Erfolge im Fußball und Tennis: Bíleks Team fährt zur EM und Berdych zum ATP-Tourfinale

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Freudige Nachrichten aus dem tschechischen Sport: Das Fußballnationalteam hat sich zum fünften Mal hintereinander zur Europameisterschaft qualifiziert, und Tennisprofi Tomáš Berdych startet zum zweiten Mal in Folge beim ATP-Tourfinale. Mehr nun in einer neuen Ausgabe des Sportreports.

Petr Jiráček  (rechts). Foto: ČTK
Es ist vollbracht: Tschechien hat sich in den Play-offs gegen Montenegro durchgesetzt und fährt zur Fußball-EM im kommenden Jahr. Das ist nach der verpatzten Qualifikation zur WM 2010 eine freudige Nachricht für die Fans des tschechischen Teams.

Ausschlaggebend für den letzten Schritt zur fünften EM-Teilnahme in Folge war das erste Play-off-Spiel zu Hause in Prag am vergangenen Freitag, als das Team um den bärenstarken Mannschaftskapitän Tomaš Rosický überzeugte und 2:0 gewann. Im Rückspiel am Dienstag in Podgorica gelang Tschechien zwar erneut ein Sieg, aber das 1:0-Endergebnis ist eher schmeichelhaft. In der zweiten Hälfte wurden Rosický und Co. von den Montenegrinern stark bedrängt und müssen eigentlich dem Fußball-Gott und Torhüter Petr Čech danken, dass sie nicht verloren haben. Das Siegtor entsprang einem Geistesblitz des Pilsener Mittelfeldspielers Petr Jiráček, der mit einer einzigen Körpertäuschung am Rand des Strafraums vier Montenegriner narrte und selbst einnetzen konnte. Doch ein etwas anderes Fazit zog das Tomáš Rosický:

Tomáš Rosický  (mitte). Foto: ČTK
„Die Montenegriner begannen in der zweiten Halbzeit mehr zu riskieren, und wir konnten den Ball nicht halten. Das sind wohl die Hauptgründe, warum sie uns so zurückgedrängt haben. Aber das war zu erwarten gewesen. Auch wenn sie zwei große Chancen hatten, sind wir kompakt gestanden. In unserem Team hat jeder für jeden gekämpft. Das sind Eigenschaften, die wir schon seit langem besitzen, die aber nie ein Journalist gesehen haben will. Erst jetzt im Play-off ist das wohl aufgefallen.“



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Was der 31-jährige Spielmacher von Arsenal London damit vor allem sagen wollte, bezieht sich auf eine Vorgeschichte. Trainer Michal Bílek hatte die Fußball-Nationalelf noch vor der EM-Qualifikation übernommen. Doch lange Zeit konnte sein Team weder spielerisch, noch vom Ergebnis her überzeugen. Es gab Kritik von Fans und Medien an ihm und an einzelnen Spielern. Vor allem Stürmer Milan Baroš war ein Schatten früherer Tage, was ihm sogar Gelächter einbrachte. Die Abwendung der Öffentlichkeit von den Fußballstars zeigte sich nicht zuletzt im ersten Play-off-Spiel gegen Montenegro, als das gerade einmal 20.000 Menschen fassende Stadion in Prag nicht ausverkauft war.

Petr Čech  (Foto: ČTK)
Wie die Spieler diese Zeit erlebt haben, fasste Torhüter Petr Čech am Dienstag nach der gelungenen EM-Qualifikation in einige Sätze:

„Es war ein langer Weg, den wir auf die allerschlechteste Weise begonnen haben, indem wir im Heimspiel gegen Litauen zehn große Chancen hatten und dennoch das Spiel verloren. Danach war die Stimmung ums Team herum nicht sehr schön, wir mussten fast die gesamten zweieinhalb Jahre um die Gunst der Fans kämpfen. Und seit der Trainer das Team übernommen hatte, wurde der Generationenwechsel vorangetrieben, die Spieler wechselten. Das war nicht immer einfach. Umso mehr haben wir uns zusammengeschlossen, wir wollten allen Leuten zeigen, dass wir es schaffen, auch wenn die Anfänge geschmerzt haben. Zuletzt haben wir uns alles selbst erkämpft.“

