Brno gibt die Villa Tugendhat nicht an Familienerben heraus
Ende Januar hat der Stadtrat von Brno / Brünn entschieden, die im Besitz der Stadt befindliche Villa Tugendhat, projektiert 1928 von dem international bekannten Architekten Mies van der Rohe für die jüdische Textilindustriellenfamilie Tugendhat, an die Erben zurückzugeben. Nun ist aber alles anders. Die Stadt will das architektonisch wertvolle funktionalistische Haus, das seit 2001 zum Unesco-Weltkulturerbe gehört, nicht freiwillig ausgeben.
"Die gültige Legislative verweist auf das existierende Restitutionsgesetz, das diese Problematik auf der staatlichen Ebene regelt und nicht auf der Gemeindeebene. Wenn jemand sagt, dass die Stadt diese Immobilie mittels einer Schenkung oder auf einem anderen Weg wie zum Beispiel durch den Verkauf an die Ex-Eigentümer überführen könnte, dann muss ich konstatieren: Dies ist nicht möglich. Dadurch würde die Stadt große Probleme auf sich laden."
Die Schenkung oder ein Verkauf zum symbolischen Preis von einer Krone, das waren zwei Vorschläge der oppositionellen Bürgerdemokraten (ODS), über die auch abgestimmt wurde, allerdings ohne Erfolg! Mit der Entscheidung der Stadt ist der Rechtsanwalt der Familie Tugendhat, Augustin Kohoutek, nicht einverstanden und will nicht aufgeben:
"Wir sind gegenwärtig der Meinung, dass sich auf jeden Fall andere Möglichkeiten bieten, die Villa Tugendhat an die ursprünglichen Besitzer zurückzugeben, bei der der Stadt nicht eine dermaßen bizarr-hohe Schenkungssteuer droht. In absehbarer Zeit werden wir der Stadt mehrere rechtlich gestützte Konzepte vorlegen, die die größte Befürchtung, also die einer Schenkungssteuer, ausräumen könnte."Eine Summe in Höhe von mehreren hundert Millionen müsste die Stadt bei der Schenkung bezahlen. Es kann aber sein, dass noch etwas anderes zu einem deutlichen Stimmungswandel in der Brünner Stadtvertretung beigetragen haben dürfte. Die zwei Schwestern Tugendhat haben kurz nach dem ersten Stadtratsbeschluss eine an sie bereits restituierte Statue aus der Inneneinrichtung der Villa in London versteigert. Danach kam bei einigen Stadtvertretern die Befürchtung auf, die Villa könnte nach ihrer Rückgabe dasselbe Schicksal ereilen.