Bleibt AKW Dukovany bis 2045 in Betrieb?
Die tschechische Regierung will eigentlich mehr Atomenergie im Land, auch weil dann vielleicht Kohlekraftwerke abgeschaltet werden können. Geplant ist daher der Bau neuer Reaktorblöcke in den Kernkraftwerken Dukovany und Temelín. Doch seit Jahren ist die Frage offen, wie diese Neubauten denn finanziert werden sollen. Nun versucht das Kabinett weitere Zeit gewinnen.
In Prag stehen sie eigentlich schon Schlange. Sechs Unternehmen unterschiedlicher Herkunft bieten jeweils an, die geplanten neuen Reaktorblöcke in Tschechien zu bauen. Es sind Firmen aus Russland, den USA, China, Frankreich, Japan und Südkorea. Doch die tschechische Regierung hat über den Neubau noch nicht entschieden. Immer noch nicht, muss man sagen.
Denn die Pläne bestehen seit vielen Jahren. Unklar ist aber: Wie soll das finanziert werden? dabei drängt die Zeit, denn 2035 soll eigentlich mit dem AKW Dukovany eines der beiden tschechischen Kernkraftwerke abgeschaltet werden. Industrieministerin Marta Nováková (parteilos) sieht indes derzeit noch keine Lösung. Deswegen kam das Problem bei der letzten Regierungssitzung auf den Tisch. Premier Andrej Babiš (Partei Ano) sagte danach, eine Alternative wäre, die Laufzeit von Dukovany um zehn Jahre zu verlängern. Der Meiler wäre dann bis 2045 am Netz:
„Die Kosten dafür liegen bei nur 20 Milliarden Kronen. Für einen neuen Reaktorblock würde aber das Zehnfache anfallen. Wir müssen daher alle Möglichkeiten abwägen.“Dukovany ging 1985 ans Netz und hat noch sowjetische Reaktortechnik. Umweltschützer im In- und Ausland zählen das AKW daher zu den gefährlichsten in Europa.
Auch die Chefin des Amtes für Reaktorsicherheit in Tschechien, Dana Drábová, hat Bedenken geäußert. In den USA seien zum Beispiel 60 Jahre Laufzeit ermöglicht worden, dennoch würden die Reaktoren vom Netz genommen, sagte sie der Zeitung „Hospodářské noviny“. Und gegenüber dem Tschechischen Rundfunk betonte Drábová, dass der Staat keine zehn Jahre mehr warten dürfe:
„Zu hoffen, man könnte sich einen Puffer von weiteren zehn Jahren einkaufen, löst das Problem nicht. Die einzige Chance besteht vielleicht darin, dass man auf weitere Reaktorblöcke verzichten könnte, weil sich die Energieproduktion zwischenzeitlich vielleicht weiterentwickelt hat. Das weiß aber niemand.“
Das „Problem“, wie es Drábová nennt, besteht seit 2014. Damals forderte der teilstaatliche Energiekonzern ČEZ von der Politik Preisgarantien für Reaktorneubauten. Angesichts fallender Strompreise wollte die damalige Regierung diese Garantien aber nicht geben. Deswegen wurde die Ausschreibung für die neuen Reaktorblöcke wieder eingezogen.
Der Neubau gehört aber weiter zum Energiekonzept in Tschechien. Und Premier Babiš wollte auch bis Ende des Jahres für Klarheit sorgen. Dass dies nun anders sein könnte, hat Präsident Miloš Zeman regelrecht geschockt. Das Staatsoberhaupt ist ein großer Anhänger des Bauvorhabens. Und vor kurzem hatte Zeman auch Ministerin Nováková zu Beratungen darüber auf die Prager Burg geladen.
„Bei den Beratungen wurde klar die Überzeugung ausgedrückt, dass noch bis Ende des Jahres eine Entscheidung über den Bau der Reaktorblöcke fällt. Da muss man Frau Nováková fragen, warum sie ihre Meinung geändert hat“, teilte Jiří Ovčáček mit, der Sprecher des Präsidenten.Die Ministerin äußerte sich vergangene Woche in einem Interview für die Agentur Bloomberg. Demnach arbeiten Juristen derzeit an einer Lösung, um die Risiken eines Neubaus für ČEZ und für den tschechischen Staat zu reduzieren. Dazu brauche man aber zusätzliche Zeit, machte Nováková deutlich. Zugleich stützte sie die offiziellen energiepolitischen Ziele. Demnach ist es für Tschechien nur möglich, die Klimavorgaben einzuhalten, wenn weiterhin auch auf Atomkraft gesetzt wird.