Budgetdebatte bringt Koalitionsstreit
Auf der Tagesordnung des tschechischen Abgeordnetenhauses standen am Mittwoch die Diskussion und schließlich die Abstimmung über den Haushaltsentwurf für das Jahr 2005. Zum aktuellen Stand der Dinge konnten Sie sich bereits in unseren Nachrichten informieren. Im folgenden Beitrag fasst Gerald Schubert nochmals die Hintergründe der Debatte zusammen:
Der Kuchen, der dieses Jahr verteilt wird, der versprach besonders groß zu werden. Grund: Die sozialliberale Regierung hatte zunächst acht Milliarden Kronen für eine rasante Lohnerhöhung für Polizisten reserviert, nach koalitionsinternen Streitigkeiten wurden jedoch vier Milliarden wieder gestrichen. Bleiben also plötzlich vier Milliarden über, immerhin etwa 130 Millionen Euro. Und genau um diese entbrannte im Vorfeld der Budgetabstimmung ein heftiger Streit. Die umfassendste Änderungsvorlage hat der Chef der mitregierenden Christdemokraten, Miroslav Kalousek, eingebracht:
"Die Stärkung des Landwirtschafts- und Kulturbudgets auf Kosten der ursprünglich geplanten Lohnerhöhung für Polizisten ist für uns ein guter Vorschlag", so Kalousek.Die Sozialdemokraten jedoch, die im Abgeordnetenhaus die größte Regierungsfraktion stellen, wollen das Geld lieber in die Budgetreserven fließen lassen. Über Kalousek zeigt sich der sozialdemokratische Premierminister Stanislav Gross verärgert:
"Das zeigt", so Gross, "dass die Christdemokraten keine Abmachungen einhalten können. Ihr derzeitiges Verhalten steht absolut im Widerspruch zur Koalitionsvereinbarung."
Noch deutlicher wird Zdenek Skromach, Vizepremier und stellvertretender Vorsitzender der sozialdemokratischen Partei:"Wenn die Christdemokraten und ihr Vorsitzender Kalousek zuviel herumlavieren und ihr eigenes Spielchen spielen, dann stellt sich natürlich die Frage, ob eine solche Koalition Sinn hat."
Hintergrund des Streits: Gerade Kalousek hatte sich gegen die geplante Lohnerhöhung für die Polizisten gestellt, um das Budget zu entlasten. Dass ausgerechnet er das gesparte Geld nun in die Landwirtschaft stecken will, wo es traditionell die meisten christdemokratischen Wähler gibt, stellt einen Kurswechsel dar, mit dem sich die sozialdemokratischen Koalitionspartner nicht so einfach abfinden wollen. Zwar haben beide Seiten angekündigt, dass sie wegen dieser Frage kein Scheitern des Budgets riskieren wollen. Dass es mit dem Koalitionsklima aber nicht gerade zum Besten steht, das wurde im Vorfeld der Budgetentscheidung einmal mehr sichtbar.