Ein großartiger Schriftsteller im Mittelpunkt – und ein Spitzen-Ökonom in Linz

Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums Wien

Beim Tschechischen Zentrum in Wien steht zu Beginn des kommenden Jahres ein großer Autor des 20. Jahrhunderts im Mittelpunkt: Bohumil Hrabal. Aber es ist auch noch Weiteres geboten, wie der Leiter des Zentrums, Martin Krafl, im Interview schildert.

Ausstellung Via Hrabal  (Foto: Tomáš Mazal,  Václav Špale)
Herr Krafl, das Jahr 2014 steht vor der Tür. Und da hat einer der größten tschechischen Schriftsteller sein Jubiläum: Bohumil Hrabal wäre 100 Jahre geworden. Erste Veranstaltung ist eine Ausstellung, die aber nicht in Wien, sondern in Salzburg aufgebaut wird. Was wird dort zu sehen sein?

„Die Ausstellung, die wir für Salzburg vorbereitet haben, heißt Via Hrabal. Sie konzentriert sich auf das Leben und das Werk des Autors – und zwar in Fotografien, Collagen, Illustrationen und Plakaten. Dabei werden die Genres kombiniert. Gezeigt werden einerseits Fotos, auf denen Bohumil Hrabal in verschiedenen Lebensabschnitten festgehalten ist. Andererseits sind wenig bekannte Collagen aus den 1950er Jahren und von tschechischen Grafikkünstlern entworfene Illustrationen sowie Einbände seiner Bücher zu sehen. Dazu kommen noch Grafik-Serien von Vladimír Boudník und eine Auswahl von Film- und Theaterplakaten. Und diese ganze Werkschau wird zur Vernissage am 9. Januar um eine multimediale Präsentation ergänzt. Es ist eine Inszenierung in Form einer Sendung, die das Leben des Autors näherbringt und die Poetik seines Schaffens auf verständliche und fesselnde Weise wiedergibt.“

Ausstellung ‚Hrabal im Visier‘  (Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums Wien)
Sie zeigen aber auch noch eine weitere Ausstellung zu Hrabal…

„Wir haben in der ersten Hälfte des kommenden Jahres eine Programmreihe mit dem Titel ‚Hrabal im Visier‘. Anlässlich dieser Reihe wird dann eine zweite Ausstellung gezeigt, und zwar im Tschechischen Zentrum Wien, in der Galerie in der Herrengasse. Der Titel lautet ‚Bohumil Hrabals magische Welt‘. Es handelt sich dabei um Schwarz-Weiß-Fotografien von Ladislav Michálek. Er hat seit den 1970er Jahren den Schriftsteller dokumentiert, besonders seine Umgebung und die Welt, die er literarisch verarbeitet hat. Michálek hat also nicht nur Hrabals Heimatbezirk Prag-Libeň auf den Aufnahmen festgehalten, sondern den Schriftsteller auch regelmäßig porträtiert – dieser bezeichnete ihn daher als seinen ‚Hoffotografen‘. Die Aufnahmen Micháleks wirken durch Lichteffekte und Komposition, auf ihnen ist Hrabal in unterschiedlichsten Situationen eingefangen: zum Beispiel in seiner Ferienhütte in Kersko, beim Pilzsammeln oder beim Zugfahren. Der Schriftsteller ist des Weiteren bei seiner Feier zum 80. Geburtstag zu sehen oder bei Ausstellungen seines Freundes Boudník, dem Hrabal auch mehrfach literarisch ein Denkmal gesetzt hat.“

Das Hrabal-Gedenken ist allerdings nicht nur auf Ausstellungen beschränkt. Sondern es gibt zum Beispiel auch ein Theaterstück zu sehen und einen Film. Vielleicht können Sie zu beidem ein bisschen etwas sagen…

„Das Tschechische Zentrum wird eine österreichische Erstaufführung und Eigenproduktion des Wiener Theaters Brett unterstützen. Es handelt sich um das Stück ‚Tanzstunden für Ältere und Fortgeschrittene‘ nach Bohumil Hrabals gleichlautender Erzählung. Die Dramatisierung hat Ivo Krobot geleitet. Der Regisseur hat zuvor schon weitere Werke von Hrabal zu Theaterstücken verarbeitet und diese dann erfolgreich auf Bühnen in Tschechien, Ungarn und Polen gebracht. Das heißt aber auch: Es handelt sich um Krobots Österreich-Premiere. Das Stück ist von 10. Januar bis 8. Februar jeden Tag zu sehen. Wir bereiten zudem eine Filmreihe vor, sie startet im Februar nächsten Jahres. Und der erste Film, den wir zeigen, heißt ‚Scharf beobachte Züge‘. Dabei handelt es sich um das Spielfilmdebüt von Jiří Menzel, basierend auf der gleichnamigen Novelle von Bohumil Hrabal. Beschrieben sind dort die tragikomischen Lehrjahre des jungen Miloš Hrma, gespielt von Václav Neckář auf einem Provinzbahnhof während des Zweiten Weltkrieges. Dieser Film erhielt mehrere renommierte Preise und - als Höhepunkt - den Oscar für den besten fremdsprachigen Film im Jahr 1968.“

Tomáš Sedláček  (Foto: Jan Sklenář,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Neben diesem Schwerpunkt Hrabal veranstaltet das Tschechische Zentrum auch noch eine Reihe weiterer Veranstaltungen. So ist zum Beispiel im Januar ein interessanter tschechischer Gast zu Besuch in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz: Und zwar der Wirtschaftswissenschaftler Tomáš Sedláček. Was kann man zu Sedláček sagen, und im Rahmen welcher Veranstaltung wird er zu sehen und zu hören sein?

„Tomáš Sedláček ist einer der führenden tschechischen Wirtschaftswissenschaftler, er ist Chefökonom der Bank ČSOB und Mitglied des Nationalen Wirtschaftsrates in Prag, außerdem lehrt er an der Prager Karlsuniversität. Sedláček kommt am 19. Januar nach Linz, und er wird mit Lisa Mittendrein aus dem Vorstand von ATTAC Österreich über seinen Sachbuch-Bestseller ‚Die Ökonomie von Gut und Böse‘ sprechen. Er tritt im Rahmen des Guten-Morgen-Salons auf, bei dieser Veranstaltung sind in losen Abständen Gäste aus den unterschiedlichsten Bereichen von Kultur und Philosophie zum Frühstück eingeladen. Ausgerichtet werden die Gespräche von der Agentur ‚Fabrikanten‘, sie wendet sich dabei an Wissenschaftler, Publizisten und Künstler mit Tiefgang, die durch ihren Eigensinn und die besondere Umsetzung ihrer Lebensphilosophie bekannt sind.“

Autor: Till Janzer
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