ČSSD zieht Lehren aus Wahlschlappe – ODS schon einen Schritt weiter

Jiří Paroubek

In den Reihen der beiden tschechischen Volksparteien, der Sozialdemokaten (ČSSD) und der Bürgerdemokraten (ODS), ist Feuer unterm Dach. Bei den jüngsten Wahlen zum Abgeordnetenhaus lagen beide Parteien zwar auf den ersten beiden Plätzen, haben jedoch massiv an Stimmen eingebüsst. Die erste große Ernüchterung ist nun der Analyse und Aufarbeitung der Wahlschlappen gewichen. Am Wochenende werden sich beide Parteien damit auseinandersetzen.

Die Sozialdemokraten haben für Samstag eine Tagung ihres Zentralen Exekutivausschusses einberufen. Als höchstes Gremium der Partei kann der Ausschuss Entscheidungen von großer Tragweite fällen. Zum Beispiel jene, ob die Sozialdemokraten ihren neuen Chef per Direktwahl aller Mitglieder oder nur durch die Delegierten des nächsten Parteitags wählen lassen. Vor der Tagung des Ausschusses mehren sich die Stimmen, die noch vor den Senats- und Kommunalwahlen im Herbst einen Sonderparteitag wollen. Weshalb, dazu sagte der ČSSD-Chef des Bezirkes Frýdek-Místek, Jaroslav Marek:

Jaroslav Marek
„In erster Linie würden wir den Wählern damit zeigen, dass wir imstande sind auf die Situation zu reagieren, wie sie nach den Wahlen entstanden ist. Das heißt nichts anderes, als jetzt neuen Leuten eine Chance zu geben, denn die Wahlergebnisse haben gezeigt, dass wir einen schlechten Parteichef hatten. Auf dieser Aussage bestehe ich!“

Marek meint den noch am Wahlabend zurückgetretenen Parteichef Jiří Paroubek, dessen Rhetorik bei vielen Sozialdemokaten und Wählern nicht gut ankam. Marek selbst verglich diese Rhetorik mit der eines kommunistischen Politikers aus der Zeit der Normalisierung, also der 1980er Jahre. Auch die Behauptung von Paroubek, das schlechte Wahlergebnis sei auch durch manipulierende Beiträge in den Medien zustande gekommen, wies Marek zurück:

Jiří Paroubek
„Das ist natürlich nicht wahr. Die Wähler haben uns genauso bestraft wie die ODS, die Grünen und die Christdemokraten. Wir aber wussten schon längere Zeit, dass Jiří Paroubek nicht gerade ein populärer Politiker ist, aber wir haben nichts getan. Die Wähler haben uns also zu Recht bestraft.“

Damit sich dies nicht so bald wiederholen kann, verlangen die Sozialdemokraten in den Regionen, dass die jetzige Führung der Partei geschlossen zurücktritt und den Weg frei macht für einen Neubeginn auf dem Sonderparteitag. Und auch in der Spitzenpolitik sollte die entstandene Situation genutzt werden, so Marek:

Vorsitzender der ČSSD-Partei Bohuslav Sobotka
„Ich würde es nutzen, dass wir jetzt vier Jahre in der Opposition sind, und in der Partei für Ordnung sorgen. Vor allem sollten wir uns von denjenigen trennen, die in der Partei gekommen sind, nur um ihre Geschäfte zu machen.“

Bei den Bürgerdemokraten ist man da schon einen Schritt weiter. Sie hatten ihren ehemalige Vorsitzenden Mirek Topolánek schon vor den Wahlen zum Rücktritt gedrängt. Der jetzige Spitzenmann der Partei, Petr Nečas, soll nun auf dem ODS-Parteitag am Wochenende offiziell zum neuen Chef gewählt werden. Eine Wahl, die auch Präsident Václav Klaus gefallen dürfte, meint der Kommentator der Zeitung „Hospodářske noviny“, Petr Honzejk:

„Als Person steht Petr Nečas natürlich Václav Klaus viel näher als Mirek Topolánek, sowohl was seinen Führungsstil als auch seine politischen Auffassungen betrifft. In Gesprächen äußert auch Nečas eine klare Distanz zur EU, und als unsere Zeitung Nečas zur globalen Erderwärmung befragte, antwortete er mit den Klaus´schen Worten, das sei wie eine neue Religion.“

Beobachter haben bemerkt, dass Präsident Klaus der einst von ihm gegründeten ODS wieder mehr Beachtung schenkt. Vor einem Jahr hatte er „seiner“ Partei den Rücken gekehrt, weil sie für ihn zu einem Sammelbecken von Lobbyisten geworden sei, so Klaus damals. In der ODS sind diese Vertreter aber jetzt in das Hintertreffen geraten.