Dissident Pavel Wonka nach 30 Jahren rehabilitiert

Pavel Wonka (Foto: Archiv von Jiří Wonka)

Der Dissident Pavel Wonka war der letzte politische Häftling, der zu Zeiten des kommunistischen Regimes im Gefängnis starb. Ein Gericht im ostböhmischen Náchod hat nun Wonka für die politische Haft vom April 1988 rehabilitiert.

Pavel Wonka  (Foto: Archiv von Jiří Wonka)

Beerdigung Wonkas in Vrchlabí  (Foto: Post Bellum)
Pavel Wonka wurde am 23. Januar 1953 im nordböhmischen Vrchlabí / Hohenelbe geboren. Zwar war ihm nicht möglich, Jura zu studieren. Doch umso mehr beschäftigte er sich als Laie mit den Gesetzen. Bald schon wurde er „Anwalt der Armen“ genannt, weil er Menschen im Kampf gegen die staatliche Maschinerie half. Dabei kritisierte er offen die Verletzung damals geltenden Rechts durch die Behörden. Dafür wurde er insgesamt dreimal mit Gefängnis bestraft. Beim dritten Mal starb er am 26. April 1988 in der Haft in Hradec Králové / Königgrätz. Petr Blažek ist Historiker am Institut für das Studium totalitärer Regimes:

„Damals wurde Wonka dafür verurteilt, dass er die Auflagen der Schutzaufsicht nicht eingehalten hatte. Die Schutzaufsicht war ein Mittel, mit dem das kommunistische Regime die Dissidenten schikaniert hat. Nach der Freilassung aus dem Gefängnis musste sich der Regimekritiker beispielsweise jeden Tag bei einer der Staatssicherheits-Stellen melden.“

Petr Blažek  (Foto: Jindřich Nosek,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0)
Wonka war 1986 dafür verurteilt worden, dass er als unabhängiger Kandidat an den Wahlen zur Föderalversammlung, also zum Parlament teilnehmen wollte. Er lehnte das Urteil ab und wollte sich darum auch der Schutzaufsicht nicht fügen. Der Historiker Blažek hält es für paradox, dass Wonka am 5. April 1988 in jenem Moment verhaftet wurde, als er sich gerade bei einer Militärbehörde um die Papiere für eine geplante Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland kümmerte.

„Am 20. April 1988 wurde Wonka von der Richterin des Bezirksgerichts in Trutnov, Marcela Horváthová, zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt. Wonka legte gleich Berufung gegen das Urteil ein. Die Berufung wurde nicht mehr verhandelt, weil Wonka nach sechs Tagen in Haft unter nicht geklärten Umständen starb. Die Todesursache war höchstwahrscheinlich Organversagen. Das hing offensichtlich mit den Hungerstreiks zusammen, die er zuvor gehalten hatte. Vor allem aber starb er auch wegen der erschütternden Bedingungen in dem Gefängnis, so wurde er von Mitgefangenen vermutlich auch sexuell missbraucht.“

Diesen Mittwoch entschied das Bezirksgericht in Náchod, dass das Urteil vom April 1988 genauso wie die Haft gesetzwidrig gewesen war. Petr Blažek:

Jiří Wonka  (Foto: Archiv Paměť národa)
„Es ist unerklärlich, dass Marcela Horváthová, die Wonka gesetzwidrig verurteilt hat, bis heute als Richterin bei demselben Gericht arbeitet. Die Justiz steht auch weiterhin unter dem Einfluss kommunistischer Richter. Denn wer von den früheren Richtern nicht selbst gegangen ist, arbeitet auch weiterhin in der Justiz. Dies gilt genauso für Richterin Horváthová. Sie hat auf die Aufforderungen zum Rücktritt nie reagiert. Stattdessen ist sie auf ihrem Posten wiederholt bestätigt worden.“

Pavel Wonkas Bruder Jiří hat sich 30 Jahre lang darum bemüht, dass er selbst, sein Bruder Pavel und auch ihre Mutter rehabilitiert werden. Das jüngste Urteil ist für ihn eine Genugtuung. Petr Blažek kritisiert jedoch die Art, wie die Rehabilitierung verlaufen ist.

„Das eigentlich zuständige Gericht, an dem Marcela Horváthová immer noch als Richterin arbeitet, hat sich für voreingenommen erklärt. Alle ihre Kollegen behaupteten, sie seien nicht imstande, in dem Rehabilitierungsfall eine Entscheidung zu treffen. Dies zeugt davon, dass die Bewältigung der kommunistischen Vergangenheit bei Weitem nicht erfolgreich war.“