Tatsächlich hat Nationaltrainer Michal Bílek mittlerweile so etwas wie eine Stammelf gefunden, obwohl er eine lange Phase des Ausprobierens brauchte. Sehr geholfen habe ihm dabei auch das kleine Fußballwunder aus Pilsen, dem Meister der vergangenen Saison, der sogar den Einzug in die Champions League geschafft hat, glaubt der ehemalige Fußballspieler und Fußballtrainer Vladimír Táborský:

„Ich glaube, das war das wichtigste Moment. Nach dem ganzen Ausprobieren, als Trainer Bílek wohl bis zu 50 unterschiedliche Spieler eingesetzt hat, wie Journalisten nachgerechnet haben, ist ihm zum Schluss dieser eine Zug gelungen. Er hat vier Spieler aus Pilsen eingesetzt, die ihre gute Form aus der Rückrunde der tschechischen Gambrinus-Liga in der vergangenen Saison in die jetzige Saison herübergerettet haben. Und vor allem einen Spieler muss ich hervorheben, obwohl ich das nicht gerne mache: Petr Jiráček hat uns sehr geholfen, und das nicht nur mit seinem Kampfeswillen, sondern dann auch am Dienstag mit seinem Tor.“

Michal Bílek  (Foto: ČTK)
Trainer Bílek hat nun seinen Posten erst einmal sicher, und die tschechischen Spieler und ihre Fans werden vor allem auf den 2. Dezember gespannt sein. Dann nämlich werden die Gruppen für die EM ausgelost. Tschechien befindet sich zusammen mit den starken Mannschaften aus Dänemark und Frankreich sowie den Iren im vierten Lostopf. Das heißt, dass zum Beispiel wie bei der EM 2004 eine Gruppe auch mit Deutschland möglich wäre. Damals konnte Tschechien mit einem B-Team die desolate deutsche Mannschaft düpieren. Heute ist die DFB-Elf hingegen Titelfavorit. Aber für einen Underdog in der EM-Endrunde hält der ehemalige Dortmunder Rosický sein Team aber nicht:

„Wir werden für jeden ein unangenehmer Gegner sein, weil wir unseren Weg gehen. Uns kann nichts mehr erschüttern.“


Petra Kvitová  (Foto: ČTK)
Während von den Fußballern die EM-Qualifikation eigentlich erwartet wurde, befindet sich das tschechische Tennis derzeit auf einem ungeahnten Höhenflug. Bei den Frauen gab es nach einer Traumsaison diese Woche die endgültige Bestätigung dafür: Wimbledon-, Masters- und Fed-Cup-Gewinnerin Petra Kvitová wurde im Rahmen der Women´s Tennis Association (WTA) zur Spielerin des Jahres gekürt. Diese Wahl nehmen immer Sportjournalisten aus der ganzen Welt vor. Und sie haben auch eine weitere Tschechin geehrt: Květa Peschke, die nach dem tschechischen Sieg im Fed-Cup-Finale ihre Karriere im Nationalteam beendet hat, wurde zusammen mit ihrer slowenischen Doppelpartnerin Katarina Srebotnik beste Doppelspielerin.

Da wollte einer aber auch nicht nachstehen: Tomáš Berdych hat sich zum zweiten Mal in Folge bei den Männern fürs Saisonfinale qualifiziert. Die so genannten ATP Tour Finals in London beginnen am Sonntag und dauern eine Woche. Die Teilnahme sicherte sich die tschechische Nummer eins durch den 50. Sieg in dieser Saison. Beim Turnier in Paris-Bercy gewann Berdych im Achtelfinale gegen den Serben Janko Tipsarevic nach hartem Kampf mit 7:5 und 6:4. Über die erneute Teilnahme in London freute sich der 26-jährige Tscheche sehr:

