Direktor des Regierungsamts in Prag nach Protesten zurückgetreten
Noch verbleiben einige Stunden bis zur Vertrauensfrage der altneuen Regierungskoalition, doch schon hat sie ihre ersten Skandale hinter sich. Der erste: der neue Chef des Regierungsamtes Pavel Pribyl war im Jahre 1989 Leiter einer Polizeieinheit, die zur gewaltsamen Auflösung von Demonstrationen eingesetzt wurde. Erst auf Druck der Öffentlichkeit ist er am Freitag zurückgetreten. Und zweitens: Nur einen Tag nach seinem Rücktritt repräsentiert Pribyl die tschechische Regierung bei den Olympischen Spielen in Athen. Dagmar Keberlova berichtet.
"Er ist bestimmt auch ein Schritt dazu, dass sich die Situation beruhigt. Ich glaube, dass es nicht notwendig ist, das jetzt weiter zu kommentieren."
Seine Koalitionspartner, die Christdemokraten und die Freiheitsunion, haben sich dagegen über Pribyls Rücktritt gefreut. Der Chef der Christdemokraten, Miroslav Kalousek, äußerte hierzu:
"Wir halten an unserer langjährigen Position fest, dass ehemalige aktive Helfer des kommunistischen Regimes - sei es mit einem Knüppel oder mit dem Kugelschreiber in der Hand - in der Staatsverwaltung keine hohen Posten einnehmen und auch den Staat nicht repräsentieren sollten. Im Zusammenhang mit diesem langjährigen Standpunkt habe ich den Rücktritt Herrn Pribyls begrüßt."Als unmittelbarer Anlass seines Rücktritts diente Pribyl erst die Tatsache, dass er neue Informationen über die Einheit erfahren habe, die er damals geleitet hat. Aus diesen Informationen ging hervor, dass zwei seiner damaligen Angestellten Demonstranten geprügelt hatten. Pribyl hatte zuvor seinen Rücktritt mit dem Argument abgelehnt, persönlich habe er 1989 keine Regimegegner geschlagen. Die Prager Zeitung "Lidove noviny" hatte diese Auffasung am Freitag mit der Ausrede eines Aufsehers im früheren KZ Theresienstadt verglichen, der Juden "nur deportiert, aber nicht persönlich getötet" habe. In den vergangenen Tagen hatten hunderte Menschen vor dem Amtssitz des Regierungschefs gegen Pribyl demonstriert. Dessen Abberufung begrüßte deren Sprecher, der Regisseur Bretislav Rychlik, der die Petition zu Pribyls Rücktritt initiiert hatte:
"Als man von Seiten der Regierung an Pribyl festgehalten hat und das Maß an Peinlichkeit - wie wir jeden Tag in den Zeitungen beobachten konnten - seinen Höhepunkt erreichte, dachte ich mir, dass sie sowieso schon verloren haben. Ich glaube, dass die Geschichte weitergehen sollte, damit die Politiker beginnen aufzupassen, was sie uns in der Demokratie vorlegen. Das einige Dinge einfach unverdaulich sind."
Rychlik hält dies für einen eindeutigen Sieg der Demokratie. Auch der Ex-Präsident und frühere Dissident Vaclav Havel hatte die Ernennung in einem Offenen Brief an Gross "ein Verlachen" jener genannt, die 1989 zum Sturz des totalitären CSSR-Regimes beigetragen hätten.