Billiges ÖPNV-Ticket für weniger Autoverkehr in Prag
Das Vorbild heißt Wien. Dort wurde vor einiger Zeit das Jahresticket im ÖPNV verbilligt – und immer Menschen stiegen auf Bus und Bahn um. Dasselbe Ziel hat nun Prag, wo der Autoverkehr in manchen Stadtteilen unerträglich ist.
„Das soll zwei Effekte haben. Zum einen, dass mehr Menschen Bus und Bahn nutzen. Zum anderen soll es die bisherigen Kunden der Verkehrsbetriebe davon überzeugen, dass das Jahresticket für sie die beste Variante ist. Viele nutzen nicht das ganze Jahr über Zeitfahrkarten, im Sommer setzen sie zum Beispiel aus und fahren dann mit dem Auto. Wir wollen, dass sie sich das ganze Jahr über den Komfort des öffentlichen Nahverkehrs leisten können. Außerdem wollen wir uns bei den bisherigen Nutzern des Jahrestickets mit der Preissenkung bedanken. Aber vor allem geht es natürlich darum, neue Kunden für die Verkehrsbetriebe zu gewinnen.“
Die konservative Opposition im Rathaus der tschechischen Hauptstadt hält dies jedoch für Populismus. Sie bezeichnet die Pläne der Mitte-Links-Koalition sogar als „gefährliches Experiment“. Ex-Oberbürgermeister Bohuslav Svoboda von der Demokratischen Bürgerpartei (ODS) glaubt, dass die Verkehrsbetriebe durch die Tarifsenkung Verluste machen werden, wie er gegenüber dem Tschechischen Fernsehen sagte:„Für Prag würde das eine drastische Lücke in den Finanzen bedeuten, dabei bräuchte die Stadt das Geld für viele weitere Dinge.“
Auch die Koalition im Rathaus aus Sozialdemokraten, der Ano-Partei und einem Zusammenschluss von Grünen und Freien weiß, dass es ein Experiment ist. Sie verweist aber auf die positiven Erfahrungen aus Wien. Dort war 2012 der Preis für das Jahresticket von 449 Euro auf 365 Euro gesenkt worden.
„Natürlich können am Anfang die Einnahmen aus dem Fahrkartenverkauf einbrechen. Das werden wir aus dem Haushalt der Stadt ausgleichen müssen. Erste Zahlen zur Entwicklung sollten wir im Oktober dieses und im Januar kommenden Jahres haben. Im Haushalt 2016 werden wir darauf dann reagieren können. In Wien hat sich gezeigt, dass im zweiten Jahr nach der Preissenkung aber ein Gewinn eingefahren wurde“, so Sozialdemokrat Dolínek.Das Projekt „billiges Jahresticket“ ist auch erst mal nur auf zwei Jahre angelegt. Die Bürgerdemokraten sehen aber jenseits der Kostenfrage noch ein weiteres Problem: mangelnde Park-and-Ride-Plätze an den Endstationen von Metro und Straßenbahnen. Und bei den Verkehrsbetrieben macht man sich Gedanken, ob denn die Kapazitäten ausreichen werden.
Doch die Ängste basieren augenscheinlich auch auf einer Fehlinformation. So behaupteten bestimmte Medien, dass auch die Einführung von Umweltzonen oder sogar einer Innenstadt-Maut anstünde. Laut Dolínek soll das aber gar nicht Thema gewesen sein bei der Stadtratssitzung. Es gebe zwar eine Studie dazu, aber bisher handle es sich noch um Zukunftsmusik. Unter anderem würde auch die tschechische Gesetzgebung dem noch entgegenstehen.