Bunter Frühlingsstrauß tschechisch-deutscher Kultur

Es gibt das Theaterfestival deutscher Sprache in Prag oder seit vergangenem Jahr auch das Festival "Der Film", bei dem deutschsprachige Kinoproduktionen gezeigt werden. Doch noch bis zum 21 Juni wird das Angebot an Kulturereignissen mit deutscher Beteiligung in Tschechien so prall wie wohl noch nie zuvor sein. Warum, das erfahren Sie nun in einer neuen Ausgabe unserer Sendereihe "Kultursalon".

Die Spatzen, um es genau zu sagen in diesem Fall die Singdrossel pfeift es bereits von den Dächern. Und Plakate, die am Straßenrand von Prag und weiteren tschechischen Städte zu sehen sind, weisen den Weg. Der Kulturni jaro hat begonnen, also der Kulturfrühling. Und das geschah pünktlich zum kalendarischen Frühling am 21. März. Den Auftakt bildete an dem Tag eine Modenschau, die in der Deutschen Botschaft in Prag stattfand. Sie war deutsch-tschechisch, wie es das Konzept will. Stephan Nobbe, Leiter des Goethe-Instituts in Prag, das einer der Mitveranstalter ist, über den deutsch-tschechischen Kulturfrühling:

"Die Veranstaltung ist nicht angelegt als eine Leistungsschau deutscher Höhepunkte, deutscher, besonders teurer oder besonders guter Produktionen. Es ist vielmehr eine wunderbare Zusammenfassung der Aktivitäten, die in Tschechien von Deutschen gemeinsam mit tschechischen Künstlern, mit tschechischen Wissenschaftlern, mit tschechischen Lehrern oder mit weiteren stattfinden."

Und deswegen wurde auch der Begriff deutsch-tschechischer Kulturfrühling gewählt. Die Gemeinsamkeit der Menschen aus beiden Ländern steht vorne an, nicht zuletzt lässt sich das Programm des Veranstaltungsmarathons auch nicht etwa unter einer deutschen Webadresse im Internet finden, sondern unter www.kulturnijaro.cz, also auf Tschechisch geschrieben unter einer tschechischen Webadresse. Und das, obwohl viel deutsche Kultur geboten wird. Aber die Webseiten sind selbstverständlich zweisprachig.

Auf den Webseiten bekommt man auch einen groben Überblick, was einen alles bei dem Kulturfrühling erwartet. Doch mit der Nase unmittelbar auf die Höhepunkte zu stoßen, das ist angesichts der Masse an Veranstaltungen schon etwas schwerer. Stephan Nobbe sagt allerdings, und zwar auf charmante Weise, warum er bei der Suche lieber nicht behilflich sein will.

"Also so ein Frühling besteht ja nur aus Höhepunkten. Wir haben 92 bis 98 Höhepunkte. Und die wollen wir doch alle genießen. Es wäre ungerecht, jetzt einen einzelnen hervorzuheben, weil auch eine kleine, etwas überschaubarere Initiative ihren Stellenwert hat und gut und wichtig ist. Das ist der Boden, auf dem Kulturarbeit geschieht. Für mich ist wichtig, dass so eine Initiative dann hier in Tschechien, deutsch-tschechisch, in Prag oder in anderen tschechischen Städten stattfinden kann."

Bei einem genaueren Blick auf das Programm wird einem vielleicht eine Sache durchaus auffallen: Manche Veranstaltungen sind dem Namen nach bekannt. Beispielsweise taucht auch das Festival Mitte Europa dort auf oder die Prager Buchmesse, auf der sich genauso die deutsche Literatur präsentieren wird. Insgesamt teilt sich das Programm ungefähr zu einer Hälfte auf bereits bestehende Veranstaltungen und Projekte auf, die einfach in den Kulturfrühling eingebunden wurden, und zur anderen auf solche, die neu sind. Unter den neuen Veranstaltungen tauchen im Übrigen einige bekannte Namen auf. Wie wäre es zum Beispiel damit:

Erkannt? Es ist die deutsche Teenie-Band Tokio-Hotel, die am 3. April in der Prager Sazka Arena auftreten wird. Und das hier:

