Ein Besuch am Rande: EU-Präsident Herman van Rompuy in Prag
Der Präsident des Europäischen Rates Herman van Rompuy ist zu einem Arbeitsbesuch in Prag. Auf seinem Programm standen Treffen mit Premier Nečas und mit Präsident Klaus. Eigentlich sollte viel über den neuen europäischen Pakt für Wettbewerbsfähigkeit gesprochen werden. Die dramatische Situation in Libyen, der Krieg des Gaddafi-Regimes gegen das eigene Volk forderte aber Stellungnahmen der Politiker. In kürze wird sich möglicherweise auch die EU zu Sanktionen gegenüber Libyen durchringen.
„Wir sind davon überzeugt, dass das Regime schnellstens einen Dialog mit den Bürgern des eigenen Landes aufnehmen und die Gewalt sofort stoppen muss.“
Auch beim Thema Weißrussland war man sich in den Grundzügen einig. Nečas sprach sich für eine Unterstützung der demokratischen Kräfte in Weißrussland aus, und auch van Rompuy forderte einen „neuen Impuls“ für die östliche Partnerschaft, für die vor zwei Jahren in Prag der Grundstein gelegt worden sei.
Der eigentliche Grund für den Besuch des EU-Präsidenten in Prag war jedoch der deutsch-französische Vorstoß im Sinne eines „Paktes für Wettbewerbsfähigkeit“, den Rompuy in Prag erläutern sollte. Der Wettbewerbspakt ist Teil der Überlegungen zur langfristigen Stabilisierung der Euro-Zone. Er sieht vor, die Mechanismen zur Lohnfindung anzugleichen, das Renteneintrittsalter abzustimmen oder gemeinsame Korridore für die Höhe der Mehrwert- und der Unternehmenssteuern zu finden.
Nach deutschen Vorstellungen soll der Pakt auch EU-Staaten offen stehen, die noch nicht zur Euro-Zone gehören. Gesprochen wird von einer „Gruppe 17 plus“. Schon vor dem Treffen mit Rompuy hatte Nečas Verständnis dafür geäußert, dass Deutschland und Frankreich nicht unendlich für die Schulden der anderen Mitgliedsländer aufkommen wollten und Sicherheiten forderten. Auch einzelnen Maßnahmen stehe man positiv gegenüber, so Nečas nach den Gesprächen:
„Eine ganze Reihe der Vorschläge ist uns sympathisch. Wir wollen sie auch auf nationaler Ebene umsetzen, und zwar unabhängig davon, ob es eine Einigung auf europäischer Ebene geben wird.“Worauf man sich auf keinen Fall einigen werde, sei eine Vereinheitlichung der Unternehmenssteuer. Das würde Tschechien vielmehr in seiner Wettbewerbsfähigkeit behindern, so Nečas. Dem Wettbewerbspakt beizutreten, habe Tschechien nicht vor, auch wenn das Interesse an einem stabilen Euro groß sei.
Der zweite Termin in Prag galt Präsident Klaus, der Herman van Rompuy auf der Burg empfing. Schon beim ersten Treffen der beiden Politiker war es kühl zugegangen. Er halte van Rompuy für einen „hohen EU-Amtsträger, mit dem er kaum eine übereinstimmende Sichtweise in Fragen der Europäischen Union“ haben könne, hatte Klaus ein Jahr zuvor vor Journalisten gesagt.Viel Neues war also vom Treffen am Mittwochmittag nicht zu erwarten. Während des Gesprächs von Klaus und Rompuy hatte sich jedoch eine Gruppe von rund 40 Demonstranten eingefunden. Sie verkündeten durch Herman-Go-Home-Rufe, dass der EU-Präsidenten van Rompuy in Prag nicht willkommen sei. Die Demonstranten gehörten – und das ist das Pikante - der Partei der freien Bürger an, deren Vorsitzender ein enger Vertrauter von Präsident Klaus ist: Petr Mach.
„Wir protestieren hier dagegen, dass uns Herman von Rompuy seinen so genannten Pakt für Wettbewerbsfähigkeit aufzwingt, der im Wesentlichen ein deutsch-französisches Projekt ist, das die beiden Länder in ganz Europa durchsetzen wollen. Schon zum wiederholten Mal versuchen sie, die Unternehmenssteuer in ganz Europa zu vereinheitlichen. Dieses Mal reden sie sich mit der griechischen Schuldenkrise heraus, aber das sind nur immer wieder neue Versuche, alles in der Europäischen Union zu vereinheitlichen – und dazu sagen wir nein.“
Einer ähnlichen „Würdigung“ des Präsidenten des Europäischen Rates Herman van Rompuy gab Präsident Klaus auch dadurch Ausdruck, dass das Treffen zwischen zwei andere Termine geklemmt und ihm auf seiner stets aktuellen Webseite nur einen Satz wert war.