Deutsch-tschechischer Botschaftstausch: Familie Lobkowicz gegen Eigentümerwechsel

Jiří Lobkowicz (Foto: www.ceskatelevize.cz)

Im Jahr 1989 ist es in die Weltgeschichte eingegangen: Das Palais Lobkowicz auf der Prager Kleinseite. Tausende DDR-Bürger flüchteten damals in die Botschaft der Bundesrepublik und erreichten damit ihre Ausreise in den Westen. Bereits 2008 äußerte Deutschland den Wunsch, nicht länger nur Mieter in dem Gebäude zu sein. Seither verhandeln Tschechien und Deutschland über eine Übernahme des Gebäudes. Nun hat sich dazu auch die Familie Lobkowicz zu Wort gemeldet. Radio Prag hat mit Jiří Lobkowicz gesprochen.

Palais Lobkowicz auf der Prager Kleinseite
Herr Lobkowicz, die tschechische und die deutsche Regierung planen einen gegenseitigen Ankauf beziehungsweise einen Tausch ihrer Botschaftsgebäude. Darüber hat diese Woche wieder Außenminister Karel Schwarzenberg in Berlin mit seinem Amtskollegen Guido Westerwelle gesprochen. Die deutsche Botschaft in Prag hat ihren Sitz im Palais Lobkowicz, das bis 1927 im Besitz ihrer Familie war. Wie stehen Sie diesem Vorhaben gegenüber?

„Ich muss ehrlich sagen, ich finde, dass die Botschaft nicht unbedingt verkauft werden muss. Sie kann ja weiter vom deutschen Staat benützt werden als Botschaft, ohne dass ein tschechisches Erbgut den Besitzer wechselt, das nicht nur mit der Geschichte meiner Familie verbunden ist, sondern auch mit der Geschichte Böhmens, der Tschechoslowakei und der Tschechischen Republik. Ich glaube, das ist nicht notwendig und ich werde mich auch dagegen wehren.“

Guido Westerwelle
Nun ist die deutsche Botschaft in Prag sehr eng verbunden mit den Ereignissen des Jahres 1989, als dort tausende DDR-Flüchtlinge Zuflucht gefunden haben. Können Sie den Wunsch der Bundesrepublik Deutschland nachvollziehen, dieses Gebäude nun in ihren Besitz zu bringen?

„Ich respektiere das auch so sehr und habe auch ein großes Mitgefühl für die deutschen Bestrebungen. Aber ich glaube, die Geschichte dieses Hauses hat nicht 1989 angefangen – ich respektiere das sehr und ich glaube, ganz Europa respektiert, dass die deutsche Wiedervereinigung zum Teil auch in der Botschaft in Prag stattgefunden hat. Aber ich glaube, es ist nicht notwendig, dass deshalb das Palais verkauft wird.“

Deutsche Botschaft im September 1989
Zurzeit ist das Palais im Besitz der Tschechischen Republik. Das heißt, das Außenministerium hat da auch ein Wort mitzureden. Hatten Sie schon Gelegenheit, mit Karel Schwarzenberg darüber zu sprechen?

„Nein, noch nicht. Aber ich muss sagen, auch die Reaktion von gewissen Politikern und anderen Leuten, die sich gestern geäußert haben, gibt mir die Hoffnung, dass eine große Mehrheit meines Erachtens gegen den Verkauf ist.“

Ein Sprecher des tschechischen Außenministeriums betonte gegenüber Radio Prag, man sei sich der historischen Bedeutung des Palais Lobkowicz für Deutschland ebenso bewusst, wie seines kulturellen Wertes für Tschechien und die Familie Lobkowicz. Über einen möglichen Verkauf oder einen Tausch gegen ein Objekt im Besitz der Bundesrepublik müsse aber letztlich die tschechische Regierung entscheiden.

Karel Schwarzenberg  (Foto: Kristýna Maková)
Die von Deutschland ursprünglich zum Tausch angebotene ehemalige US-Botschaft in Berlin hat Tschechien jedenfalls als nicht adäquat abgelehnt. Anlässlich des Antrittsbesuchs von Außenminister Karel Schwarzenberg in Berlin hat Deutschland nun ein neues Angebot gemacht. Es handle sich um ein Grundstück im Zentrum der deutschen Hauptstadt, heißt es aus dem tschechischen Außenministerium.

Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte auf Nachfrage von Radio Prag, dass Deutschland nach wie vor großes Interesse an einer Übernahme des Palais Lobkowicz in Prag hat. Details wollte man mit Rücksicht auf die laufenden Verhandlungen aber nicht nennen.