Tomáš Berdych  (Foto: ČTK)
„Es ist ein wunderbares Gefühl, dass das nun zwei Jahre hintereinander geklappt hat. Ich bin kein Anhänger von Statistiken, aber von früheren tschechischen Spielern ist das wahrscheinlich nur Ivan Lendl und Jan Kodeš gelungen. Ich bin mir nicht sicher, ob sich noch ein weiterer Name finden ließe. Die Qualifikation ist eigentlich das beste Abbild dieser Saison. Im vergangenen Jahr habe ich mich in London erst einmal umschauen müssen, aber dieses Jahr habe ich dort andere Ziele.“

Im vergangenen Jahr gelang Berdych bei den ATP Tour Finals nur ein einziger Sieg und er schied deswegen vorzeitig aus. Dem Tschechen war am Ende der Saison bereits merklich die Luft ausgegangen. Vor dem Abflug nach London am Dienstagvormittag bei einer Pressekonferenz, die im mährischen Prostějov / Prossnitz stattfand, wies der Tennisprofi deswegen auf den Unterschied in diesem Jahr hin: Er sei nun länger als im vergangenen Jahr in der Topten der Welt gelistet, und auch in der zweiten Hälfte der Saison habe er ein Turnier gewinnen können, und zwar im Oktober in Peking.

Novak Djokovic  (Foto: ČTK)
Bei der Pressekonferenz sprach Berdych zudem einen Wunsch aus: nämlich welche Gegner von den acht besten Tennisspielern der Welt er am liebsten in seiner Gruppe zugelost bekommen würde:

„Am allerbesten wären Djokovic, Murray und Ferrer. Aber da wäre ich bereits sehr wählerisch.“

Als das Los dann am Dienstagnachmittag gezogen wurde, war Berdych bereits auf dem Weg nach London. Doch seine Worte in Gottes Ohren: In der Gruppe A trifft er nun tatsächlich auf den serbischen Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic, auf den Briten Andy Murray und auf den Spanier David Ferrer. Bei Djokovic vermutet Berdych derzeit gesundheitliche Probleme, Murray hat er vergangene Woche beim Turnier in Paris-Bercy im Viertelfinale besiegt und Ferrer hält er gerade in der Halle für schlagbar:

Roger Federer  (Foto: ČTK)
„Er hat ziemlich ausgeglichene Ergebnisse, ein ausgesprochener Hallenspieler ist er aber nicht. Auf Sand oder draußen auf Beton ist er etwas besser, das könnte ein entscheidendes Detail sein. Aber richtig schwache Seiten bei einem der acht weltbesten Spieler zu finden ist wirklich schwer.“

In der Gruppe B spielen im Übrigen der spanische Weltranglisten-Zweite Rafael Nadal, der phänomenale Schweizer Roger Federer sowie Jo-Wilfried Tsonga aus Frankreich und Mardy Fish aus den USA. Besonders die ersten beiden sind Kandidaten für das Halbfinale, in das gerne auch Berdych kommen würde:

Ivan Lendl  (Foto: Anefo / Croes,  R.C.,  CC BY-SA 3.0)
„Ich habe bereits gewisse Erfahrungen. Im vergangenen Jahr habe ich mir vor allem Sorgen gemacht, ob ich es zum ersten Mal nach London schaffe oder nicht. Beim Turnier lief es dann nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe. In diesem Jahr habe ich aber mit dieser Anspannung besser umgehen können. Ich hoffe, auch dadurch meine Erfahrungen dann vor Ort in London nutzen zu können.“

Mit einem Einzug ins Halbfinale würde Tomáš Berdych bereits ein wenig tschechische Tennisgeschichte schreiben. Denn dieser Schritt ist bisher nur einem seiner Landsmänner gelungen: Ivan Lendl. Der heutige Amerikaner stand zuletzt genau vor 20 Jahren im Halbfinale, also 1991. Vor allem hat er aber insgesamt fünf Mal das Masters-Finale gewonnen. Doch davon dürfte Berdych erst einmal wohl nur träumen.

Autor: Till Janzer
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