Eiseskälte in Tschechien: Notunterkünfte für Obdachlose überfüllt, Polizei fährt häufiger Streife

Seit Sonntag herrscht in Tschechien strenges Frostwetter. Am Mittwochmorgen wurden beispielsweise in Prag minus elf Grad gemessen. Für Obdachlose ist es lebensgefährlich, jetzt noch auf der Straße zu übernachten, aber die Notunterkünfte sind überfüllt.

„Ich bin froh, dass ich mich hier hinlegen darf, bei dieser Kälte. Ich kann eine Dusche nehmen und mir etwas Kleines zu essen machen“, sagt Lukáš, der auf der Straße lebt.

Lukáš hat in diesen Tagen einen Platz gefunden in der Notunterkunft in České Budějovice / Budweis. Auch in der südböhmischen Stadt sind in den vergangenen Nächten die Temperaturen auf unter minus zehn Grad gefallen. Das städtische Obdachlosenheim für Männer hat daher seine Kapazitäten seit Sonntag erhöht. Nun gibt es 22 Schlafplätze. Petra Vohlídalová ist die Leiterin der Einrichtung:

Foto: Martin Dušek,  Tschechischer Rundfunk

„Seit die starken Fröste eingesetzt haben, sind wir bis auf den letzten Platz belegt. Zudem haben wir eine Krisenregelung in Gang gesetzt, sie ist auch als System des ‚warmen Stuhls‘ bekannt. Wenn unsere Schlafplätze voll sind, können die Männer wenigstens in unserem Veranstaltungsraum über Nacht bleiben und sind damit im Warmen.“

Ähnlich funktioniert es auch an weiteren Orten in Tschechien. Wer jedoch eine Notunterkunft nutzen will, muss sich an Regeln halten.

„Die Klienten sollten nicht mit Alkohol im Gepäck herkommen, auch nicht mit anderen Rauschmitteln. Falls sie aber Alkohol dabei haben, dann müssen sie diesen an der Pforte abgeben und erhalten ihn am nächsten Morgen zurück. Zudem müssen sie Bettruhezeiten Ruhezeiten einhalten und Rücksicht zeigen gegenüber den anderen Klienten und unseren Mitarbeitern“, erläutert Nikola Burešová. Sie leitet das Winter-Notzentrum im Areal des Kulturzentrums Depo2015 im westböhmischen Plzeň / Pilsen.

Aber selbst bei strengstem Frost wollen einige Obdachlose nicht in die Notunterkünfte. In der Nähe des Bahnhofs von Pardubice / Pardubitz befindet sich beispielsweise ein kleiner Holzverschlag, bei dem auch regelmäßig Polizeibeamten vorbeischauen, um nach dem Rechten zu sehen. Im Inneren stehen ein Sessel, zwei Betten und ein Tisch sowie ein kleiner Ofen. Hier lebt Libor, der nun auch seiner früheren Freundin Kateřina Unterschlupf gewährt hat. Auf die Frage, ob er nicht lieber in eine Notunterkunft umziehen wolle, sagt er:

„Das ist die falsche Frage. Hier habe ich meine Freiheit. Dort muss ich ins Röhrchen blasen – kein Alkohol erlaubt.“

Selbst bei minus 30 Grad habe er es schon in dem Holzverschlag ausgehalten, fügt Libor an.

Das Rote Kreuz in Havlíčkův Brod | Foto: Tschechisches Fernsehen

Gerade weil ein Teil der Obdachlosen selbst bei stärkstem Frost nicht in die Notunterkünfte geht oder den Tag über draußen verbringen muss, kümmern sich Sozialdienste und Polizei zusätzlich. Martina Teplá ist stellvertretende Oberbürgermeisterin von Liberec / Reichenberg und für soziale Fragen in der nordböhmischen Stadt zuständig:

„In Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz versuchen wir, regelmäßig ins Terrain zu fahren. Das geschieht gemeinsam mit der Polizei. Wir statten Menschen ohne Dach über dem Kopf mit wärmerer Kleidung aus. So versuchen wir, denjenigen zu helfen, die nicht in die Tageszentren gehen.“

Während Tageszentren meist kostenlos sind, wird für eine Nacht in der Notunterkunft ein Beitrag verlangt. Häufig sind es 40 (1,630  Euro) oder 50 Kronen (2 ,03 Euro). Wer aber nicht zahlen kann, wird nicht abgewiesen. Die Gebühr lässt sich dann zum Beispiel damit abgleichen, dass man beim Saubermachen hilft oder beim Abfallsammeln in der betreffenden Gemeinde.

Autoren: Till Janzer , Jan Kopřiva , Drahomíra Bačkorová
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