Ende des Notstands – aber nicht aller Einschränkungen

Foto: ČTK / Michal Kamaryt

Es war der längste Notstand, den Tschechien jemals erlebt hat. Am Sonntag um Mitternacht ist er nach über zwei Monaten aber abgelaufen. Doch das bedeutet nicht, dass die Corona-Maßnahmen plötzlich alle aufgehoben wären. So dürfen zum Beispiel Restaurants ihre Innenräume noch nicht aufmachen, auch Hotels und Pensionen bleiben noch bis kommenden Montag geschlossen. Außerdem besteht weiter die Mundschutzpflicht, die Anzahl der Teilnehmer an Veranstaltungen ist eingeschränkt, und nicht zuletzt sind die Grenzen in der Praxis weiter geschlossen.

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Adam Vojtěch  (Foto: ČTK / Michal Krumphanzl)
All diese Einschränkungen sind aber laut Gesundheitsminister Adam Vojtěch (parteilos) weiterhin gesetzlich gedeckt:

„Aus den Krisen-Maßnahmen der Regierung laut dem Notstandsgesetz sind zum Montag außergewöhnliche Maßnahmen des Gesundheitsministeriums geworden. Diese werden vom Gesetz zum Schutz der öffentlichen Gesundheit gestützt. Das Gesetz ermöglicht uns auch, den Betrieb bestimmter Unternehmen bis zum 25. Mai einzuschränken.“

Diese Aussage ist erstaunlich. Denn noch im April befand das Prager Stadtgericht, das Gesundheitsministerium habe seine Kompetenzen überschritten. Denn die Regierung hatte alle ihre Corona-Maßnahmen vom Ministerium herausgeben lassen und nicht selbst beschlossen. Das musste das Kabinett nach dem Gerichtsurteil dann in großer Eile nachholen.

Jan Hamáček  (Foto: ČTK / Roman Vondrouš)
Nun argumentiert die Minderheitsregierung aus Partei Ano und Sozialdemokraten aber, die bestehenden Maßnahmen seien nicht mehr so einschneidend.

„Weiter bleiben nur jene Maßnahmen gültig, die nicht mehr so flächendeckend und so scharf sind. Und das Gesundheitsministerium kann deswegen seine Kompetenzen nutzen“, so Innenminister Jan Hamáček (Sozialdemokraten).

Folglich müssten die Anordnungen auch nicht durch den Notstand gedeckt sein, so die Lesart. Dazu Industrie- und Handelsminister Karel Havlíček (parteilos) am Sonntag in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Wir überleben auch die Corona-Pandemie...“  (Foto: ČTK / Luděk Peřina)
„Wir kommen damit zu einem, ich möchte jetzt nicht sagen: Normalzustand, aber zu einem Zustand, der sich der Normalität annähert. So betrachtet waren die vergangenen Wochen äußerst schwierig, aber der Notstand hat seinen Zweck erfüllt.“

Am 12. März hatte die Regierung den Notstand ausgerufen. Für die ersten 30 Tage durfte sie das selbst. Zwei folgende Verlängerungen waren jedoch abhängig von der Entscheidung des Abgeordnetenhauses. Dieses machte jeweils den Wunsch des Minderheitskabinetts zunichte auf einen noch längeren Notstand. Und zwar stellten sich nicht nur die Oppositionsparteien von äußerst rechts bis liberal dagegen, sondern auch die Kommunisten, die ansonsten die Regierung stützen.

Und Teile der Opposition finden auch weiterhin, dass die Regierung in bestimmten Aspekten zu restriktiv vorgeht. So sagte der bürgerdemokratische Parteichef Petr Fiala im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen:

Petr Fiala  (Foto: ČTK / Ondřej Deml)
„Ich bin froh, dass der Notstand endet. Ich denke aber, dass die Regierung von den Anordnungen übergehen sollte zu Empfehlungen. Denn die Menschen hierzulande haben bewiesen, dass sie sich sehr verantwortungsbewusst verhalten können.“

Im Moment zumindest scheint die Corona-Pandemie in Tschechien beherrschbar. Die Zahlen der Neuansteckungen pro Tag liegen bereits seit Anfang Mai unter 100. Zugleich weiß aber noch niemand, wie sich die drei Lockerungswellen auswirken. Die letzte soll am 25. Mai kommen, wenn Restaurants und Hotels wieder aufmachen und Veranstaltungen mit bis zu 300 Menschen möglich werden.

Außerdem wird bereits jetzt über eine mögliche zweite Corona-Welle gesprochen. Wird dann erneut der Notstand ausgerufen? Premier Andrej Babiš (Partei Ano) hat das verneint. Den Berichten nach möchte die Regierung stattdessen ein eigenständiges Gesetz vorlegen, das mögliche Einschränkungen während der Corona-Pandemie decken würde. Dieses soll nur zeitlich befristet gelten, nämlich bis Ende dieses Jahres.