´Erbe der Reformation´: Evangelische Kirche stellt ihre Sakraldenkmäler vor

Publikation ´Das Erbe der Reformation´

Wenn in Tschechien über Sakraldenkmäler die Rede ist, fallen einem vor allem die zahlreichen gotischen Bauten oder Barockkirchen ein, die es hierzulande gibt. Die meisten davon gehören der katholischen Kirche. In Tschechien befinden sich jedoch auch viele evangelische Kirchen und Gebetsräume, die in der Öffentlichkeit oft weniger bekannt sind. Um diese Lücke zu schließen, startete die Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder vor etwa einem Jahr ein Projekt zur Bewahrung des Erbes der Reformation. Bislang wurden dazu ein Bildband, zahlreiches Info-Material sowie Landkarten herausgegeben, auf denen die einzelnen Sehenswürdigkeiten markiert sind. Am vergangenen Mittwoch wurde nun ein neuer, kleiner Touristenführer zu den Sehenswürdigkeiten vorgestellt. Radio Prag sprach bei dieser Gelegenheit mit Gerhard Frey-Reininghaus, dem Kirchenrat für Ökumene und internationale Beziehungen der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder.

Publikation ´Das Erbe der Reformation´
Das Projekt ´Das Erbe der Reformation´ läuft seit mehr als einem Jahr. Was ist inzwischen von dem Projekt verwirklicht worden?

„Das wichtigste Produkt, das sehr gelungen ist, ist das Buch über Kirchen der Reformation in der Tschechischen Republik. Es ist eine Publikation, in der wir über 100 Kirchen mit ihrer Geschichte, ihrer architektonischen Eigenart und ihrer Bedeutung vorstellen.“

Die Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder hat zudem Infozentren in einigen Städten Tschechiens errichtet, wo man Infomaterial über die Sehenswürdigkeiten aus der Zeit der Reformation bekommen kann. Worin besteht sonst die Aufgabe dieser Zentren?

Gerhard Frey-Reininghaus  (Foto: Martina Schneibergová)
„Diese Kirchen sind nicht alle aus der Zeit der Reformation, aber sie leben alle in der Tradition der Reformation. Wichtig sind diese Zentren sicher da, wo Menschen zu Besuch sind, wenn sie Urlaub machen. Wir haben so ein Informationszentrum beispielsweise in Vrchlabí – Herlíkovice im Riesengebirge. Oder gibt es ein Zentrum in Telč. Es ist für uns eine Gegend, wo die evangelische Kirche eine besondere Geschichte hat. Auch die Verbindung der reformierten Kirche und der lutherischen Kirchen kann man dort schön studieren. Ein Infozentrum wurde auch für die westböhmischen Kurbäder errichtet.“

Neue evangelische Kirche in Prag-Südstadt  (Foto: Luděk Kovář,  Creative Commons 3.0)
Wird in dem Buch auch eine moderne Kirche vorgestellt, die erst vor ein paar Jahren erbaut wurde?

„Ja, die neueste Kirche, die in diesem Buch beschrieben ist, ist die neue Kirche in Prag. Für uns ist es eine besondere Kirche, weil sie in der Mitte dieser riesigen Plattenbausiedlung Südstadt mit einer Bevölkerung von rund 100.000 Menschen steht. Es ist zwar ein modernes Gebäude, das aber einen Kirchturm hat und zum Gottesdienst einlädt.“

Wie ist es überhaupt mit den Türmen bei den evangelischen Kirchen? Eine Zeit lang durften doch gar keine Türme bei den evangelischen Sakralgebäuden erbaut werden oder?

Josef II.
„Mit den evangelischen Kirchen in den Böhmischen Ländern sah es folgenderweise aus: erst nach 1781 – vorher war es 160 Jahre lang verboten, eine evangelische Kirche zu haben und evangelisch zu sein – also ab dem Toleranzpatent von Kaiser Josef II. von 1781 durfte man Kirchen bauen, aber außerhalb des Ortes und mit einem Eingang von der Seite, nicht von der Straße her, und es durfte kein Turm dort sein. Es war dem so bis 1861. 1861 gab es den so genannten „Kaiserpatent“, als erlaubt wurde, dass auch bei einer evangelischen Kirche ein Turm sein darf. Manche Kirchen, die schon vorher erbaut wurden, bekamen dann nachträglich noch einen Turm. Manche neue Kirchen, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gebaut wurden, wurden dann gleich mit einem Turm gebaut.“