Ein Kindereldorado am eigenen Arbeitsplatz: Jetzt auch betriebsinterne Betreuung in Prag möglich

Nicht vorstellbar, aber wahr – in wenigen Jahrzehnten wird die deutsche wie auch die tschechische Gesellschaft auf erschreckende Weise überaltert sein. Doch wie dem Schreckensszenario entkommen? Moderne Ganztags-Kinderbetreuung könnte die Lösung sein. Julia Angelov stellt ein deutsch-tschechisches Projekt für betriebsinterne Kindergärten vor.

„Die Statistiken der Europäischen Union zeigen, dass Tschechien, Deutschland und Polen sehr niedrige Geburtenraten aufweisen. Für das Jahr 2005 waren das 1,3 Kinder pro gebärfähige Frau. Damit sind sie im europäischen Schnitt die Schlusslichter.“

Wilfried Lütkemeier ist Direktor der Von Laer-Stiftung, die Kinder- und Familienhilfe leistet. Die rückgehende Geburtenzahl sind Lütkemeiers größte Sorge: Schließlich kamen 2007 in Deutschland weniger Babies zur Welt als im Nachkriegsjahr 1946. Eins oder keins: Auch in Tschechien sieht die Lebensrealität vieler Paare so aus.

„Ein ganz wesentlicher Grund sind fehlende Kinderbetreuungsplätze. In allen Ländern, in denen man in den vergangenen Jahren viel für Kinderbetreuungsplätze gemacht hat, sind die Geburtenraten drastisch und sofort gestiegen.“

Lütkemeier kennt einen Weg aus der Bredouille: In Prag will die Von Laer-Stiftung die Entstehung betriebsnaher Kindergärten unterstützen. Mitarbeiter von Unternehmen können ihre Kinder dann direkt am Arbeitsplatz in Obhut geben. In der Juristin Markéta Frank hat Lütkemeier eine erfahrene Mitstreiterin gefunden. Sie gründete 2005 mit ihrer Firma Kids Company den ersten zweisprachigen Kindergarten Tschechiens. Dort betreuen deutsche und tschechische Erzieherinnen die Kinder ab zwei aufwärts. Durch die jeweilige Muttersprache der Kindergärtnerin lernen die Kleinen früh eine zweite Sprache, spielerisch in Gruppen mit Kindern aus anderen Ländern. Dieses Modell möchte Markéta Frank nun auch Unternehmen anbieten.

„Für die Firmen hat es sehr viele Vorteile: Erstmal werden für die Kinder der Mitarbeiter überhaupt Kindergartenplätze geschaffen. Mitarbeiter, die ihr Kind im firmeneigenen Kindergarten unterbringen können, sind loyaler ihrer Firma gegenüber. Außerdem sind die Kinder in der Nähe der Eltern. Für die Mitarbeiter hat es auch einen finanziellen Vorteil, und zwar müssen sie den Kindergartenplatz nicht selbst bezahlen.“

Die entstehenden Kosten werden von den Firmen getragen, die diese Plätze für die Kinder ihrer Mitarbeiter gebucht haben. Die Firma kann dann individuell entscheiden, ob sie zweisprachige Erzieherinnen oder andere Exklusivleistungen wünschen. Davon hängt dann natürlich auch der Preis ab. Bisher kostet ein Platz in Markéta Franks bilingualem Kindereldorado 15.000 Kronen, also gut 600 Euro. Das ist immerhin gut Dreiviertel vom tschechischen Durchschnittsgehalt.

„Für das Geld kriegt man eine gute Betreuung von erfahrenen und ausgebildeten Erzieherinnen, eventuell sogar zweisprachig. Wir haben zusätzlich einen Englischkurs einmal in der Woche, alle Mahlzeiten sind inklusive. Wir haben uns mit dem Essen sehr viel beschäftigt und haben einen Koch gefunden: Erik Schubert. Er ist Chefkoch in einem 5-Sterne-Hotel in Prag. Der kocht für unsere Kinder sehr gutes, leckeres, aber auch ausgewogenes Essen.“