Causa Král wirft Schatten auf tschechisches Eishockey trotz einiger Positiva

Tomáš Král

Im Eishockey, dem neben dem Fußball populärsten Sport in Tschechien, gab es in den zurückliegenden Tagen reichlich Zündstoff. Am meisten debattiert wird dabei die Affäre um Verbandspräsident Tomáš Král, der als inoffizieller Mitarbeiter der tschechoslowakischen Staatssicherheit StB enttarnt wurde.

Petr Blažek | Foto:  Tschechisches Fernsehen

Am Mittwoch vor anderthalb Wochen machte die tschechische Tageszeitung „Sport“ mit einer großen Schlagzeile auf: Tomáš Král, Chef des nationalen Eishockeyverbandes (ČSLH), hat eine dunkle Vergangenheit. Nach Recherchen des Blattes war der Verbandspräsident inoffizieller Mitarbeiter der tschechoslowakischen Staatssicherheit StB. Die Autoren berufen sich dabei auf Dokumente des Innenministeriums und die Expertise des Historikers Petr Blažek. Demnach hat Král während seines Militärdienstes Ende der 1980er Jahre seine Kameraden bespitzelt.

In einer Reaktion sagte der Vorsitzende des Eishockeyverbandes, dass er als frisch studierter Jurist bei der Armee im Bereich interner Verbrechensaufklärung eingesetzt gewesen sei. Dies habe die Zusammenarbeit mit dem militärischen Abschirmdienst eingeschlossen, aber nicht mit der Staatssicherheit, so Král. Laut den Recherchen von „Sport“ gab es jedoch 22 geheime Treffen von Král und dem Abschirmdienst, die über das normale Aufgabenfeld hinausreichten. Mindestens in einem Fall bedeuteten die dabei übergebenen Informationen über andere Soldaten, dass derjenige von der Stasi anschließend überwacht wurde.

Tomáš Král | Foto: Roman Vondrouš,  ČTK

Diese konkreten Vorwürfe versuchte Král einige Tage später auf einer eigens von ihm einberufenen Pressekonferenz zu entkräften. Seine Erklärungsversuche hörten sich dabei unter anderem so an:

„Ich bin zum Wehrdienst eingezogen worden und musste mich mit einer Situation zurechtfinden, die ich so noch nicht kannte. Ich habe mich mit ihr auseinandergesetzt und für mich eingeschätzt, was ich tun sollte und was nicht. Ich denke, dass ich das bravourös gemeistert habe, und bin der Meinung, dass ich es heute in gleicher Weise wieder so machen würde.“

Weiter behauptete der Verbandschef:

Foto: Merimac1,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0 DEED

„Ich habe ein ganz reines Gewissen. In der Bewertung meiner Zusammenarbeit mit dem Abschirmdienst ist für mich jene Passage entscheidend, in der geschrieben steht, dass anhand meiner Erkenntnisse niemand verfolgt wurde oder in irgendeiner Weise zu Schaden kam.“

Zudem sagte er:

„Ich wüsste nicht, wem gegenüber ich mich zu entschuldigen hätte. Daher wird es von mir auch keine allgemein formulierte Entschuldigung geben. Das wäre nur gespieltes Theater, und so empfinde ich es auch.“

Král gab auf der Pressekonferenz zu, kurz vor der Wende für den berüchtigten militärischen Abschirmdienst gearbeitet zu haben. Andererseits stritt er wiederholt ab, militärische Vorgesetzte und Kameraden denunziert oder gar in Schwierigkeiten gebracht zu haben. Seine Beteuerungen aber, er habe rein sicherheitsrelevante Dienste für die tschechoslowakische Armee geleistet, wird ihm unter strengerer Bewertung nicht abgekauft. Denn es ist erwiesen, dass der Abschirmdienst seinerzeit ein Bestandteil der Staatssicherheit war. Zudem hatte er den Ruf, nicht gerade zimperlich dabei gewesen zu sein, ideologische Gegner auszuschalten. Auch deshalb waren verdienstvolle Repräsentanten des tschechischen Eishockeysports nicht sehr erfreut darüber, dass Král wegen seiner Vergangenheit nicht auch die logische Konsequenz ziehen und zurücktreten wollte. Der Olympiasieger von Nagano und zweifache Stanley-Cup-Sieger Dominik Hašek erklärte daher:

