Einigung über tschechische Post – doch Finanzminister will den Umbau

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Kaum eine Post in Europa betreibt ein solch dichtes Netz an Filialen wie die tschechische: Über 3000 Ämter sind es. Doch vor einiger Zeit hat das Unternehmen den Staat um finanzielle Hilfe angefragt. Dabei generiert die Post weiter einen Gewinn, und Finanzminister Babiš behauptet, dass jegliche Art von Subventionen unsinnig sei. Nun haben sich Babiš und Innenminister Chovanec auf ein Modell geeinigt. Das Regierungskabinett hat vergangene Woche die entsprechende Novelle des tschechischen Postgesetzes gebilligt. Wie sieht die Zukunft des zweitgrößten Arbeitgebers im Lande aus?

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Es sind jeden Tag rund zwei Millionen Briefe, die sortiert und ausgetragen werden wollen. Doch gerade dieses Kerngeschäft der Post rechnet sich immer weniger. Denn immer weniger Briefe werden geschickt, und so sank zwischen 2009 und 2013 der Umsatz allein bei der Zustellung im Inland um 2,2 Milliarden Kronen (80 Millionen Euro). Nun sei eine Grenze erreicht, schreibt Innenminister Milan Chovanec als Begründung für das neue Postgesetz. Bisher habe die Tschechische Post die Verluste ausgleichen können – durch das Angebot immer weiterer Dienstleistungen und durch Kostensenkungen. Doch in den kommenden Jahren müsse der Staat der Post unter die Arme greifen.

Andrej Babiš  (Foto: ČT24)
Finanzminister Andrej Babiš hält aber die Post an sich für ein gesundes Unternehmen. Deswegen sagte er: Kein Geld vom Staat! Auch die Post müsse rentabel arbeiten. Vom Innenministerium, dem die Post unterstellt ist, forderte er einen Plan für Einsparungen und Umbaumaßnahmen. Das rief die Gewerkschaften auf den Plan, sie befürchteten einen Stellenabbau. Vergangene Woche haben sich Babiš und Chovanec geeinigt. Der Innenminister bezeichnete dies als vernünftigen Kompromiss:

Milan Chovanec  (Foto: ČT24)
„Die endgültige Absprache lautet, dass die Tschechische Post im kommenden Jahr maximal um eine Kompensation in Höhe von 700 Millionen Kronen für dieses Jahr ersuchen darf. Für das darauffolgende Jahr sinkt die maximale Kompensationssumme auf 600 Millionen Kronen und für die Zeit ab 2017 liegt sie bei 500 Millionen Kronen. Die Post muss aber nachweisen, welche Aufwendungen sie hatte. Es handelt sich nicht um einen Blankoscheck. Die Post kann also nun planen und investieren, zugleich muss sie sich aber auch modernisieren und ihre Dienstleistungen verbessern.“

Finanzminister Babiš: Post könnte besser geführt werden

Foto: Tomáš Adamec,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
Lange war auch über das Modell gestritten worden. Direkte Zahlungen vom Staat müssen von der Europäischen Kommission nicht unbedingt akzeptiert werden. Deswegen stand die Bildung eines Fonds im Raum. In diesen sollten alle Anbieter von Postdiensten einzahlen, und zwar gemäß ihrem Marktanteil. Dummerweise hätte aber dann gerade die tschechische Post am tiefsten in die Tasche langen müssen. Diese widersinnige Regelung kippte Innenminister Chovanec. Er wies darauf hin, dass der Staat von der Post ziemlich konkrete Dienste verlange. So soll die überwiegende Mehrheit (92 Prozent) der Briefe spätestens am übernächsten Arbeitstag beim Empfänger landen. Auch für die Zahl der Postfilialen bestehen Vorschriften, ebenso für die Öffnungszeiten. Dabei generiert ein Drittel der Filialen nur Verluste. Deswegen plädierte der Sozialdemokrat für staatliche Kompensationszahlungen.

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Allein Finanzminister Babiš ist nicht überzeugt. Er hat vor seinem Gang in die Politik den größten landwirtschaftlichen Konzern in Tschechien aufgebaut und wurde damit zum Multimilliardär. Babiš weiß also sehr genau, wie man eine große Firma erfolgreich führt. Aber seine Treffen mit der Leitung der Post ließen den Chef der Partei Ano wohl eher ratlos zurück:

„Ich muss sagen, die Kenntnisse des Managements von Cashflow und von der Leitung einer Firma haben mich kein bisschen zufriedengestellt. Beim letzten Treffen wurde mir der Wirtschaftsplan für vier Monate gezeigt, mit Einnahmen von 104 Millionen Kronen. Ich habe ihnen vorgerechnet, dass ihre Einnahmen bei 253 Millionen liegen würden und sie einen guten Cashflow hätten. Sie haben argumentiert, dass sie die Löhne erhöhen würden und einen hohen Investitionsbedarf hätten. In diesem Punkt finden wir keine Übereinkunft. Ich denke, die Post könnte besser geführt werden.“

