Die Türkei und die EU: Vier Ansichten aus Mitteleuropa

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"Die Türkei und die EU: Vier Ansichten aus Mitteleuropa", so der Titel einer Konferenz, die am Dienstag im Hotel Renaissance in Prag abgehalten wurde. Vertreter aus Tschechien, Deutschland, Österreich und Polen diskutierten dort gemeinsam über einen möglichen EU-Beitritt der Türkei. Von der Konferenz meldet sich Gerald Schubert:

In der Tschechischen Republik gibt es im Gegensatz zu Deutschland oder Österreich kaum eine türkische Minderheit, außerdem gehört Tschechien selbst zu den neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ein allfälliger EU-Beitritt der Türkei wird hierzulande daher vor einem ganz anderen Hintergrund diskutiert als in den deutschsprachigen Nachbarländern. Die Bevölkerung in vielen neuen EU-Mitgliedsländern sieht künftige Erweiterungen der Union eher als Fortsetzung der Vereinigung Europas und ihrer eigenen Integration in die europäische Wertegemeinschaft, wie diverse Meinungsumfragen zeigen.

Welche Perspektiven eröffnen die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, die Anfang Oktober offiziell aufgenommen wurden? Welche Ängste und welche Hoffnungen verbinden sich mit ihnen? Diesen Fragen ist die internationale Konferenz "Die Türkei und die EU: Vier Ansichten aus Mitteleuropa" nachgegangen, die von der sozialdemokratischen Friedrich Ebert Stiftung und vom tschechischen Institut für europäische Politik "Europeum" veranstaltet wurde.

Vier Ansichten, das bedeutet Ansichten aus Tschechien, Deutschland, Österreich und Polen. Experten aus diesen vier Ländern charakterisierten im Prager Hotel Renaissance die Grundzüge der Diskussion in ihren Ländern bzw. die Einschätzungen der Institutionen, die sie vertreten. So hat etwa Udo Steinbach, der Direktor des Deutschen Orient-Instituts, die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei als "visionäre" Entscheidung bezeichnet. Allerdings betonte er die Notwendigkeit einer tiefen Diskussion, denn so gut wie jedem Pro- stünde ein Contraargument entgegen. In dem Beitrittsprozess, der nach allgemeiner Einschätzung mindestens 10 Jahre dauern dürfte, sieht er aber große Chancen.

David Kral, der Direktor des tschechischen Instituts "Europeum", beschrieb in erster Linie die Haltung der politischen Parteien Tschechiens und wies darauf hin, dass hierzulande oft gerade jene Kräfte für einen EU-Beitritt der Türkei sind, die die weitere politische Integration der Union ablehnen und die EU eher als reine Wirtschaftsgemeinschaft sehen wollen.

Das Eingangsreferat hat übrigens Klaus Hänsch vom außenpolitischen Ausschuss des Europaparlaments gehalten. Für ihn steht im Vordergrund, dass die innere Struktur der EU durch einen Beitritt der Türkei nicht gefährdet werden darf. Das bedeutet, dass die Ratifizierung der Europäischen Verfassung für ihn unbedingte Voraussetzung wäre.


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