Erneutes Misstrauensvotum: Die Sozialdemokraten lassen nur die Muskeln spielen

Фото: Штепанка Будкова

Es ist die erste Woche im Amt für die neue Regierung, die Übergangsregierung von Premier Fischer. Auf ihre Zusammensetzung hatten sich die beiden großen Volksparteien - die ČSSD und die ODS – nach dem Misstrauensvotum geeinigt. Sechs Monate sollen Fischer und Co. das Land regieren. Im Oktober gibt es Neuwahlen. Nun aber haben die Sozialdemokraten gedroht, auch neuen der Regierung das Vertrauen zu verweigern. Der Streitpunkt: wieder die Gesundheitsgebühren. Till Janzer sprach darüber mit Christian Rühmkorf.

Dana Jurásková  (Foto: ČTK)
Wie ernst ist die Situation, Christian?

„Ich glaube, sie ist nicht allzu ernst. Aber vielleicht vorher noch zur Erinnerung: Die Topolánek-Regierung hatte die Gesundheitsgebühren unter anderem für Arzt- und Krankenhausbesuche Anfang letzten Jahres durchgepeitscht. Seitdem versuchen die Sozialdemokraten das Rad wieder zurückzudrehen und die Gebühren komplett abzuschaffen.“

Mit diesem Versprechen hatten sie dann ja auch haushoch die Senats- und Kreiswahlen vor einem halben Jahr gewonnen.

„Richtig. So weit, so gut. Jetzt hat aber die neue Übergangs-Gesundheitsministerin Jurásková gesagt: ´Die Gebühren werden auf keinen Fall abgeschafft.´ Alle Parteien befinden sich aber schon im Wahlkampf. Im Juni sind Europawahlen, im Herbst dann Wahlen zum tschechischen Abgeordnetenhaus. Deshalb drücken die Sozialdemokraten, die ČSSD, jetzt auf die Tube. Sie haben auch noch eine ganze Reihe weiterer Forderungen an die neue Regierung. Aber auf alle Fälle sollen die unbeliebten Gesundheitsgebühren noch einmal als Wahlkampf-As herhalten. Und die ČSSD braucht den ´Gebührenerfolg´. Denn in den einzelnen Kreisen, wo sie regiert, funken immer die Gerichte dazwischen, wenn man versucht die Gebühren zu umgehen oder abzuschaffen.“

Jan Fischer  (Foto: ČTK)
Die unabhängige Gesundheitsministerin will aber auch hart bleiben. Ohne Gebühren breche das Gesundheitssystem zusammen, sagt sie. Ist die neue Regierung also kurz davor, auch an einem Misstrauensvotum zu scheitern? Innerhalb von 30 Tagen muss Premier Fischer ja die Gretchenfrage stellen…

„Meiner Ansicht nach nein. Natürlich: Die Sozialdemokraten wundern sich jetzt, dass eine unabhängige Beamtenregierung – wie sie immer betonen – auch eine Meinung hat. Aber es ist ja klar: Das Kind, das man gezeugt hat, wird auch irgendwann mal flügge. Und wenn die Lebenserwartung ohnehin kurz ist – sechs Monate in diesem Fall - dann emanzipiert man sich um so schneller.

Aber ich glaube, die Sozialdemokraten wollen nur mal die Muskeln spielen lassen. Ich denke, es wird einen Kompromiss in der Gebührenfrage geben. Und zwar so, dass keiner das Gesicht verliert. Die Gebühren überleben, aber vielleicht nur als Torso, als wirkungsloses Placebo. Für ein erneutes Absägen der Regierung während der Ratspräsidentschaft hätte sicher kein Tscheche Verständnis. Und die Europäer würden das Land dann wohl endgültig abschreiben.

Apropos Emanzipation: Premier Fischer war am Dienstag auf seiner ersten Auslandsreise in Brüssel. Dort hat er verkündet, dass er den EU-Gipfel im Sommer leiten will. Auf keinen Fall Präsident Klaus, wie allgemein befürchtet wird.“