Domplatz von Olmütz: Die historische Keimzelle der Stadt
Olomouc / Olmütz war seit jeher eine der bedeutendsten Königsstädte in den böhmischen Ländern. Bereits im frühen Mittelalter wurde am Ufer des Flusses March ein Fürstensitz gegründet, der sich bald auch zum Zentrum der kirchlichen Macht entwickelte.
Am Rande des Stadtzentrums befinden sich die ältesten Bauten von Olmütz: die ehemalige Přemysliden-Burg mit der St.-Wenzels-Kathedrale. Von der Bedeutung und Macht dieser Burg ist heute nur noch wenig zu sehen. Im Laufe der Zeit wich sie kirchlichen Bauten und wurde zum Bedarf der Kirche umgebaut. Der bedeutendste Teil der Burg ist heute der gotische St.-Wenzels-Dom und der teilweise erhaltene romanische Palast mit seinen architektonisch wertvollen Fenstern. Von der Nord- und Nordostseite wirkt die Burg aber weiter monumental: Auf einem Felsen erheben sich die steinernen Burgmauern, Überreste des romanischen Palastes, ein gotischer Erker und ein runder Turm. Jana Knápková bietet auf Deutsch Führungen durch die Stadt an und sagt:
„Wir befinden uns auf dem Václavské náměstí, dem Wenzelsplatz. Es ist hier aber wesentlich ruhiger als auf dem Wenzelsplatz in Prag. Wir stehen direkt vor der Olmützer Kathedrale beziehungsweise dem Olmützer Dom, der dem heiligen Wenzel geweiht ist.“
Ein schicksalsträchtiger Mord
Olomouc / Olmütz war schon immer eines der Zentren des böhmischen Staates. Ein wichtiges Ereignis gab es dabei in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts, als der böhmische Fürst Oldřich Mähren an den Přemyslidenstaat anschloss. Sein Sohn Břetislav, der erste mährische Fürst, ließ sich in Olmütz nieder. Auf dem Hügel, der später Wenzelsberg genannt wurde, entstand die fürstliche Burg. Sie wurde erstmals 1055 vom Chronisten Kosmas erwähnt. Jana Knápková fährt fort:
„Heute ist hier das Erzdiözesanmuseum untergebracht, früher aber war es eine Přemysliden-Burg. Die jüngeren Söhne aus der PřemyslidenDynastie bekamen ihre Teilfürstentümer hier in Mähren: das Olmützer, das Znaimer und das Brünner. Der Sitz des Olmützer Teilfürstentums war hier.“
Am 4. August 1306 ging die Burg von Olmütz in die tschechische Geschichte ein:
„Hier ist im Jahr 1306 etwas Wichtiges passiert: Der letzte Přemyslide, Wenzel III., wurde in dieser Burg ermordet. Er war damals auf einer Reise nach Polen. Angeblich nach einem Mittagsschlaf überfiel ihn eine unbekannte Person und erstach ihn.“
Wenzel III. wurde in der Kathedrale beigesetzt, 1326 wurde sein Leichnam in die Grabstätte der Přemysliden in der Stiftskirche Zbraslav / Königsaal bei Prag überführt. Das Jahr 1306, in dem das tschechische Herrschergeschlecht der Přemysliden in männlicher Linie ausstarb, wird hierzulande jedem Kind in der Schule ins Gedächtnis eingebrannt. Durch die Heirat von Wenzels Schwester Elisabeth mit Johann von Luxemburg im Jahre 1310 bestiegen die Luxemburger den Thron in Böhmen.
Der romanische Palast von Bischof Zdík
Zurück aber von der weltlichen Macht zur kirchlichen Geschichte des ursprünglichen Zentrums von Olmütz. 1063 wurde dort das mährische Bistum gegründet, dieses wurde übrigens 1777 zum Erzbistum erhoben. Zwischen 1126 und 1150 bekleidete Jindřich Zdík das Amt des Bischofs, ein geschickter Politiker und Diplomat. Er ließ die romanische St.-Wenzels-Kathedrale erbauen. Außerdem richtete er in der Nähe der Kathedrale ein Kapitel ein und baute einen prächtigen und repräsentativen Palast. Manches davon ist bis heute erhalten geblieben:
„In der Ecke zwischen der Kathedrale und dem Museum steht der wohl älteste Bau von Olmütz. Es ist das romanische Zdík-Palais, also das Bischofspalais aus dem 12. Jahrhundert. Man kann hier zwei schöne romanische gekuppelte Fenster sehen.“
Neben dem Zdík-Palais betritt man den Dom. Eine Skulptur des heiligen Wenzel mit der fürstlichen Krone an der Fassade macht jedem klar, wem das Gotteshaus geweiht ist.