Dominik Hašek | Foto: Jana Myslivečková,  Tschechischer Rundfunk

„Diese Causa ist sehr ernst und führt zu einem unguten Bild in der Öffentlichkeit. Wenn Král an seinem Posten festhält, trotz seiner Vergangenheit als Mitarbeiter des Abschirmdienstes, dann wäre das schlecht für das tschechische Eishockey.“

Král wähnt sich jedoch fest im Sattel. Schließlich ist er seit 2008 schon mehrfach an der Spitze des Verbandes bestätigt worden, und dies stets mit einer klaren Stimmenmehrheit. Nach der Veröffentlichung der Details aus seiner Vergangenheit aber wollte er diesen Vertrauenszuspruch noch einmal unter Beweis gestellt bekommen. Deswegen rief er zwei Tage später eine außerordentliche Sitzung des Exekutivausschusses ein, der das höchste Gremium des Verbandes ist. Einziger Tagesordnungspunkt war, dass die zehn Mitglieder des Ausschusses ihm gegenüber ein Vertrauensvotum abgeben. Das Ergebnis verkündete der in dieser Sache unabhängige Rechtsanwalt Miroslav Faměra:

Miroslav Faměra | Foto: Anwaltskanzlei Faměra & spol.

„Es war eine geheime Wahl des zehnköpfigen Exekutivausschusses. Neun Mitglieder votierten gegen einen Rücktritt von Král, und ein Mitglied des Ausschusses stimmte dafür, dass der Präsident seine Funktion aufgeben sollte.“

Angesichts dieses Ausgangs hätte man davon ausgehen können, dass Tomáš Král in seiner Funktion als Verbandspräsident fortfährt bis zum Ende seines Mandats, das im Sommer 2024 ausläuft. Dann aber folgte noch eine überraschende Kehrtwende, die der Pressesprecher des Verbandes, Zdeněk Zikmund, so verlautbarte:

„Tomáš Král hat die Mitglieder des Exekutivausschusses darüber informiert, dass er trotz des Vertrauenszuspruchs aus persönlichen Gründen bei der nächsten Vollversammlung des tschechischen Eishockeyverbandes von seiner Funktion zurücktreten wird. Die Versammlung wird im Juni nächsten Jahres stattfinden.“

Illustrationsfoto: Tony Schnagl,  Pexels,  CC0 1.0 DEED

Mit diesem Ausgang hatte niemand gerechnet. Doch es wird allgemein begrüßt, dass die Affäre Král damit zeitnah beigelegt werden kann, auch wenn sich einige Repräsentanten des tschechischen Eishockeys den sofortigen Rücktritt des Verbandschefs gewünscht hätten. Nun wird bereits spekuliert, wer sein Nachfolger werden könnte. Dabei werden viele Namen gehandelt, und einer steht relativ weit oben auf der Kandidatenliste: Petr Bříza, aktuell unter anderem Vizechef des Verbandes.

Petr Bříza zum Senior Vice President der IIHF gewählt

Der ehemalige tschechische Nationalspieler Bříza ist jüngst auf dem Halbjahreskongress der IIHF in St. Petersburg zum ersten Vizepräsidenten des Weltverbandes gewählt worden. Damit tritt Bříza in die Fußstapfen von Miroslav Šubrt, der von 1969 bis 2003 stellvertretender IIHF-Chef war. Dies ist das jeweils höchste Amt, das ein Tscheche in der Führungsriege des Eishockey-Weltverbandes bisher eingenommen hat. Břízas Posten wird sogar noch aufgewertet, da er mit seiner Wahl gleichzeitig erster Senior Vice President der IIHF geworden ist. Es ist das höchste Amt nach dem Präsidenten.

Petr Bříza | Foto:  Tschechisches Fernsehen

Petr Bříza war zudem auch einer von fünf Kandidaten für die Wahl des neuen IIHF-Präsidenten. Hier schied er jedoch schon nach der ersten Runde aus, der 56-Jährige erhielt nur acht von 103 Stimmen. Die Stichwahl entschied der Franzose Luc Tardif mit 67:39 Stimmen für sich, sein Gegenkandidat war der deutsche DEB-Präsident Franz Reindl. Tardif ist damit der Nachfolger des Schweizers René Fasel, der 27 Jahre lang an der Spitze des Weltverbands stand.

