CyberGym: Tschechien will Vorreiter bei Hackerabwehr werden
Nicht nur Bomben und Gewehre sind Waffen von Terroristen oder in Kriegen. Zu einer immer größeren Bedrohung werden Angriffe auf die Netzwerke von strategisch wichtigen Einrichtungen. Bei Prag entsteht nun ein Trainingszentrum zur Simulation solcher Attacken.
Jeden von uns motiviere etwas anderes, sagt dazu ein Hacker, der unerkannt bleiben möchte. Bei manchen sei es der Gewinn, bei anderen wiederum die Freude am angerichteten Schaden.
Um sich gegen diese Gefahren zu wappnen, entsteht in Řitka bei Prag zurzeit ein Trainingszentrum, das sogenannte CyberGym. Dort sollen durch Ernstfallsimulationen Spezialisten geschult werden, die auf Hackerangriffe reagieren können. Der Computerspezialist mit dem Decknamen Pavel gehört zum Team:
„Technologien zur Abwehr von Hackerangriffen existieren. Diese reichen aber bei Weitem nicht aus. Zusätzlich muss immer der Faktor Mensch berücksichtigt werden. Die Abwehrspezialisten müssen so trainiert werden, dass sie einen Hackerangriff erkennen. Sie müssen sich in den Hacker hineinfühlen, die Lage von allen Seiten betrachten und blitzschnell reagieren.“Das Schulungszentrum ist bisher einzigartig in der Europäischen Union. Es ist Teil eines ambitionierten Projekts der tschechischen Regierung: Das Land soll Vorreiter werden in Europa bei der Abwehr von Cyberattacken. Schon jetzt sei man das aktivste EU-Mitglied in diesem Bereich, sagte unlängst Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten). Ausgehend von Tschechien sind auch weitläufigere Kooperationen geplant, beispielsweise mit Experten aus Israel. Ein Abkommen zum Datenaustausch gibt es bereits mit dem Nahost-Staat.
Dass Investitionen in die Cyberabwehr nötig sind, hat nicht nur sicherheitspolitische Gründe. Durch Hackerattacken entstehen jährlich massive wirtschaftliche Schäden. Allein in Europa beliefen sich diese im vergangenen Jahr auf rund 62 Milliarden US-Dollar. Angriffe auf Netzwerke erfolgen fast im Sekundentakt. Im CyberGym werden sie auf einer digitalen Weltkarte visualisiert. Tomáš Přibyl ist Leiter des Zentrums:„Auf dieser Karte wird die globale Dimension der Attacken deutlich. Wer die Angriffe ausführt, ist unterschiedlich: Sie können von den Regierungen der jeweiligen Staaten finanziert werden, aber auch die Armeen können dahinterstehen. Dass es sich hauptsächlich um staatliche Akteure handelt, zeigen die Geldmengen, die in die teuren Cyberangriffe fließen.“
Das Trainingszentrum bei Prag ist ein Teil der weit ausgelegten Cyberabwehr in Tschechien. Die zivile Absicherung der Netze obliegt dem sogenannten Nationalen Sicherheitsamt (NBU), das der Regierung untersteht. Es übernimmt vor allem passive Vorsorgemaßnahmen. Kernstück des Amtes ist das 2014 eröffnete Nationale Zentrum für Cybersicherheit an der Masaryk-Universität in Brno / Brünn. Die tatsächliche Abwehr von Cyberattacken übernimmt hingegen der Nachrichtendienst der tschechischen Armee. Das Einsatzgebiet der Einrichtungen ist sehr breit. Jan Pejšek ist im Verteidigungsministerium für die Kommunikation zuständig:„Wir sichern vordergründig militärische Einrichtungen, genauso aber Krankenhäuser, Kraftwerke, Raffinerien, Strom- und Wasserleitungen. Kurz gesagt: alle Infrastruktur-Objekte, die eine strategisch wichtige Rolle in der Tschechischen Republik spielen.“