„Die Kathedrale ist heute gotisch und teilweise neugotisch. Aber die Ursprünge der Kathedrale reichen in das 12. Jahrhundert zurück. Damals entstand hier eine romanische Kirche. Und im Laufe der Jahrhunderte wurde sie mehrmals umgebaut.“
Eine Gedenktafel am Eingang erinnert an den Besuch von Papst Johannes Paul II. in Olmütz im Jahr 1995:
„Der Papst hat damals einen Olmützer Priester heiliggesprochen, nämlich Johannes Sarkander. Dieser Johannes Sarkander wurde 1620 in Olmütz festgenommen und unter Folter verhört. Die Geschichte ist ziemlich kompliziert, aber, vereinfacht gesagt, ging es um das Beichtgeheimnis. Man verlangte von ihm, dass er dieses bricht und die Inhalte der Beichte eines Adeligen aus der Familie Lobkowitz bekanntgibt. Der Priester weigerte sich und wurde deswegen zu Tode gefoltert. Beim päpstlichen Besuch hier wurde Johannes Sarkander heiliggesprochen.“
Im Wenzelsdom
Der Dom ist heute eine dreischiffige Hallenkirche. Sie erhielt Ende des 19. Jahrhunderts ihr heutiges, vorwiegend neugotisches Erscheinungsbild. Die Führung geht im Inneren weiter:
„Man sieht, dass das wirklich ein imposanter Bau ist. Mit dieser Kirche ist eine ganze Reihe von Bischöfen und Erzbischöfen verbunden. Manche von ihnen sind in der hiesigen Gruft bestattet, die zweistöckig ist.“
In der Krypta befinden sich die Gräber unter anderem von Franz von Dietrichstein, Karl II. von Liechtenstein-Castelcorn und Maria Thaddäus Trauttmansdorff. Der Nachfolger der Letztgenannten, Rudolf Johann Erzherzog von Habsburg, war von 1819 bis 1831 Erzbischof von Olmütz und anschließend Kardinal. Er war Sohn des späteren Kaisers Leopold II.:
„Rudolf Johann gehörte zur engsten Habsburger Familie und sollte nach seinem Tode in der Kaisergruft in Wien bestattet werden. Damals gab es den Brauch, dass das Herz nach dem Tod aus dem Körper genommen und in der Wiener Augustinerkirche bestattet wurde. Dieser Erzherzog hatte jedoch den Wunsch, dass sein Herz nach seinem Tod in Olmütz bleibt. Und tatsächlich befindet sich an der Wand der Gruft eine Tafel mit dem lateinischen Wort cor, also Herz, und dort wurde das Herz dieses Habsburgers bestattet. Erzherzog Rudolf Johann war auch ein guter Freund von Beethoven, er unterstütze ihn sein ganzes Leben lang auch finanziell. Beethoven hat für ihn mehrere Kompositionen geschrieben, die berühmteste davon ist die Missa solemnis, die zu Rudolfs Amtseinführung als Erzbischof von Olmütz komponiert wurde.“
Der heilige Johannes Sarkander
Im Dom erinnert Jana Knápková noch einmal an den heiligen Johannes Sarkander. An einem der Pfeiler fällt einem ein herrliches goldenes Reliquiar ins Auge:
„Es ist ein goldener Schrein mit den sterblichen Überresten von Johannes Sarkander. Er starb hier in Olmütz an den Folgen der Folter. Seine Reliquien befinden sich in diesem Schrein, unten der Körper und in einem Türmchen sein Schädel. Sarkander wurde in Skoczów, also im heutigen Polen, geboren. Viele polnische Touristen kommen daher hierher, um die Grabstätte zu besuchen. Sie betrachten Olmütz als Pilgerstätte.“
Im Innern der Kathedrale befänden sich viele Besonderheiten und Schätze, betont Knápková:
„Ich möchte auf vier Figuren am Hauptaltar hinweisen. Es sind vier Renaissance-Statuen aus Carrara-Marmor, die in Rom von der Basilika Santa Maria Maggiore für die Olmützer Diözese gekauft wurden. Die Diözese hat auch eine große Schatzkammer. Die wertvollsten Schätze kann man im Erzdiözesanmuseum sehen, aber auch hier in den Vitrinen im Presbyterium sind einige Monstranzen und Reliquiare ausgestellt.“
Soweit also unser Besuch im Wenzelsdom in Olmütz. Zum Abschied noch ein Blick von außen. Die Kathedrale mit ihren drei Türmen gehört untrennbar zum Panorama der Stadt. Von vorne ist es zwar kaum zu erkennen, aber wenn man von der Seite schaut und sich von der Kirche etwas entfernt, sieht man, dass der Südturm wesentlich höher ist als die beiden Türme an der Stirnwand:
„Diese Kirche ist die zweithöchste Kirche Tschechiens. Der höchste Turm ist 100,65 Meter hoch.“
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