Die tschechischen Opfer von Plötzensee – Ausstellung im Prager Goethe-Institut
Während des NS-Regimes war das Berliner Gefängnis Plötzensee die zentrale Hinrichtungsstelle für politische Gefangene. Und das traf nicht nur auf Deutsche zu, sondern unter anderem auch auf Tschechen. Eine Ausstellung im Prager Goethe-Institut stellt nun diese tschechischen Opfer von Plötzensee vor.
Insgesamt 671 Tschechen und Tschechinnen wurden während des Zweiten Weltkriegs im Berliner Strafgefängnis Plötzensee hingerichtet. Damit waren sie die größte Gruppe an Ausländern, die ihr Leben dort ließen. Einige der Schicksale werden in einer Ausstellung geschildert, die derzeit im Prager Goethe-Institut zu sehen ist.
Historiker Jan Boris Uhlíř vom tschechischen Archiv der Sicherheitskräfte hat mit seinen Forschungen die Schau ermöglicht. Im Interview für Radio Prag International sagt er:
„Bei den Tschechen oder Bürgern der Tschechoslowakei, die in Berlin-Plötzensee hingerichtet wurden, geschah dies wegen einer oder mehrerer der drei Straftaten ‚Hochverrat‘, ‚Landesverrat‘ und ‚Feindbegünstigung‘. Diese Menschen waren vom Volksgerichtshof verurteilt worden, der 1934 als politische Gerichtsinstanz gerade für diese Fälle eingerichtet worden war.“
Bei den Verurteilten handelte es sich um Widerstandskämpfer. Das erste Todesurteil an einem Tschechen wurde im September 1940 vollstreckt, das letzte im Januar 1945 – und das entweder durch Enthaupten durch eine Guillotine oder durch Erhängen.
Die Ausstellung umfasst 23 großformatige Tafeln, auf ihnen sind auch die Faksimiles von Todesurteilen und persönliche Dokumente zu sehen. So etwa von der Journalistin Irena Bernášková. Sie gab nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch Hitler im März 1939 zusammen mit anderen die illegale Zeitschrift „V boj“ (In den Kampf) heraus. Und weiter Uhlíř:
„Vor Gericht nahm sie alle Schuld auf sich und rettete damit das Leben aller anderen, die nur KZ-Haft bekamen. Sie war sehr tapfer und dickköpfig. Als ihr Todesurteil gesprochen war, sagte sie noch im Gerichtssaal, dass auch so die Tschechoslowakische Republik wiederauferstehen werde. Sie war die erste Tschechin und überhaupt die erste Frau, die im sogenannten ‚Dritten Reich‘ als Widerstandskämpferin hingerichtet wurde.“
Die Schirmherrschaft über die Ausstellung hat der deutsche Botschafter in Tschechien, Andreas Künne, übernommen. Dies sei ihm ein wichtiges Anliegen gewesen, weil tschechische und deutsche Institutionen gemeinsam an ihr gearbeitet hätten. Die Schau führe ein besonders grausames Kapitel der Geschichte vor Augen und zugleich den unglaublichen Mut jener Menschen, die Widerstand geleistet hätten, betont der Diplomat.
„Sicher ist nicht jeder von uns zum Helden geboren. Aber diese Menschen können Vorbilder sein für jeden von uns, weil sie für ihre Werte eintraten – obwohl sie völlig unterschiedliche Ziele und politische Überzeugungen hatten. Und diese Werte waren gekennzeichnet von Menschlichkeit und von Demokratie“, sagt Andreas Künne.
Zudem richte die Ausstellung den Blick nach vorne und könne als Mahnung verstanden werden, merkt der Botschafter an:
„Ich glaube, dass wir heute in einer Zeit leben, in der die Demokratie von innen und von außen angegriffen wird. Es ist unsere eigene Verantwortung, diese Demokratie zu schützen und unsere Werte zu verteidigen. In diesem Sinne können uns die Schicksale der Menschen, die hier vorgestellt werden, auch inspirieren.“
Die Ausstellung wird im Übrigen schon zum dritten Mal gezeigt. Zuvor war sie in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin und im tschechischen Parlament zu sehen. Doch für das Goethe-Institut wurde sie neu bearbeitet.
„Erstmals ist sie in den beiden Sprachen gehalten, die meinem Empfinden nach für das Thema die natürliche Wahl sind: Tschechisch und Deutsch“, erläutert Historiker Uhlíř.
Die Ausstellung „Die tschechischen Opfer von Plötzensee“ im Prager Goethe-Institut läuft noch bis 30. April. Mehr zu dem Thema erfahren Sie in einem unserer nächsten Geschichtskapitel.