Der Markt hat dies bereits nach der Bekanntgabe des Abschlusses einer vorläufigen Vereinbarung mit einer Kurssteigerung der Aktien von Cesky Telecom quittiert. Auch Analytiker halten die Übernahme einer hundertprozentigen Kontrolle von EuroTel durch Cesky Telecom für einen guten Schachzug. Denn wenn auch noch nicht bekannt ist, ob sich dadurch der Kaufpreis für Cesky Telecom erhöht, so dürfte sich zumindest der Kreis von möglichen Käufern erweitern, die an einem Festnetzbetreiber mit einer dynamischen und erfolgreichen Mobilfunkgesellschaft im Alleinbesitz interessiert sein könnten. Schätzungen für den Staatsanteil von Cesky Telecom gehen derzeit von einem Marktwert von etwa 55 Milliarden Kronen aus, doch dieser Preis könnte sich erhöhen, wenn das Interesse mehrerer Bewerber zu neiner stärkeren Nachfrage führt. Ein Analytiker der Grossbank CSOB hält die Summe von 80 Milliarden bei geschickter Verhandlungsführung des Staats als möglich. Im Industrieministerium ist man gar noch optimistischer und geht laut Medienberichten schon jetzt von einem Wert von Cesky Telecom von rund 80 Milliarden aus, der sich mit der Akquisition von EuroTel auf gegen 100 Milliarden erhöhen könnte.


Grossbank CSOB
Weniger rosig präsentieren sich hingegen derzeit die Aussichten für den Staat, aus dem Verkauf von Mobilfunklizenzen der dritten Generation hohes Kapital zu schlagen. Blenden wir kurz zurück: Als in Grossbritannien und Deutschland die ersten dieser Lizenzen versteigert wurde, war das Interesse der grossen Spieler auf diesem Markt überwältigend, und den Finanzministern der beiden Staaten winkten märchenhafte Summen. Allerdings zeigte sich schnell, dass sich die Bieter bei den Preisen etwas übernommen hatten. Eine Folge für Tschechien bestand beispielsweise darin, dass die niederländische Telefongesellschaft KPN, die in Cesky Telecom über das Konsortium TelSource einen strategischen Anteil erworben hatte, diesen jetzt wieder loswerden möchte, weil sie sich aus finanziellen Gründen dazu gezwungen sieht, ihre Aktivitäten nicht allzu breit zu streuen.

Andere Staaten, die sich angesichts der Auktionseinnahmen in Grossbritannien und Deutschland im Hinblick auf die Versteigerung ihrer UMTS-Lizenzen schon die Hände rieben, hatten sich zu früh gefreut. Die Bereitschaft der Telefongesellschaften, exorbitante Preise allein schon für eine Lizenz zu zahlen, wenn auch noch hohe Investitonen für den Aufbau eines UMTS-Netzes ins Haus stehen würden, liess deutlich nach, und verschiedentlich kamen Auktionen aus Mangel an Bewerbern nicht einmal zustande. Auch in Tschechien zeichnete sich ab, dass es nicht mehr Bewerber als zu verteilende Lizenzen geben würde und dass der Traum von hohen Einnahmen damit ausgeträumt sein dürfte. Die Hoffnung auf 20 Milliarden Kronen für den Staatshaushalt musste deshalb aufgegeben und die Erwartungen auf etwa 9 Milliarden zurückgeschraubt werden. Den drei schon bestehenden Mobilfunkgesellschaften EuroTel, Radiomobil und Oskar ist allerdings auch das noch zuviel. Unter den herrschenden Bedingungen, so sagte ein Sprecher von RadioMobil gegenüber der Tageszeitung Mlada Fronta dnes, halte man einen Linzenpreis von 1.5 bis 2.5 Milliarden Kronen für angemessen. Will der Staat doch noch auf die - im Staatshaushalt übrigens schon vorgesehenen - 20 Milliarden kommen, was bei 3 Lizenzen einen Lizenzpreis von 6.7 Milliarden Kronen bedeutet, so verlangen die drei Mobilfunkanbieter erhebliche Vorteile. Dazu gehört, die Lizenzgebühren in Raten bezahlen zu können, die Auslagen dafür von den Steuern abziehen zu können, sowie die Forderung, dass sich der Staat verpflichtet, nicht mehr als drei Lizenzen auszugeben und damit keine weitere Konkurrenz zuzulassen.

Es wird sich erst noch zeigen, wer in diesem Poker die besseren Nerven hat. Vorläufig sieht es danach aus, dass die Telefongesellschaften den Staat unter Druck setzen können. Denn wenn sie auf das Angebot des Staats nicht eintreten, sieht sich dieser gezwungen, entweder zu warten, oder aber eine Auktion auszuschreiben. Es ist allerdings fraglich, ob sich an einer Auktion mehr und andere Bewerber als die drei schon in Tschechien engagierten Mobilfunkgesellschaften beteiligen würden, und so lange nicht mehr Bewerber als Lizenzen vorhanden sind, können von einer Auktion keine grossen Einkünfte erwartet werden. Der Chef des staatlichen Amtes für Telekommunikation, David Stadnik, behauptet allerdings, es gäbe vier Interessenten für eine UMTS-Lizenz in Tschechien. Für Stadnik ist in der gegenwärtigen Phase erst einmal entscheidend, ob die Bewerber um eine UMTS-Lizenz das Angebot des Staates annehmen oder nicht. Im negativen Falle müsse über das weitere Vorgehen zusammen mit der Regierung nachgedacht werden. Das Telekommunikationsamt sei nicht berechtigt, in eigener Regie über die Zuerkennung der von den Telefongesellschaften geforderten Vorteilen zu entscheiden.


UMTS ist vor allem ein finanzielles Problem. Bei dieser progressiven Technologie soll das herkömmliche Mobiltelefonieren mit Bildübertragung verbunden werden; die mobilen Geräte wären damit Bildtelefone, die auch für eine breite Skala von anderen Anwendungen eingesetzt werden könnten. Der Aufbau der entsprechenden Netze ist allerdings teuer, und auch die Geräte werden nach derzeitigen Schätzungen etwa rund das Doppelte kosten wie heute die teuersten und leistungsfähigsten Mobiltelefone. Damit stellt sich die Frage, wie eine inzwischen an billiges Mobiltelefonieren gewöhnte Gesellschaft auf das neue Angebot reagieren wird, wie ausgereift das System zu Beginn sein wird und wie gross damit der Kundenstamm sein wird, von dem die Gesellschaften für ihre Erfolgsrechnung ausgehen können. Alles Unbekannte, denn konkrete Erfahrungen mit UMTS liegen noch keine vor. Und damit alles Faktoren, die den Entscheid zu einer hohen Investition erschweren. Dazu kommt, dass beispielsweise der dritte Mobilanbieter in Tschechien, das Oskar-Netz, der erst spät auf den Markt gekommen ist, noch nicht über die Reserven für eine weitere Grossinvestition verfügt und ihn die gegenwärtigen Bedingungen des Staates wohl überfordern würden.

Autor: Rudi Hermann
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