Genau, die Augsburger Puppenkiste, die vom 23. bis 25. Mai sozusagen an einem Gipfeltreffen der Puppentheater teilnehmen wird. Da trifft sie nämlich in Prag sowie in Pardubice / Pardubitz und Budweis / Ceske Budejovice auf Spejbl a Hurvinek. Als Drittes vielleicht noch dies:

Genau. Die Carmina Burana von Carl Orff, die zum Abschluss am 21. Juni im Prager Rudolfinum erklingen soll. All das wird also beim Kulturfrühling zu hören und zu sehen sein. Zu den größeren Veranstaltungen lassen sich auch die internationale Konferenz zur Philosophie Ende April rechnen oder die Ausstellung des modernen Malers Neo Rauch im Mai, die ohne den Deutsch-tschechischen Kulturfrühling wohl nie nach Prag gekommen wäre. Daneben tummeln sich eine ganze Menge kleinerer, aber ebenso interessanter Veranstaltungen. Aus ihnen hebt Valentin Gescher, Leiter des Kulturreferats beim Mitveranstalter Deutsche Botschaft in Prag, eine Kategorie besonders hervor: die Wettbewerbe.

"Das ist vielleicht etwas, das mich am meisten an diesem Kulturfrühling gefreut hat. Die Bereitschaft der Schüler und Lehrer an tschechischen Schulen, mitzuziehen, mitzumachen und sich in Wettbewerben zu engagieren. Wir haben acht Wettbewerbe, die meisten sind landesweit, die im Rahmen dieses Kulturfrühlings durchgeführt werden. Und ich bin sehr gespannt auf die Ergebnisse."

Gespannt, das war man beispielsweise auch bei der Deutschen Schule in Prag, die dank des Kulturfrühlings die Ausscheidung für Nord- und Mittelosteuropa beim Wettbewerb "Jugend musiziert" in Prag ausrichten konnte. Beim Preisträgerkonzert am 26. März gab es bereits die Auflösung. Und die klang so:

"Große Freude sicherlich bei unseren Prager Gastgebern, denn wir gratulieren jetzt einem Gesangsquartett: Anna Honysova, Ester Honysova, Anna Kiesling und Sophie Schmidt. Sie erreichten 23 Punkte - und dies ist ein erster Preis mit Berechtigung zur Teilnahme am Bundeswettbewerb."

Applaus also bereits zu Anfang des deutsch-tschechischen Kulturfrühlings. Dabei umgaben das Großereignis vor seinem Start durchaus einige Finanzierungsfragen. Letztlich mussten neben dem Auswärtigen Amt noch weitere Financiers gefunden wurden. Ein Frühlingsstrauß der Geldgeber also.

"Wir haben vom Auswärtigen Amt einen kleinen sechsstelligen Eurobetrag zur Verfügung gestellt bekommen. Wenn man alle Beiträge zusammenaddiert, dann sind auf einen Euro des Auswärtigen Amtes über drei Euro aus anderer Quelle hinzugekommen. Das ist eine ganz erkleckliche Summe. Man muss aber auch umgekehrt in Betracht ziehen: Dieser Kulturfrühling hat über 100 Veranstaltungen auf dem Programm. Im Schnitt hat das Auswärtige Amt nicht einmal 20.000 Kronen für eine Veranstaltung hergeben können. Es musste also ganz stark die finanzielle Eigenverantwortung der Veranstalter genutzt werden: Und Gott sei Dank, sie war auch da", so Valentin Gescher.

Und um es genau zu sagen: Insgesamt kam ein Budget von etwa 500.000 Euro zusammen. Allerdings wäre dies sicher nicht geschehen, wenn nicht der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds noch den Veranstaltern unter die Arme gegriffen hätte und sogar einen verkürzten Termin für die Beantragung von Geldern gewährt hätte. Das wirft die Frage auf, was der Kulturfrühling letztlich für die deutsch-tschechische Zusammenarbeit bedeuten kann.

"Zusammenarbeit, Vertrauen, Freundschaft, die Bereitschaft und vor allem das Interesse, gemeinsam Dinge zu machen und nicht jeder für sich", sagt Stephan Nobbe.

Autor: Till Janzer
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