Ein Deutscher für alle Fälle

David Rath auf dem Titelblatt des Reflex-Wochenmagazins
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Man benutzt sie in Deutschland und man benutzt sie ebenso gerne in Tschechien: Nazi-Vergleiche. Es gibt nichts, was im politischen Konflikt, im Wortgefecht schneller und effektiver wirkt, als ein hingespucktes „Du Faschist!“. Besonders im Wahlkampf greift man immer wieder gerne in die kleine Nazi-Trickkiste.

Die namhaften Gesichter der beiden großen Volksparteien nehmen sich eigentlich nicht viel, was die Vorliebe für Nazi-Analogien betrifft. 2003 bezeichnete der Bürgerdemokrat Mirek Topolánek die Wahlversprechen der Sozialdemokraten im Handumdrehen als „Auschwitzlüge“. Seinen eigenen widerspenstigen Parteigenossen versprach Topolánek sogar mal eine reinigende „Nacht der langen Messer“.

Mirek Topolánek
Auch die Sozialdemokraten haben die Blitz-Wirkung von Nazi-Vergleichen schnell erfasst. Wie vor ein paar Tagen gerade erst geschehen. Bei einem Wahlkampf-Auftritt trafen die Sozialdemokraten – wie üblich – auf junge Parteigegner, die ihnen das Leben schwer machen. Einer dieser Aktivisten trug ein Transparent, auf dem zu lesen war: „Ich heiße Jiří Paroubek, und bald bin ich der erste Präsident Tschechiens, der erschossen wird“. Zugegeben, ein völlig überflüssiger Spruch, der ein paar Fanatiker tatsächlich auf die Idee bringen könnte, den Sozialdemokraten-Chef ins Jenseits zu befördern. Kein Spaß also. Man kann verstehen, dass die tschechischen Sozialdemokraten langsam aber sicher verzweifeln. Denn die Jugend in diesem Land hasst in der politischen Landschaft nichts so sehr wie die Soz.-dem.

David Rath auf dem Titelblatt des Reflex-Wochenmagazins
Aber die Antwort David Raths, des mittelböhmischen Kreishauptmannes, auf das Transparent war auch nicht gerade ein Geistesblitz: Sie seien Faschisten und stachelten zur Gewalt auf; auf diese Weise seien die Sozialdemokraten früher „von den Deutschen“ behandelt worden. „Von den Deutschen“, sagte er und meinte wohl vor allem: von den Nazis. (Seinen deutschen Parteigenossen von der SPD indes dürfte diese Unschärfe nicht sonderlich gefallen.) Aber dem Rath'schen Unterbewusstsein war sicher klar: Jetzt schlag ich zwei Fliegen mit einer Klappe. Es bleibt in diesem Land wohl noch eine Weile so: Ein Deutscher für alle Fälle kann nie schaden.