Die Situation in der sozialdemokratischen Partei CSSD, der Besuch des österreichischen Bundeskanzlers Schüssel und die Beziehungen zu Kuba

Zdenek Skromach und Stanislav Gross (Foto: CTK)
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Unser heutiger Überblick über die tschechischen Medien bietet Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer, wieder ein buntes Spektrum an Themen, die in den tschechischen Medien - heute vor allem den Zeitungen - behandelt wurden. Hören Sie "im Spiegel der Medien" von und mit Oliver Engelhardt:

Stanislav Gross  (Foto: CTK)
Die sozialdemokratische Partei CSSD von Premierminister Stanislav Gross steckt momentan in einer Umbruchsphase: die Umfragewerte sehen nicht gut aus und parteiintern gibt es immer wieder personelle Querelen. Zum Beispiel resignierte in der vergangenen Woche der Chef der sozialdemokratischen Fraktion im Abgeordnetenhaus, Petr Ibl. Obwohl dessen Entscheidung seit Wochen bekannt ist, hat sich noch kein Nachfolger für diese Position gefunden. Die Tageszeitung Lidové noviny schreibt in ihrer Dienstagsausgabe dazu:

"Das Problem der CSSD besteht darin, dass ein geeigneter Kandidat nicht zur Verfügung steht. Die Parameter sind vorgegeben: der Fraktionsvorsitzende muss ein guter Organisator sein und die innerparteilichen Streitigkeiten unterdrücken können. Diese Aufgabe schließt alle bekannteren Namen aus. Bleibt die Möglichkeit, auf einen bislang wenig sichtbaren Abgeordneten zu setzen, der mit der Funktion wachsen wird. So jemand könnte der 29-jährige Michal Hasek sein, der im letzten Halbjahr kein einziges Mal im Abgeordnetenhaus öffentlich aufgetreten ist, aber angeblich hat Gross ihn bereits nach den Wahlen im Jahr 2002 für diese Funktion vorgeschlagen. Paradox ist, dass seitdem die CSSD an der Macht ist der beste Fraktionschef Gross selbst war. Jetzt braucht er für diesen Posten jemand ähnlichen, um sich seine Karriere abzusichern."

Der genannte Michal Hasek ist bereits bislang stellvertretender Fraktionschef gewesen. Am Dienstag nun wurde er bis zur Wahl eines neuen Fraktionschefs mit der Funktion betraut. Aber, wie der Kommentar bereits andeutet, steht auch eine andere wesentlich heiklere Personalfrage zur Diskussion und vielleicht auch auf dem Spiel: die des sozialdemokratischen Parteivorsitzenden Stanislav Gross. Dieser versucht als Regierungschef momentan eine ganze Reihe von Reformen durchzuführen und macht sich dadurch nicht überall beliebt. Aus seiner eigenen Partei tritt immer häufiger und immer öffentlicher der stellvertretende Vorsitzende der Partei, Zdenek Skromach, gegen den Parteichef auf. Bei dem Parteitag der CSSD im März steht dann die Wahl des Parteichefs an. Ob Zdenek Skromach dort eine Chance gegen den aktuellen Parteichef Stanislav Gross hat, hängt auch von seinem momentanen Verhalten ab. Die auflagenstarke Tageszeitung Mladá fronta DNES schrieb in ihrer Dienstagsausgabe über Zdenek Skromach:

Zdenek Skromach und Stanislav Gross  (Foto: CTK)
"Seine letzten Äußerungen zeigen, dass er nicht nur ein Sparringpartner für Stanislav Gross sein will. Skromach will das repräsentieren, was man eine linke Strömung in der CSSD nennen könnte. Auch im sozialen Deutschland wäre der Vertreter der Linken eher Herr Gross. Seine vorsichtigen Versuche, die Staatsschulden einzufrieren und die Wirtschaft zur Kasse zu bitten, sind weit davon entfernt, die Heiligtümer der Sozialdemokratie anzugreifen: Arbeitnehmerschutz, eine große Umverteilung zugunsten der Armen, ein kostenloses Schul- und Gesundheitswesen, also das so genannte Sozialmodell. Linker als Gross zu sein, in einer Zeit, da das Sozialmodell in Europa erschöpft und unbeliebt ist, besonders in einem Land, das dringend Wachstum braucht, ist scheinbar unmöglich. Eher als irgendein Programm repräsentiert Skromach Nostalgie und Mythos. Nostalgie nach den Sicherheiten des Realsozialismus und Mythos, dass der zahme tschechische Kapitalismus im Interesse der Unterdrückten und Armen gezähmt werden muss. Solche Mythen sind bei den unzufriedenen Wählern sehr tief verwurzelt."


