Einzigartiger archäologischer Fund wird in Chomutov / Komotau ausgestellt

Schildbuckel (Foto: Autorin)

Eine wichtige Informationsquelle stellen für die Historiker archäologische Ausgrabungen dar. Manchmal stoßen aber auch neugierige Laien auf archäologische Schätze, die einzigartig sind. Dies gilt beispielsweise für den Fund germanischer Waffen, die aus dem zweiten Jahrhundert stammen, und diese Woche im Regionalmuseum im nordböhmischen Chomutov / Komotau präsentiert wurden. In das Museum laden Sie Martina Schneibergova und Miriam Goetz im folgenden "Reiseland Tschechien" ein.

Vor etwa 1800 Jahren zogen die Markomannen durch die hügelige Landschaft des heutigen Nordböhmens. Die Krieger warben um die Gunst der Götter, die ihnen während der bevorstehenden Kämpfe gegen die römischen Legionen beistehen sollten. Für die Götter bereiteten die Germanen eine entsprechende Opfergabe vor. So etwa kann sich ein Laie die Vorgeschichte des Waffenschatzes vorstellen, der für Aufregung in den Expertenkreisen sorgte.

Lenka Onderkova
Der Fund ist nicht nur in der Region von Chomutov, sondern in Tschechien generell einzigartig. Was germanische Waffen anbelangt, wurde eine solche Menge von Waffenfragmenten bislang bei uns nicht gefunden. Es handelt sich dabei um eine ganze Sammlung von germanischen Waffen. Der Fund besteht aus insgesamt einundzwanzig Stücken: Einem Schwert, elf Speer- und Lanzenspitzen, vier Schildbuckeln und vier oder fünf Schildgriffen. Die Archäologin des Regionalmuseums in Chomutov, Lenka Onderkova, beschreibt die einzelnen Teile des germanischen Waffenschatzes:

"Es geht um ein typisches germanisches Schwert, das gewunden ist und genauso wie die Schwerter aussieht, die damals in die Gräber gelegt wurden. Dann sind die Schildbuckel dabei. Mit dem Schildbuckel wurde das Schild auf der äußeren Seite in ihrer Mitte verstärkt. Bei den germanischen Schildbuckeln gibt es oft eine Art Stecher, der als Waffe gedient hatte. Gefunden wurden des Weiteren Schildgriffe oder genauer gesagt nur die Griffbeschläge, denn die Griffe waren damals aus Holz. Die germanischen Schilder waren im Unterschied zu den mittelalterlichen Schildern nur mit einem einzigen Griff versehen. Schließlich gibt es im Fund Lanzen- beziehungsweise Speerspitzen. Sie sind gebogen, wie es bei den Germanen üblich war."

Aberglauben sieht die Archäologin als möglichen Grund für die deformierten Waffen. Es könnte sich dabei um eine magische Opfergabe für die Götter handeln. Diese Biegung der Waffen könnte aber auch bedeuten, dass sie mit ihrem Besitzer verschwinden sollten. Die verbogenen Waffen könnten jedoch ebenfalls ganz pragmatische Gründe gehabt haben, meint Lenka Onderkova. Entweder sollten die Gegenstände in eine Urne oder ein Grab hineinpassen oder man wollte mit der Beschädigung verhindern, dass die Waffen noch von jemandem wieder benutzt werden.

Schildbuckel
Die Bedeutung des wertvollen Fundes besteht darin, dass es sich um eine ganze Sammlung von Waffenfragmenten handelt, sagt Archäologin Lenka Onderkova, denn:

"Die Germanen beziehungsweise einige der germanischen Stämme bestatteten üblicherweise ihre namhaften Kämpfer mit ihren Waffen. Die einzelnen Waffenarten wurden auf unserem Gebiet in der Vergangenheit bereits gefunden, dabei handelte es sich meist um Schwerte oder Lanzen-, Speer- und Schildfragmente. Aber nie wurde eine solche Menge von Waffen auf einmal gefunden. Die Bedeutung des Fundes besteht vor allem in seiner Zusammensetzung und in der Zahl der Waffen."

