Botschafterstreit geht weiter – Außenministerium ernennt Geschäftsträger

Miloš Zeman und Karel Schwarzenberg (Foto: Filip Jandourek, Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Staatsoberhaupt Miloš Zeman und Außenminister Karel Schwarzenberg sind seit der Präsidentenwahl nicht mehr gut aufeinander zu sprechen. Derzeit streiten sie sich um die Ernennung von zwei Botschaftern. Zeman möchte die Gattin des ehemaligen Präsidenten, Livia Klausová, nach Bratislava entsenden sowie den kommunistischen Europaabgeordneten und ersten tschechoslowakischen Kosmonauten Vladimír Remek nach Moskau. Schwarzenberg will dies jedoch verhindern. Seitdem verweigert der Staatspräsident die Ernennung aller Botschafter – und lähmt damit Außenpolitik. Schwarzenberg versucht nun mit einem Trick, Bewegung in die Angelegenheit zu bringen.

Johana Grohová  (Foto: Archiv des Außenministeriums der Tschechischen Republik)
Das Zauberwort heißt: Chargé d´affaires. Der französische Begriff bedeutet Geschäftsträger und bezeichnet in der Diplomatie den Chef einer diplomatischen Mission, der formal aber kein Botschafter ist. Ein solcher Geschäftsträger wird normalerweise als Übergangslösung ernannt, wenn ein Botschafter wechselt oder eben formal noch nicht ernannt wurde. Und ein Chargé d´affaires kann vom Ministerpräsidenten entsendet werden, die Zustimmung des Staatspräsidenten ist nicht nötig. Johana Grohová ist Sprecherin des Außenministeriums:

„Das tschechische Außenministerium versucht, in der gegebenen Situation eine Lösung zu finden und das Funktionieren der wichtigsten Botschaften durch die Entsendung von Geschäftsträgern sicherzustellen. Es ist ein gängiges Verfahren, auf das auch andere Staaten zurückgreifen, wenn schnell eine diplomatische Vertretung besetzt werden muss.“

Zunächst einmal sollen diejenigen Botschafter als Chargé d´affaires entsendet werden, die bereits von Zemans Vorgänger im Amt, Václav Klaus, genehmigt und in den jeweiligen Einsatzländern anerkannt wurden. Ihnen fehlt zur formalen Ernennung lediglich die Unterschrift des Staatspräsidenten. Die Opposition halte diese Lösung für wenig elegant, so Lubomír Zaorálek, stellvertretender Vorsitzender der Sozialdemokraten:

Lubomír Zaorálek  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Wenn es sich nur um ein paar Monate handeln würde, könnte ich eine solche Notlösung verstehen. Ich fürchte aber, es wird sich um eine langfristige Lösung handeln. Und wenn wir nun in Ländern, die für uns eine wichtige politische oder wirtschaftliche Bedeutung haben, nur einen Chargé d´affaires installieren, wird so auch das Niveau unserer Diplomatie reduziert.“

In dieser Frage sind sogar die sozialdemokratische Opposition und die regierenden Bürgerdemokraten einer Meinung. David Šeich ist Abgeordneter der ODS und stellvertretender Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses des Abgeordnetenhauses:

Foto: Archiv Radio Prag
„Eine elegante Lösung ist das wirklich nicht. Es ist einfach schade, dass die Situation überhaupt so weit gekommen ist. Die Tschechische Republik ist Geisel in einem Streit zwischen dem Außenminister und dem Staatspräsidenten, und es ist einfach traurig, dass beide Herren nicht in der Lage sind, sich zu einigen.“

Diplomatische Experten sind sich indes nicht einig, ob die Entsendung von Geschäftsträgern dem diplomatischen Ansehen der Republik schade. Der ehemalige Außenminister Cyril Svoboda bezeichnet es als Fehler, der den anderen Ländern signalisiere, dass man sie nicht ernst nehme. Der außenpolitische Berater und ehemalige Botschafter Vladimír Votápek erklärte dagegen, der Unterschied zwischen einem Chargé d´affaires und einem Botschafter sei nur ein protokollarischer. Es sei wichtig, dem Gastland zu vermitteln, dass es sich bei der Einstufung des Gesandten nur um eine innertschechische Angelegenheit handle.