Diskussion über Atomkraft: in Tschechien nicht offiziell, aber die Menschen sind besorgt

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Erst das Erdbeben, dann der Tsunami und jetzt droht eine nukleare Katastrophe. Die Lage in Japan beschäftigt die ganze Welt und daher natürlich auch die Menschen in Tschechien. Das tschechische Rote Kreuz, die tschechische Heilsarmee und die Hilfsorganisation ADRA haben Spendenkonten eingerichtet. Seit Samstag sind auch tschechische Hilfsteams in den Katastrophengebieten rund um die Stadt Sendai im Einsatz. All dies ist wie gehabt bei vergleichbaren Naturkatastrophen von Haiti bis Südostasien. Nun kommt aber noch die Diskussion um die nukleare Sicherheit hinzu. In Deutschland und Österreich ist sie im vollen Gange. Wie sind aber die Reaktionen in Tschechien?

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Der tschechische Premier Necas ist ein ausgesprochener Befürworter der Atomkraft. Nach dem EU-Gipfel zu Energie im Februar hatte er verkündet, dass Zeit sei für eine Renaissance der nuklearen Energie. Während aus Deutschland am Montag laut wurde, dass die Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke überdacht werden könnte, hat sich in Tschechien bisher noch kein Politiker offiziell zu Fragen der Reaktorsicherheit geäußert. Das ist Fachleuten vorbehalten wie Dana Drábová, der Leiterin des tschechischen Amtes für atomare Sicherheit. Gegenüber den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte sie:

„Falls es gelingt, die schwer beschädigten Reaktoren in Japan in einem stabilisierten Zustand zu halten und sie die Umgebung nicht stark bedrohen, dann wird sich zeigen, dass Atomkraftwerke unglaubliche Dinge aushalten und mit großen Reserven geplant wurden. Das aber nur, wenn sich dort die Lage nicht verschlechtert, was wir aber in diesem Moment nicht mit Wahrscheinlichkeit sagen können.“

Für eine Atomtechnikerin und klare Befürworterin der Atomkraft sind dies Sätze mit erstaunlich vielen Wenns und Abers. Bei den tschechischen Kernkraftwerken Temelín und Dukovany sieht Drábová indes keinen Grund zu Beunruhigung. Zum einen wegen der geringen Gefahr von Erdbeben hierzulande, und zum anderen seien sie besser als die japanischen gegen einen möglichen Ausfall der Energiezufuhr geschützt.

Fragt man aber die Menschen auf den Straßen Prags, dann ist da doch eine Beunruhigung zu spüren. Auch wegen der Erfahrungen mit dem GAU im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl vor knapp 25 Jahren:

„Niemand kennt die Folgen, falls es zu einer Katastrophe käme. Letztlich ist Tschernobyl der Beweis dafür, wie ich mich erinnere“, so eine ältere Frau.

Eine jüngere Frau fügt hinzu:

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„Ich muss bekennen, dass ich die Atomenergie in gewissem Sinn für sicher halte. In Japan ist sie technologisch auf dem höchsten Stand, auch wenn ich verstehe, dass etwas passieren kann bei solch einer Katastrophe. Aber hier in Tschechien habe ich kein Vertrauen.“

Beide Frauen versichern, dass sie gegen den geplanten Ausbau des Atomkraftwerks Temelín seien.

Haben die Menschen in Prag denn Angst vor der atomaren Strahlung aus Japan? In der kleinen, nicht repräsentativen Straßenumfrage sehen es alle im Prinzip so:

„Meiner Meinung nach kann das überhaupt nicht hierher gelangen“, so ein Mann mittleren Alters.