Deutsche und tschechische Wege nach 1989 - Konferenz vergleicht Aufarbeitung des Kommunismus

Wie setzen sich Deutschland und die Tschechische Republik mit den Folgen von vierzig Jahren kommunistischer Diktatur auseinander? Das ist die Leitfrage einer Konferenz, die am Donnerstag und Freitag unter dem Titel "Deutsche und tschechische Wege nach 1989 - ein Vergleich" in der Tschechischen Botschaft in Berlin stattfindet. Für Radio Prag beobacht Sebastian Kraft vor Ort die Konferenz.

Worum geht es bei der Konferenz und wer sind die Teilnehmer?

Es handelt sich um eine hochkarätig besetzte Konferenz, die sich vor allem mit der Auseinandersetzung mit der totalitären Vergangenheit beschäftigt und dabei die Erfahrungen aus Tschechien mit denen vergleicht, die man in Deutschland mit dem Umgang mit der DDR-Vergangenheit gemacht hat. Es sind zahlreiche Fachleute und Politiker anwesend, unter anderem der letzte Außenminister der DDR, Markus Meckel, der in seiner Eröffnungsansprache die europäische Dimension des Themas hervorgehoben hat. Die Aufarbeitung der Vergangenheit, so Meckel, sei nicht nur die Sache eines jeden Landes selbst, sondern es müsse dabei auch grenzüberschreitende Zusammenarbeit geben. Genau darauf richtet sich auch die Diskussion. In verschiedenen Foren wird die Situation in Deutschland und Tschechien verglichen.

Wegen der parallel stattfindenden Vertrauensabstimmung über die tschechische Regierung sind leider viele tschechische Politiker nicht zu der Konferenz gekommen, was schade ist, weil die Konferenz ansonsten wirklich prominent besetzt ist: Anwesend ist etwa der ehemalige deutsche Botschafter in Prag, Dr. Libal, von tschechischer Seite EU-Kommissar Spidla, der nicht in die Prager Ereignisse involviert ist, und auch sonst trifft man hier viele alte Bekannte aus dem Kreis der deutsch-tschechischen Beziehungen, etwa den tschechischstämmigen Bundestagsabgeordneten Milan Horacek.

In Tschechien und in Deutschland war es ja in der vergangenen Nacht sehr stürmisch. Ging es bei den Diskussionen in der tschechischen Botschaft in Berlin ähnlich stürmisch zu?

In der Tat, nach einer Warmlaufphase ging es auch hier in den Diskussionen stürmisch zu. Es gab Zwischenrufe und es wurde mitunter auch recht laut - interessanterweise aber nur in den innertschechischen Diskussionen. Marianne Birthler, die Bundesbeauftragte für die Unterlagen der Staatssicherheit, hat auch die Erklärung dazu geliefert. Deutschland, so hat sie gesagt, ist so etwas wie ´Aufarbeitungsweltmeister´, in Deutschland wird schon lange über diese Fragen geredet, und deshalb wird mit dem Thema nicht mehr so emotional umgegangen. In Tschechien, das hat man deutlich gemerkt, ist das noch nicht so: Es gibt keine Institution wie die Birthler-Behörde in Deutschland, bzw. die Gauck-Behörde, wie sie früher hieß. Die Schaffung einer solchen Institution wurde dann auch von Historikern wiederholt gefordert. Es könne nicht sein, hieß es, dass diejenigen, die für das Leid vieler Menschen verantwortlich sind, heute als ehemalige Staatsbeamte hohe Renten beziehen, während die Opfer, auch finanziell, immer noch unter den Folgen zu leiden haben. In diesem Punkt gab es unter den tschechischen Teilnehmern die unterschiedlichsten Meinungen, ebenso wie in der Frage, ob sich die Tschechen selbst vom Totalitarismus befreit haben oder ob sie, etwa durch den Druck der USA und der Westmächte, befreit worden sind. In diesem Punkten ging es bei den Diskussionen sehr lebhaft zu."

Vielen Dank an Sebastian Kraft nach Berlin.