Deutsche Minderheit fordert Entschädigungen

Entschädigungen für Zwangsarbeit, Inhaftierungen und Enteignungen fordert die deutsche Minderheit in Tschechien vom tschechischen Staat in einem Apell, der dem Petitionsauschuss des Abgeordnetenhauses vorliegt. Etwa die Hälfte der in Tschechien lebenden Deutschen sind nach Angaben von Hans Korbel, dem Vorsitzenden der Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien, betroffen. 60 000 Deutsche leben laut Korbel heute in Tschechien. Daniel Satra berichtet.

Auf einer Pressekonferenz in Prag bekräftigte Korbel am Donnerstag die Forderungen der deutschen Minderheit. Der 60-Jährige stellte heraus, dass die Betroffenen ihrer Nationalität nach zwar Deutsche seien - sie waren nach dem Zweiten Weltkrieg im Land geblieben - alle besäßen sie aber die tschechische Staatsangehörigkeit. Nachdem die Zahlungen an tschechische Zwangsarbeiter nun begonnen hätten, seien jetzt auch die Deutschen dran Geld zu bekommen, so Korbel. Die Idee zu diesem Vorhaben brachte Korbel von einem Besuch im deutschen Bundestag im vergangenen Jahr mit.

"Wir haben das Papier bereits im März ausgearbeitet und abgestimmt. Aber wir haben mit der Übergabe abgewartet, weil zu dieser Zeit die Verhandlungen über die Entschädigung der Zwangsarbeiter des Dritten Reiches liefen."

Die Landesversammlung wollte nicht die Verhandlungen stören, so Korbel. Dass Bundeskanzler Gerhard Schröder seine Stippvisite in der Tschechischen Republik bereits angekündigt hatte, habe mit dem Termin der Übergabe am 15. August nichts zu tun gehabt. "Das war Zufall", sagt Korbel. Die Liste der jetzt gestellten Forderungen ist lang:

"Rückgabe des Eigentums, Entschädigung für die Zwangsarbeit nach dem Krieg, Entschädigung für die Internierung, da alle Deutschen damals ins Lager gekommen sind. Entschädigung auch für die abgearbeiteten Jahre, die bei der Rente nicht angerechnet wurden. Entschädigung dafür, dass die Deutschen nicht den Beruf ausüben durften, für den sie qualifiziert waren. Und schließlich Entschädigung für die 20 Prozent Lohn, die den Deutschen für den Fonds zum Wiederaufbau der Republik abgezogen wurden."

Arbeitsbuch
100 Kronen für jeden Arbeitstag oder für jeden Tag im Lager, weitere 15 Kronen für jeden Monat Arbeit oder Lager als zusätzliche Leistung zur Rente, darüber hinaus 10 000 Kronen, für gewaltsame Umsiedlungen, so die Hauptforderungen. Was Häuser und Grundstücke betrifft, so sollen diese oder ihr Gegenwert in Geld, falls der Betroffene selbst bereits gestorben ist, an dessen Ehepartner, Kinder oder Geschwister gegeben werden.

"Das ist eine innenpolitische Angelegenheit, die mit dem Ausland nichts zu tun hat. Das ist also eine rein tschechische Angelegenheit", betont Korbel. Auch die geschichtliche Aufarbeitung der so genannten Benes Dekrete, unter anderen eine Grundlage für die Vertreibung Deutscher aus der Tschechoslowakei nach Ende des Zweiten Weltkrieges, ist nach Korbels Ansicht eine "innere Angelegenheit" der Tschechischen Republik.

"Wir vertreten die deutsche Minderheit, das heißt nicht die vertriebenen Deutschen. Die vertriebenen Deutschen müssen sich um ihre Rechte selbst bemühen, selbst um sie kämpfen. Außerdem haben sie wenigstens einen Lastenausgleich bekommen. Auch wenn das keine Entschädigung ist, so haben sie doch etwas bekommen."

Die deutsche Minderheit, die nach dem Krieg geblieben ist, habe dagegen noch nichts bekommen, betont Korbel. Und dass, obwohl sie der tschechischen Nation nichts angetan hätte, sagt Korbel und verweist darauf, dass Deutschen in Tschechien die tschechischen Staatsangehörigkeit zurückgegeben worden war.