Erschütternde Nachrichten, gesponsert von…

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Die Wirtschaftskrise erfordert Fantasie, um sie zu bekämpfen. Dies hat immerhin José Manuel Barroso gesagt, also der EU-Kommissionspräsident, bei einer der zahlreichen Veranstaltungen in Prag. Nun zeigt ja auch der Daumen für Journalisten angesichts der Krise eher nach unten. Die Verlegerhäuser entlassen Mitarbeiter, feste Kräfte werden zu festen Freien und so weiter. Der Trend widerspricht ganz klar einem anderen Trend: Die Zahl schlechter Nachrichten steigt wegen der Krise. Eigentlich gibt es also für Journalisten mehr zu tun als zuvor. Man muss es nur auch finanzieren.

Längst ist auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk immer mehr Werbung zu sehen. Wir haben uns da bereits an viel gewöhnt. Früher kam in Deutschland beispielsweise der Wettermann mit der Fliege unmittelbar am Ende der „Heute“-Nachrichten. Mittlerweile ist es gängig, Ankündigungen von Regen und Sonnenschein zu sponsern. Im tschechischen Fernsehen wurde dafür ein großes Dachdecker-Unternehmen gefunden.

Dieser Markt ist aber nicht ausgereizt. Die Finanz- und Wirtschaftskrise – ich weiß, diese Wortkombination können Sie nicht mehr hören, ich im Übrigen auch nicht – erfordert fantasievolle Lösungen. Und diese scheinen bereits ganz in meiner Nähe zu sein.

Als ich vor einigen Tagen am Morgen aus dem Badezimmer kam, stockte ich plötzlich. Ich stelle immer gleich nach dem Aufstehen das Radio an, es läuft in der Küche dann ein tschechischer Nachrichtensender, auch wenn ich im Bad bin. Ich war also gerade noch dabei, meinen Kopf zu frottieren, als ich undeutlich auf Tschechisch hörte: „Der Sponsor erschüttender Nachrichten ist…“ – und dann kam der Name eines Kreditinstituts. Das war kurz vor den Siebenuhrnachrichten. Mein Gott, dachte ich, so weit sind wir schon. Allerdings waren die Nachrichten dieses Mal ausnahmsweise nicht sonderlich erschütternd. Dumm gelaufen, dachte ich mir, wenn man schon auf so unverschämte Art Geld verdienen will.

Erst zwei Tage später hörte ich den ganzen Werbespot. Nach einem fiktiven Nachrichtenjingle verlas eine Sprecherin fiktive Nachrichten. Zum Beispiel: Der nächste Fünfjahresplan sieht die Errichtung eines zweiten Stocks für die Chinesische Mauer vor. Dann erst kam die Nennung des Sponsors. Doch daran schloss noch der Jingle vom Sponsor für den Wetterbericht an. Meiner Meinung nach bezog sich dieser wohl auf den realen Wetterbericht und nicht auf einen fiktiven. Anschließend kam aber nicht der Wetterbericht, sondern es begannen zunächst einmal die regulären Nachrichten. Sehr verwirrend, finde ich! Bis heute ist mir nicht klar, ob das Kreditinstitut nicht vielleicht doch die realen Meldungen sponsert – etwa als kleiner Zusatzverdienst für den Sender in Zeiten der Krise.