In seiner Kandidatur für den Chefposten des Weltverbandes hatte Bříza wiederholt betont, dass die Chancen gegenwärtig so gut wie nie stünden, das Eishockey weltweit weiter voranzubringen. Und zwar deshalb, weil der Wahl mit fünf Kandidaten eine intensive Debatte über diesen Schlittschuhsport vorangegangen war, aus der man Ideen, Meinungen und Vorhaben nun schöpfen und in die weitere Arbeit einfließen lassen könne. Zudem sei der Weltverband für die nächsten Jahre auch finanziell gut aufgestellt. In einem Gespräch vor den Wahlen sagte Bříza dazu auch gegenüber Radio Prag International:

Illustrationsfoto:  Tschechisches Fernsehen

„In der Zeit vor Corona haben wir einen neuen Vertrag mit unserem Marketingpartner Infront abgeschlossen. Das erweist sich jetzt als Glücksfall, denn durch die Pandemie war vieles gelähmt. Zusammen mit dem IIHF-Büro hat eine Arbeitsgruppe des Council erreicht, dass uns der Vertrag rund 500 Millionen Euro für zehn Jahre sichert. Das sorgt für finanzielle Stabilität bei der IIHF und gibt ihr weiteren Schub.“

Tschechiens Legende Milan Nový ist 70 Jahre alt

Am 23. September feierte mit Milan Nový ein ehemaliger Kufencrack seinen 70. Geburtstag. Er zählt schon seit Jahren zu den Legenden des tschechischen Eishockeys. Der Grund dafür ist die Torgefährlichkeit des einstigen Stürmers aus Kladno. In der tschechoslowakischen Liga wurde er sechsmal bester Scorer, fünfmal Torschützenkönig und dreimal bester Vorlagengeber in einer Saison. Seine 90 Scorerpunkte in der Saison 1976/1977, als er 59 Tore schoss und 31 Assists verbuchte, sind bis heute Liga-Rekord. Insgesamt erzielte Nový in seinen 590 Liga-Punktspielen 474 Tore. In acht Spielzeiten hintereinander bestritt der Jubilar sämtliche Begegnungen. Zwischen 1975 und 1980 wurde er mit dem TJ SONP Kladno fünfmal Landesmeister. Seinen sechsten Titel gewann er im Jahr vor der Serie mit Dukla Jihlava. Zudem holte er mit Kladno 1976/77 den Europapokal. Zu seinen Anfängen in Kladno sagte Nový in einer Sondersendung für das Tschechische Fernsehen:

Milan Nový | Foto:  Tschechisches Fernsehen

„Als ich das erste Mal in Kladno zum Training erschien, bekam ich die komplette Ausrüstung und musste gleich zeigen, was ich drauf habe. Mein Glück war, dass ich nur der kleine schmale Junge vom Dorf war, der noch dazu aus einfachen Verhältnissen kam. Also schauten die Jungs auf mich, als würde ich es ohnehin nicht lange bei ihnen aushalten. Wir trainierten unter anderem Abschlussaktionen im Duett, und hierbei sind mir ziemlich viele Tore gelungen. Und wer Tore schießt, der ist wertvoll für das Team.“

Mit der Nationalmannschaft der Tschechoslowakei wurde Nový zweimal Weltmeister (1976, 1977), gewann viermal WM-Silber und einmal Bronze. Bei den Olympischen Winterspielen 1976 erkämpfte er mit der ČSSR die Silbermedaille. Beim Canada Cup 1976 gelangte er mit dem Nationalteam ins Finale, in dem man den Gastgebern in einer Best-of-three-Serie in zwei Spielen unterlag. Legendär aber ist Novýs 1:0-Siegtor in der Gruppenphase über die damals als unschlagbar geltenden Kanadier.

Milan Nový | Foto:  Tschechisches Fernsehen

Zu seiner Zeit im Nationaltrikot merkte der Jubilar an:

„Ich habe 120 Tore erzielt und bin damit der viertbeste Torschütze in der ewigen Bestenliste der Nationalmannschaft. Das ist nicht so einfach, wenn man wie ich auf einem Teich im Kamenné Žehrovice mit dem Eishockey angefangen hat.“

Milan Nový wurde dreimal mit der Trophäe „Zlatá hokejka“ für den besten tschechoslowakischen Spieler der Saison geehrt. 2008 wurde Nový in die Ruhmeshalle des tschechischen Eishockeys und 2012 in die Hall of Fame des Weltverbandes IIHF aufgenommen.

Autoren: Lothar Martin , Martin Charvát , Petr Kadeřábek , František Kuna
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