Einkaufsmeile mit grünem Touch: Fußgängerzone in Cheb erhält neues Gesicht
Die Stadt Cheb / Eger gestaltet die Fußgängerzone im Stadtzentrum völlig neu. Die Fußgängerzone bildet die Einkaufsmeile der Stadt. Doch obwohl die Auslagen voll Waren sind, wollte hier bisher nicht so recht Leben aufkommen. Und das trotz der Nähe zum alten Marktplatz, der vor Vitalität strotzt. Der Grund liegt im tristen Erscheinungsbild der Fußgängerzone. Denn prächtige alte Häuser, Terrassenrestaurants und Straßencafés wie auf dem Marktplatz sucht man hier vergebens. Die Fußgängerzone gibt sich allzu schlicht. Schmucklose Wohnhäuser stehen an den Rändern, zwischendrin liegt eine öde Asphaltstraße. Mit der Neugestaltung soll die Einkaufsmeile nun aufgemöbelt werden und zum Bummeln und Verweilen einladen. Ein Team von Architekten hat einen futuristisch angehauchten Entwurf für das neue Gesicht der Fußgängerzone ersonnen. Der besondere Stolz des Projekts sind Energie sparende Säulenleuchten, die zugleich als Zierde dienen. Mehr zur neuen Fußgängerzone nun im folgenden Gespräch mit dem Vizebürgermeister von Cheb, Michal Pospíšil.
Herr Pospíšil, in Cheb wird die Fußgängerzone ganz neu gestaltet. Was bedeutet diese städtebauliche Veränderung für die Bewohner der Stadt?
„Die Fußgängerzone auf der Svoboda-Straße ist für uns ganz wichtig. Sie bildet die Verbindung zwischen dem Bahnhofsbereich und der Stadtmitte der Stadt Eger. Diese Zone dominiert das Stadtbild. Die Fußgängerzone ist praktisch unsere Einkaufsmeile. Wir haben uns schon vor ein paar Jahren entschlossen, die Fußgängerzone zu sanieren, sie war in einem schlechten Zustand und vor allem unansehnlich. Für die Sanierung konnten wir aus den so genannten ‚regionalen Operationsprogrammen’ der Strukturfonds der EU eine Förderung erlangen. Ich denke, wir setzen mit der Neugestaltung der Fußgängerzone in Tschechien einen neuen Trend. Wir zeigen, wie man die Altstadt mit neueren Stadtteilen architektonisch verbinden kann – durch einen futuristischen Entwurf von sehr renommierten Architekten, die aus Eger stammen.“
Und welche Baumaßnahmen schließt diese Sanierung ein?
„Selbstverständlich mussten wir alle Leitungen überprüfen und teilweise auswechseln. Außerdem wird die Fußgängerzone neu gepflastert. Die Beleuchtung wird erneuert, und die Fußgängerzone wird komplett neu ausgeschmückt. Zum Beispiel wurden neue Bäume gepflanzt, denn Grün hat auf der Fußgängerzone bisher vollständig gefehlt.“
Es soll auch ein Demogramm entstehen. Was ist darunter zu verstehen?
„Ursprünglich hatten wir eine andere Idee. Wir wollten die Namen bedeutender Bürger während der gesamten Geschichte der Stadt Eger anbringen. Doch gegen dieses Vorhaben gab es heftige Proteste, verschiedene Leute wehrten sich dagegen. Also änderten wir unser Konzept. Und nun gibt es stattdessen ein Band mit den Daten von wichtigen Ereignissen aus der Geschichte der Stadt Eger auf dem Pflaster. Diese reichen von der Stadtgründung bis zur Gartenschau vor ein paar Jahren herauf und enden beim aktuellen Jahr 2010.“
Dieses Band zieht sich an der Oberfläche des Kanalsystems hin. Sie schmückt das Entwässerungssystem der Svoboda-Straße …
„Ja. Wir verbinden hier Technik und Design. Unter dem Band liegt die Entwässerungsrinne, und die Inschriften verzieren gleichzeitig die Kanalgitter, durch die das Regenwasser abfließen kann.“
Am Ende dieses Bandes soll eine Skulptur stehen. Was ist das für eine Skulptur?
„Wir haben einen Wettbewerb ausgeschrieben, um sie auszuwählen. Etwa 20 Künstler aus ganz Tschechien haben sich gemeldet und schickten uns ihre Entwürfe. Eine Kommission hat dann daraus den besten Entwurf ausgesucht. Bei dem Autor handelt es sich um einen recht bekannten Bildhauer namens Marian Karel. Er ist Professor und hat uns ein paar seiner Arbeiten gezeigt, die in Italien und in den USA, in New York, stehen. Marian Karel ist ein weltbekannter Künstler, sein Name könnte also in der Zukunft für die Stadt Eger noch eine große Bedeutung gewinnen. Seine Skulptur stellt ein Tor in die Zukunft dar. Die Skulptur besteht aus einem Rahmen aus Eisen, und sie wird an der Grenze zwischen der Fußgängerzone und dem alten Marktplatz aufgestellt. 2011 feiert Eger den 950. Jahrestag seit der ersten Erwähnung in einem Schreiben des deutschen Kaisers. Dieses Jubiläum werden wir natürlich feiern. Und die Skulptur von Marian Karel weist durch ihre Positionierung auch auf diese lange Geschichte und die historische Bedeutung der einstigen freien Reichsstadt Eger hin.“
Und, wie Sie bereits erwähnten, soll die Fußgängerzone auch eine neue Bepflanzung erhalten?
