Die hohen Spritpreise könnten die tschechischen Autofahrer zu einer wirtschaftlicheren Fahrweise motivieren

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Seit mehreren Tagen ist die Krise am Benzinmarkt eines der beherrschenden Themen in Tschechien. Gegen Ende der diesjährigen Ferien- und Urlaubssaison ist es an den heimischen Tankstellen zu einem dramatischen Preisanstieg um bis zu fünf Kronen pro Liter gekommen. Umgerechnet entspricht das etwa einem Anstieg um 16 Eurocent, was einige tschechische Autofahrer sogar veranlasste in den Nachbarländern, wie etwa in der Slowakei oder gar in Deutschland zu tanken, wo die Spritpreise im Vergleich zu Tschechien bisher als höher galten. Im Herbst droht noch zusätzlich, dass wegen der gestiegenen Benzinpreise auch andere Dienstleistungen wesentlich teuerer werden könnten, wie etwa der öffentliche Personen- und Nahverkehr.

Foto: CTK
Über die aktuellen Ursachen der Benzinknappheit herrscht weitgehend Übereinstimmung: Die Entwicklung ist eine Folge des Hurrikans Katrina, der vor einigen Wochen den Südosten der USA verwüstete und damit auch die Erdölförderung im Golf von Mexiko beeinträchtigte.

Aus längerfristiger Sicht ist jedoch dieses Phänomen auch eine Konsequenz des rasanten wirtschaftlichen Aufbruchs in China, Indien und anderen asiatischen Ländern, in denen es eine verstärkte Nachfrage nach dem so genannten "schwarzen Gold" gibt, die Förderquoten aber nicht wesentlich erhöht werden. In diesem Sinne haben sich in den letzten Tagen zumindest viele Wirtschaftsforscher und Marktanalysten geäußert, die eher davon ausgehen, dass die Preise auch künftig, wenn auch vielleicht nicht so rasant, steigen werden.

Die wachsenden Ölpreise scheinen somit das klassische Beispiel für die wirtschaftliche Globalisierung abzugeben, wo eine globale Entwicklung im wirtschaftlichen Bereich sich durch klassische nationalstaatliche Instrumente, wie etwa Eingriffe der Regierungen, nicht steuern lässt.

Sind also die Verbraucher und in erster Linie die Autofahrer gegenüber diesen Trends vollkommen machtlos, oder lässt sich in dieser Angelegenheit doch etwas unternehmen? Diese Frage stellten wir Herrn Pavel Kuchalik, dem Pressesprecher des größten tschechischen Automobilklubs, UAMK:

"Wir meinen, dass ein einzelner Autofahrer, oder eine größere Gruppe von Autofahrern auf die Treibstoffhersteller wohl kaum einen derart großen Druck ausüben und auch nicht die Politik der OPEC und anderer vergleichbarer Organisationen beeinflussen kann. In diesem Bereich müsste es natürlich eine grenzübergreifende Initiative verschiedener Automobilklubs geben. Es wäre sicherlich einen Versuch wert, aber es ist sehr ungewiss, zu welchem Ergebnis man dadurch kommen würde. Was die Fahrer angeht, können diese sich vor allem persönlich gegen die steigenden Preise wehren, indem sie bewusst bei jenen Anbietern tanken, die die günstigsten Preise haben. Ssie sollten auch wirtschaftlich fahren, damit der eigene Verbrauch sinkt. Ich fürchte aber, dass es für einen gewöhnlichen Autofahrer keinen anderen Weg gibt."

In Tschechien wurden in den letzten Tagen verschiedene Möglichkeiten diskutiert, wie man der Lage Herr werden könnte. Die Regierung beschränkte sich lediglich auf Maßnahmen, um zum Beispiel behinderten Menschen, die auf die Verkehrsmittel angewiesen sind, einen zusätzlichen finanziellen Ausgleich zu gewähren. Dagegen forderte aber die oppositionelle Demokratische Bürgerpartei ODS die Senkung der Verbrauchssteuer, um somit auf administrativem Weg eine Preissenkung zu erreichen. Würden aber diese Veränderungen nach unten auch tatsächlich an die Autofahrer weiter gegeben? Würden die Tankstellenbesitzer nicht lediglich ihre Gewinnzonen erweitern wollen? Dazu meint Pavel Kuchalik:

"Diese Befürchtung haben wir auch. Wir meinen, dass der Weg irgendeines administrativen Eingriffs - mittels einer Herabsetzung der Verbrauchssteuer - keine Lösung wäre. Ein Ausweg wäre jedoch eine generelle Regulierung der Preise aller Treibstoffgattungen, das heißt nicht nur von Benzin, oder Diesel, sondern auch bei Gas. Das ist natürlich eine Möglichkeit, bei der man noch genau die eventuellen Auswirkungen in Betracht ziehen muss, aber prinzipiell wäre das eine Lösung, die gute Aussichten auf Erfolg hätte, denn im Endeffekt muss der Endverbraucher, also der Autofahrer geschützt werden."