Wolfgang Schüssel und Vaclav Klaus  (Foto: CTK)
Kommen wir zu zwei außenpolitischen Themen. Am Donnerstag weilte der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel in Prag. Es war seit zehn Jahren der erste offizielle Staatsbesuch eines österreichischen Regierungschefs in Tschechien und er galt deswegen als positives Signal für die beiderseitigen Beziehungen. Die Wirtschaftszeitung Hospodarske noviny brachte an diesem Tag ein großes Interview mit Schüssel und einen Kommentar von Adam Cerny.

Stanislav Gross und Wolfgang Schüssel  (Foto: CTK)
"Die tschechische Politik dominierten bis zum letzten Jahr die Vorbereitungen auf den EU-Beitritt und in ihnen spiegelten sich auch die Konflikte mit Österreich wegen des Kernkraftwerks in Temelín oder der tschechoslowakischen Nachkriegsgesetze. Seine Position unter den 25 EU-Staaten beginnt Prag erst langsam zu definieren. Auch wenn sich die Interessensallianzen einzelner Mitglieder in Abhängigkeit von den Themen ändern, gehören die nachbarschaftlichen Beziehungen zu den nahe liegenden Verbindungen - schon aus praktischen Gründen. Aktuell zeigen das die Debatten um die Maut für den Güterverkehr. Hinsichtlich der langen gemeinsamen Vergangenheit, finden tschechisch-österreichische Gespräche niemals an einem völlig reinen Tisch statt. Die europäische Perspektive sollte beide Länder aber zu einer Partnerschaft führen. Ohne sie kann keines von beiden in der Union auskommen."


Fidel Castro  (Foto: CTK)
Bei weitem nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit tauchte ein anderes außenpolitisches Thema mehrfach in den tschechischen Zeitungen auf, obwohl es von Mitteleuropa weit entfernt liegt, nämlich Kuba. Der Umgang des diktatorischen Regimes von Fidel Castro mit Dissidenten, die Gefangennahmen und Freilassungen, spiegeln sich im Verhältnis der EU und ihrer Mitgliedsländer zu dem Inselstaat im karibischen Ozean. Zugleich taucht die große Frage auf, wie sich Kuba in den nächsten Jahren entwickelt. Welcher Art wird das Regime von Fidel Castros Nachfolger sein? Solche Überlegungen wecken auch wirtschaftliches Interesse. Die Wochenzeitung Respekt schreibt in einer Randmeldung:

"Auf Castros Kuba wollen tschechische Unternehmer in Immobilien investieren: der Besitzer der mährischen Ölgesellschaft und des Reisebüros Fischer, Karel Komárek, zusammen mit dem Finanzimperium PPF. [...] Die kubanischen Gesetze erlauben es Ausländern nicht, Land oder Gebäude zu besitzen. Martin Vlastník von der tschechischen Botschaft in Havanna zufolge sind Unternehmen 'faktisch beschränkt auf gemeinsame Unternehmen mit der kubanischen Seite'. Im Falle von Investitionen in Hotels (was beim Besitzer des Reisebüros Fischer eine gewisse Logik hätte) wäre der Partner von Komárek und PPF die kubanische Armee, die einen Großteil des Tourismusgeschäfts beherrscht."

Eine solch einseitig wirtschaftliche Ausrichtung der Beziehungen mit Kuba stößt natürlich auf Kritik. Die Kommentatorin der Zeitung Lidové noviny, Petruska Sustrová warnt ihrerseits davor, die wirtschaftlichen Interessen, dem Schutz der Dissidenten und der Menschenrechte auf Kuba vorzuziehen.

"Ende Januar sollen die Außenminister der EU-Mitgliedsländer die Sanktionen gegen Kuba auswerten und über ihre weitere Haltung entscheiden. Dies wird eine tatsächlich wichtige Entscheidung und wir werden etwas Grundsätzliches über die Union erfahren. Es wäre ein Fehler zu glauben, dass Castro 14 von 75 politischen Häftlingen deswegen freigelassen hat, weil er sich für einen gemäßigten Kurs gegenüber den Bürgern entschieden hat. Zweifellos ging es ihm nur um eine bloße Geste, um seine internationale Stellung zu verbessern. Die Tschechische Republik vertritt bislang eine harte Gangart gegenüber Kuba. Priorität der tschechischen Diplomatie ist der Sprecherin unserer EU-Mission zufolge der Schutz der Menschenrechte auf Kuba und der Dialog mit der Opposition. Dissidenten zu unterstützen ist weder Spaß noch Hobby; wenn sich die Europäische Union tatsächlich zu den Werten bekennt, die sie propagiert, ist es für sie eine Pflicht. Es ist ja klar, dass in einem autoritären Regime nach Castros Typ keine bürgerliche Opposition ohne Hilfe von außen bestehen kann. Ich denke also, dass der tschechischen Diplomatie eine dringende Aufgabe bevorsteht: die Kollegen in der EU davon zu überzeugen, dass sie die kubanischen Dissidenten nicht ihrem Schicksal überlassen."