Foto: Barbora Němcová,  Radio Prague International
Laut Babiš bestehen die größten Einsparmöglichkeiten bei den Löhnen. Denn die Post ist mit 32.000 Beschäftigten der zweitgrößte Arbeitgeber in Tschechien. Die Löhne machen deswegen zwei Drittel der Unternehmenskosten aus. Aber Innenminister Chovanec macht eine weitere Rechnung auf:

„Die Tschechische Post wendet jeden Monat eine Milliarde Kronen für Löhne auf, doch dort lässt sich nicht viel sparen. Der Monatslohn liegt unter dem landesweiten Durchschnittslohn, dafür lassen sich kaum gut ausgebildete Angestellte bekommen. Außerdem hatte die Post sechs Jahre lang die Löhne nicht erhöht, dies geschieht erstmals wieder in diesem Jahr.“

Franchise-System: Gemeinde übernimmt Postamt

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Die Idee ist daher eine andere: Bis 2025 sollen die meisten Postfilialen als Franchise-Unternehmen betrieben werden. Als Vorbilder nennen die Tschechen unter anderem Deutschland, wo sich dieses Modell praktisch zu 100 Prozent durchgesetzt hat, und Österreich mit rund 70 Prozent Franchise-Betrieben. Hierzulande sollen 2500 Filialen ausgegliedert werden, vor allem die unrentablen im ländlichen Raum. Nur noch knapp 700 Filialen würden direkt von der Post betrieben. Postsprecher Matyáš Vitík:

„Die tschechische Post hat sich entschieden, ihr Filialnetz beizubehalten, aber die Kosten dadurch zu senken, dass ein Teil der Filialen Vertragspartnern überlassen wird. Dies sollen vor allem die Gemeindeämter sein, gegebenenfalls auch Privatunternehmen. Für uns ist es wichtig, dass die Bürger weiter jene Dienstleistungen erhalten, an die sie gewöhnt sind. Zugleich sollten sie nicht spüren, dass diese Dienste von Vertragspartnern bereitgestellt werden. Aber ich werde nicht verheimlichen, dass dies die Post finanziell entlasten wird.“

Pošta Partner in Boží Dar  (Foto: ČT24)
Schon 2009 wurde in Tschechien mit dem Franchise-System begonnen, es nennt sich Pošta Partner. Die erste Filiale dieser Art entstand im Wintersportort Boží Dar / Gottesgab im Erzgebirge. Auch im kleinen westböhmischen Ort Zvíkovec entschied sich der Gemeinderat bereits im vergangenen Jahr zur Umstellung. Das Postamt wurde im Gemeindeamt angesiedelt und dient auch als Gemischtwarenladen. Und die Öffnungszeiten wurden den Bedürfnissen angepasst: von 13 bis 17 Uhr wochentags. Laut Bürgermeister Petr Uher waren die Reaktionen der Bewohner durchweg positiv.

Václav Horáček  (Foto: Archiv der Kanzlei des Abgeordneten Václav Horáček,  CC BY-SA 3.0)
Allerdings liegt der Anteil solcher Franchise-Unternehmen bisher nur bei 1,5 Prozent landesweit. Um das Vorhaben weiter voranzutreiben, will die Post mehr Anreize dafür schaffen, dass Vertragspartner eine ihrer Filialen übernehmen. Es gibt jedoch auch Gemeinden, die sich außerstande sehen, einen vorherigen Staatsbediensteten aus ihrer eigenen Kasse zu bezahlen. Der Oppositionspolitiker Václav Horáček von der Partei Top 09 befürchtet daher die Schließung vieler Filialen. Allgemein kritisiert Horáček, dass die Regierung die Verantwortung für die Postfilialen vom Staat auf die Gemeinden abwälzen wolle.

Wirtschaftsfachleute: Post steht gut im internationalen Vergleich

Doch Wirtschaftsanalytiker und Wirtschaftsjournalisten stoßen sich – ähnlich wie Finanzminister Andrej Babiš – eher an der Entscheidung, die Post zu bezuschussen. David Klimeš ist Kommentator der Wirtschaftszeitung Hospodářské noviny:

David Klimeš  (Foto: Archiv von David Klimeš)
„Die tschechische Post macht sich im Vergleich mit anderen europäischen Ländern relativ gut. Sie schafft es, die Dienstleistungen mit Verlusten wie der Betrieb der Filialen auf dem Land und die Briefzustellung durch kommerzielle Dienste zu kompensieren. Es wäre daher schade, wenn wir der tschechischen Post mehrere Hundert Millionen Kronen als Blankoscheck zuschießen würden, und das Unternehmen dann nicht nur keine Anstrengungen mehr machen würde, nach Einsparungen zu suchen, sondern auch nach zukunftsträchtigen Geschäftsfeldern.“

Das neue Gesetz über die Post ist allerdings noch nicht in trockenen Tüchern. Es muss erst im Parlament behandelt werden. Änderungen sind also prinzipiell weiterhin möglich.

Autor: Till Janzer
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