Schon in der Vergangenheit haben viele tschechische Autofahrer auf den immer teuerer werdenden Sprit auf relativ originelle Weise reagiert, in dem sie ihr Auto von Benzinbetrieb auf Gasbetrieb umbauen ließen. Vor allem Mitte der 90er Jahre, als der Benzinpreis in Tschechien die damalige psychologische Grenze von 20 Kronen (umgerechnet knapp 66 Eurocent) überschritten hatte und die Dichte der Gas-Zapfstellen wesentlich größer wurde, haben sich viele Autofahrer für den Umbau ihres Wagens entschieden. Kein Wunder, denn Gas konnte man damals für weniger als die Hälfte des herkömmlichen Spritpreises, tanken.

Diese Diskrepanz besteht auch nach wie vor. Heißt das, dass man auch jetzt mit einer vergleichbaren Reaktion der tschechischen Autofahrer rechnen kann? Pavel Kuchalik:

"Sie haben Recht, dass die Preise für Gas immer noch wesentlich geringer sind als für Benzin oder Diesel. Auf der anderen Seite befürchte ich aber, dass es sich hierbei um eine relativ kurzsichtige Lösung handeln würde, weil wenn natürlich der Benzinpreis dramatisch ansteigen würde, hätte das auch zur Folge, dass es beim Gas eine ähnliche Entwicklung geben könnte. Diese Autofahrer könnten somit wieder zu Geiseln werden, diesmal jedoch von den Gasproduzenten. Wir sind also ein wenig skeptisch, ob das der Weg ist, wie man dieses Problem lösen kann."

Foto: Archiv Radio Prag
Knapp wurde das weltweit verfügbare Rohöl erstmals in den 70er Jahren. Die beiden so genannten Ölschocks führten zum Beispiel in Deutschland im Jahr 1973 nicht nur zur Verhängung eines Sonntagfahrverbots, sondern hatten auch die Konsequenz, dass die Automobilindustrie begann, sparsamere Motoren zu entwickeln, die dann Ende der 80er Jahre auf den Markt kamen. Könnte die gegenwärtige Situation mit den steigenden Öl- und Benzinpreisen zu einer ähnlichen Entwicklung verhelfen, oder ist die Krise noch nicht ernst genug?

"Ich meine, dass es sich gegenwärtig schon um eine Krise handelt. Wenn man das mit den beiden Krisen der 70er Jahre vergleicht, also 1973 und 1979, war der Preisanstieg für Rohöl immer dramatisch. Im ersten Fall kam es zu einem Sprung von drei Dollar pro Barrel auf zwölf Dollar und 1979 dann von 13 auf 35 Dollar für ein Barrel Rohöl. In den vergangenen Wochen kletterte der Preis von 50 Dollar auf 65 Dollar, was also heißt, dass man durchaus Vergleiche ziehen kann. Ob das Einflüsse auf die Automobilindustrie haben könnte, lässt sich schwer prognostizieren. Es gilt aber, dass es neben den hohen Ölpreisen noch weitere Gründe gibt, warum die Autoindustrie sparsamere Motoren herstellen sollte. Dazu gehören die immer strenger werdenden Abgasnormen wegen der globalen Klimaerwärmung und Ähnliches. Die hohen Benzinpreise könnten also der Autoindustrie einen Impuls liefern für eine komplexe Veränderung ihrer Philosophie."

In vielen Ländern Europas bieten die Autofahrerklub angesichts der steigenden Benzinpreise den Autofahrern schon lange spezielle Kurse an, wo diese lernen können, wie man wirtschaftlich und mit dem geringsten Spritverbrauch unterwegs sein kann. Gibt es so etwas mittlerweile auch in Tschechien? Wie reagieren die Autofahrer auf diese, oder vergleichbare Angebote? Hören Sie dazu noch einmal Pavel Kuchalik vom tschechischen Automobilklub, UAMK:

"Es ist so, dass in unseren Fahrschulen die Führerschein-Anwärter bereits im Grundkurs mit den Grundlagen einer wirtschaftlichen Fahrweise bekannt gemacht werden. Das wird dann auch in der Praxis geübt. Ansonsten werden zusätzliche Kurse angeboten, wie etwa Übungsfahrten, wobei der Autofahrer, der sich zu einem solchen Kurs anmeldet, selber bestimmen kann, ob zum Beispiel speziell eine wirtschaftliche Fahrwiese geübt werden soll. Es ist nicht auszuschließen, dass gerade im Zusammenhang mit den steigenden Benzinpreisen unter den tschechischen Autofahrern ein verstärktes Interesse bestehen könnte. Wir beim UAMK können hier jederzeit entsprechende Kurse anbieten."