Die Zitterpartie

Jan Hamáček (Foto: ČTK)
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Die Sozialdemokraten und die Kommunisten machen die Bildung einer neuen tschechischen Regierung weiterhin spannend.

Jan Hamáček  (Foto: ČTK)
Mehr als sechs Monate nach der Parlamentswahl scheint ein mehrheitsfähiges Regierungsbündnis in greifbarer Nähe. Am Freitag billigte die Partei Ano sowohl den geplanten Koalitionsvertrag mit den Sozialdemokraten (ČSSD), als auch den Text für die Regierungserklärung.

Doch rund 19.000 ČSSD-Mitglieder haben es nun in der Hand. Sie sollen in einem Mitgliedervotum über das Schicksal der geplanten Regierungskoalition mit der Ano-Partei des Multimilliardärs Andrej Babiš entscheiden. Die Abstimmung beginnt am 21. Mai und endet am 14. Juni. Der sozialdemokratische Vorsitzende Jan Hamáček formulierte am Freitag die Frage, die man den Mitgliedern stellen möchte:

„Stimmen Sie damit überein, dass die Tschechische Sozialdemokratische Partei in eine Minderheitsregierung mit der Partei Ano eintritt, und das zu jenen Bedingungen, die in den folgenden Dokumenten genannt sind: in den Prinzipien über die Zusammenarbeit und in der Regierungserklärung.“

Andrej Babiš  (Foto: ČTK)
Das Ergebnis soll am 15. Juni vorliegen. Streitpunkt unter den Sozialdemokraten ist aber weiter, dass die Polizei gegen Andrej Babiš ermittelt. Es geht um mutmaßlichen EU-Subventionsbetrug. Die sozialdemokratische Parteiführung möchte nun zunächst das Prinzip der Unschuldsvermutung gelten lassen. Sollte der Ano-Gründer jedoch verurteilt werden, käme ein Passus in der Koalitionsvereinbarung zum Tragen. Dann treten die sozialdemokratischen Minister zurück – und mit ihr die gesamte Regierung, wie Ano-Vize Richard Brabec erläuterte:

„Falls die sozialdemokratischen Minister entscheiden, die Regierung zu verlassen, dann reichen – nach einer Frist von sieben Tagen – auch der Premier respektive die Ano-Minister seinen beziehungsweise ihren Rücktritt ein.“

Stanislav Grospič  (Foto: Tomáš Adamec,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Trotz dieses Notknopfes gilt der Ausgang der sozialdemokratischen Mitgliederbefragung als offen. Kritik besteht etwa auch am Zuschnitt des Regierungsprogramms sowie am Vorhaben, dass die Kommunisten der Minderheitsregierung zur notwendigen Mehrheit im Abgeordnetenhaus verhelfen sollen.

Und gerade das Parteipräsidium Letzterer hat am Wochenende zu diesem Thema getagt. Plötzlich ist aber ein neues Problem in der Welt. Denn die Kommunisten wollen nicht Steigbügelhalter sein für ein Kabinett, das die Auslandseinsätze der tschechischen Armee im Rahmen der Nato ausweitet.

„Wir denken, dass Tschechien bereits jetzt seinen internationalen Verpflichtungen in dem Bereich zur Genüge nachkommt. Wir haben aber grundlegende Probleme zum Beispiel mit der Mission in den baltischen Staaten. Dafür sollten keine zusätzlichen Soldaten gestellt werden“, so der kommunistische Parteivize Stanislav Grospič.

Foto: Stanislav Polnar,  Archiv der tschechischen Armee
Und auch die Teilhabe an den Nato-Missionen in Afghanistan und im Irak sollte nicht ausgeweitet werden, hieß es. Man könne nur Missionen unter dem Mandat des UN-Sicherheitsrates zustimmen.

Bei den möglichen künftigen Koalitionären zeigte man sich sehr überrascht über die Forderung. So sagte der sozialdemokratische Parteivize Martin Netolický in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Dann muss man sich vielleicht die Frage stellen, ob Tschechien der Nato überhaupt angehören will – und damit einer Verteidigungspolitik, die Einfluss auf den Weltfrieden hat. Es ist aber Sache der Partei Ano, die Kommunisten von ihren radikalen Vorstellungen abzubringen.“

Die Sozialdemokraten sind laut Netolický nur Juniorpartner in der geplanten Koalition. Allein die Partei Ano und die Kommunisten sollten vertraglich regeln, unter welchen Bedingungen das künftige Kabinett toleriert wird.