Für den Einzigen vergleichbaren, jedoch viel kleineren archäologischen Fund hält die Expertin eine archäologische Ausgrabung aus den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Ostböhmen. Bei Semdrazice wurden damals ein Schwert sowie ein paar Bruchstücke von Schildbuckeln, Lanzenspitzen und Schildgriffen gefunden. Dieser Fund sorge, so Onderkova, bis heute für Polemiken in den wissenschaftlichen Kreisen. Die Experten sind sich nicht darüber einig, ob es sich bei den gefundenen Waffenfragmenten um eine Opfergabe für die Götter oder vielleicht um Überreste von vernichteten Gräbern handele.

Das Museum kam auf eine etwas kuriose Weise zu dem einzigartigen Fund. Bereits im Mai 2003 stieß ein Hobbysammler, der mit einem Metalldetektor nach Gegenständen aus dem Zweiten Weltkrieg suchte, im Wald unweit von Hradecna, das früher Sperbersdorf hieß, auf die Waffenfragmente. Diese lagen in einer Senkung unter mehreren großen Steinen und sahen nicht gerade viel versprechend aus. Denn sie waren korrodiert und schmutzig.

"Zum Glück hat er sie aufgehoben, auch wenn er nicht wusste, wie wertvoll der Fund ist. Später hat er die Gegenstände ins Museum gebracht. Es wäre natürlich besser gewesen, wenn er uns damals gleich zum Fundort geführt hätte. Vor Ort hätten wir mehr über die Umstände feststellen können, unter denen die Waffen dort gelagert wurden. Wir sind jedoch trotzdem sehr froh, dass wir den Schatz haben. Die Gegenstände mussten zuerst konserviert werden, um nicht noch mehr zu verrosten. Die Konservierung wurde im Regionalmuseum in Roztoky bei Prag durchgeführt, wo sich das beste Konservierungslabor befindet. Die Konservierungsarbeit dauerte jedoch verhältnismäßig lange."

Foto: Autorin
Aus letzterem Grund konnte das Museum seinen Fund erst jetzt präsentieren. Der germanische Waffenschatz wurde an einem, aus archäologischer Sicht unbegreiflichem Ort gefunden. In fast 500 Meter-Höhe gab es damals weder Ansiedlungen noch Grabstätten. Es kann sich auch um kein einzelnes Grab gehandelt haben, denn die gefundenen Waffen stammen mit Sicherheit nicht aus der Ausrüstung eines einzigen Mannes. Woher stammen die Waffen also?

"Es ist sehr schwierig, zu erklären, warum die Waffen dieser Art und in dieser Menge eben dort auftauchten. Eine der Hypothesen ist, dass es sich um eine Opfergabe für die Götter handelte. Oder es ging um den so genannten ´Kenotaph´, also um ein symbolisches, leeres Grab der Kämpfer, die entweder irgendwo in der Ferne ums Leben kamen oder unter solchen Umständen starben, dass sie nicht bestattet werden konnten. Denn wir fanden keine Knochen am Ort des Fundes. Ähnliche Kenotaphe tauchen manchmal auf den Grabstätten auf. Die Opfergaben waren vor allem in den skandinavischen Ländern verbreitet. Es gibt also mehrere Möglichkeiten. Die Wahrheit werden wir leider nicht mehr erfahren."

Da der Fund aus dem 2. Jahrhundert nach Christi stammt, kann man annehmen, dass es sich dabei um Waffen handelt, die während der so genannten ´Markomannenkriege´ benutzt wurden. Diese fanden in den Jahren 166 bis 180 statt. Damals mussten die römischen Legionen dem Ansturm den germanischen Stämmen standhalten, die über die Donau und den Rhein strömten - also die Grenze, die die barbarische Welt von den römischen Provinzen trennte.

Diese Woche hat das Museum in Chomutov seinen neuen Schatz den Medien vorgestellt. Bald wird auch die Öffentlichkeit die Chance haben, die 1800 alten Waffen zu besichtigen:

"Die Öffentlichkeit kann den Fund bei einer kurzfristigen Ausstellung bewundern, die am 2. März in unserem Museum eröffnet wird. Die Gegenstände müssen dann noch gründlicher erforscht werden. Später werden wir eine umfassende Ausstellung vorbereiten."

Die erwähnte Ausstellung der germanischen Waffenfragmente wird im Museum in Chomutov vom 2. - 25. März zu sehen sein.

Foto: Martina Schneibergova

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