„Wir setzen Platanen und Zierbirnen aus. Pflanzen fehlten bisher in der Fußgängerzone gänzlich. Und nun kommen da 40 Zierbirnen und elf oder zwölf Platanen hin.“
Und auch das Mobiliar, also Sitzbänke und Ähnliches, sollen erneuert werden?
„Ja, diese beweglichen Gegenstände werden im Stil auf die Beleuchtung abgestimmt.“
Das war nun das Stichwort „Beleuchtung“. Diese neue Beleuchtung ist etwas ganz Besonderes. Können Sie sie beschreiben?
„Wir haben in der Fußgängerzone auch ganz normale Lampen, die bloß der Beleuchtung dienen. Doch die Architekten haben sich darüber hinaus noch etwas Besonderes einfallen lassen – Säulenleuchten. Diese Säulenleuchten funktionieren einerseits als ganz normale Beleuchtung, doch es sind Designerleuchten, die programmiert werden können. Je nach Tageszeit oder saisonalem Anlass können sie verschiedene Muster werfen. Am Tag zeigen die Säulenleuchten andere Bilder oder Symbole als in der Nacht. In der Weihnachtszeit zum Beispiel laufen Schneeflocken daran hinunter, sie rufen die Vorstellung von Winter und Weihnachten hervor. Diese Technik der Beleuchtung ist etwas ganz Neues. Angeblich wurde sie bisher nur auf Architektenmessen und Ausstellungen in Spanien und Großbritannien vorgestellt. In Tschechien sind diese Säulenleuchten ein absolutes Highlight, etwas total Neues.“
Wer hat diese Art von Beleuchtung entwickelt? Was das eine tschechische oder eine ausländische Firma?
„Diese Beleuchtung wurde von einem Designer entwickelt, der aus Eger stammt. Sein Name ist Zbyněk Krulich. Er hat Architektur und Design studiert und kooperiert mit den drei Architekten, die die Neugestaltung der Fußgängerzone entworfen haben. Das Team hat eine komplexe Vision der Fußgängerzone und der Verbindung des Bahnhofsbereichs mit dem alten Marktplatz entwickelt.“
Nochmals zurück zu den Säulenleuchten. Es handelt sich dabei um ein Energie sparendes Beleuchtungssystem. Wie viel Strom werden sie durch die Säulenleuchten einsparen?
„Man schätzt, dass uns diese Beleuchtung nur ein Drittel des Stromverbrauchs einer gängigen Anlage kosten wird.“
In der Fußgängerzone sollen auch Maßnahmen für behinderte Personen geschaffen werden. Was ist hier genau geplant?
„Die Schwellen verschwinden. Auf der ganzen Länge der Fußgängerzone von vierhundert Metern wird es nur eine einzige Ebene geben.“
In welcher Etappe der Neugestaltung sind Sie jetzt, und wie lange wird es noch dauern, bis die Fußgängerzone fertig ist?
„Den ersten Bauabschnitt haben wir im September beendet. Und dann hat die ausführende Firma die gute Wetterlage genutzt und bis kurz vor Weihnachten weitergearbeitet. Daher ist der zweite Bauabschnitt auch schon bis zur Hälfte gediehen. Ich schätze, dass er, je nach dem Wetter, im Frühjahr komplett sein wird. Bis zum Herbst wollen wir auch den dritten Bauabschnitt fertig stellen. Er wird in einem quer zur Svoboda-Straße verlaufenden Straßenstück von 200 Meter durchgeführt. Diese Straße stellt eine wichtige Nord-Süd-Verbindung der Stadt dar und wurde daher in das Projekt einbezogen. Ursprünglich planten wir den Abschluss der Bauarbeiten für Frühjahr 2011, doch ich denke, wir könnten es schaffen, früher fertig zu sein.“
Es handelt sich bei dem Projekt aber nicht nur um eine architektonische Neugestaltung, sondern auch um die Revitalisierung der Fußgängerzone. Mehr Menschen, mehr Leben sollen in sie hinein gebracht werden. Hat Cheb wie viele Städte das Problem, dass Einkaufszentren am Stadtrand entstehen und das Stadtzentrum zunehmend verödet?
„Wir haben viele Supermärkte in den äußeren Stadtteilen und am Stadtrand. Sie locken Touristen und natürlich auch Einheimische an. Unser Ziel war es, diese Menschen anzusprechen und ins Stadtzentrum zu bringen. Ich denke, durch die Neugestaltung der Fußgängerzone wird das gelingen. Denn das Design und die ganze Atmosphäre sind im Vergleich zum früheren Zustand wie Tag und Nacht. Ich hoffe, die Menschen verbinden dann das Einkaufen auch mit einem Besuch in einem Café, so wie man es aus Westeuropa kennt. Wir wollen, dass diese Trends auch zu uns kommen.“
Was kostet dieses gesamte Projekt der Erneuerung der Fußgängerzone?
„Derzeit werden die Kosten auf rund 137 Millionen Kronen geschätzt (rund 5,5 Millionen Euro, Anm. d. Red.). Die Stadt trägt davon Kosten in Höhe von 14,8 Millionen Kronen (etwa 600.000 Euro, Anm. d. Red.). Aus der Sicht der Stadt hat sich dieses Projekt also enorm gelohnt.“
Und die übrigen Kosten werden aus den europäischen Fonds gedeckt?
„Ja, das restliche Geld kommt aus dem Regionalfonds, also den Strukturfonds der Europäischen Union."
Das Architektenteam bilden Lenka Mašková, Pavel Jahelka und Petr Boháč, die graphische Gestaltung des Demogramms hat Dita Krouželová entworfen.
Fotos: www.cheb.eu