EU-Gipfel: Premier Nečas lehnt deutschen Vorstoß ab, Defizit-Ländern die Stimmrechte zu nehmen

Petr Nečas (Foto: ČTK)

In Brüssel kamen die EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag zu einem Ratsgipfel zusammen. Im Mittelpunkt steht das Thema Außenbeziehungen der Union, dazu kommt nun noch der Streit Frankreichs mit der EU-Kommission über die Abschiebung von Roma. Außerdem wollen sich die EU-Spitzenpolitiker auf dem Gipfel ein Bild über die Maßnahmen zur Stabilisierung des Euro und der Haushalte machen. Deutschland schlug im Vorfeld des Treffens schärfere Sanktionen für Defizitsünder vor. Während Frankreich, Österreich und weitere Länder Unterstützung signalisierten, zeigt sich Tschechien skeptisch.

Petr Nečas und José Manuel Barroso  (Foto: ČTK)
„Beim Mittagessen werden die Regierungschefs sich mit dem Zwischenstand der Task-Force von Herman Van Rompuy befassen. Also welche Lehren ziehen wir aus der Krise und was haben wir schon geschafft, was können wir ohne Vertragsänderung machen und was ist notwendig, um Vertragsänderungen noch zu machen. Also welche Aufgaben wird die Phase zwei der Task-Force haben", so Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstagvormittag in Brüssel. Merkel schlägt vor, Defizitsündern unter den Mitgliedsstaaten nicht nur Subventionen zu streichen, sondern auch deren Stimmrecht einzuschränken. Mehrere EU-Länder, darunter Frankreich und Österreich, signalisieren Unterstützung für die von Deutschland geforderten „strengen Sanktionen“. Tschechiens Premierminister Petr Nečas (ODS) sagte dazu im Interview mit dem Tschechischen Rundfunk:

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
„Wir sind überzeugt, dass diese Maßnahmen präventiv wirken sollen. Sie müssen als Abschreckung dienen, damit sich die Länder nicht zu stark verschulden. Wir wollen die Einführung von auch wirklich durchsetzbaren Sanktionen, die durchaus spürbar sind. Und wir sind davon überzeugt, dass diese Sanktionen vor allem die Subventionen aus EU-Finanzmitteln betreffen sollten.“

Der von Angela Merkel geforderten Einschränkung der Stimmrechte für EU-Mitgliedsländer mit zu hohem Haushaltsdefizit kann Premier Nečas hingegen nichts abgewinnen:

„Ich glaube, jedem EU-Mitgliedsstaat müssen gewisse Grundrechte garantiert sein. Das bedeutet, keinem Land darf das Stimmrecht entzogen werden und damit die Möglichkeit der Mitbestimmung über das Funktionieren der EU.“

Schließlich, so Nečas, würde auch niemand auf die Idee kommen, verschuldeten Staatsbürgern das Wahlrecht zu entziehen.

In Brüssel einmal mehr ansprechen will Petr Nečas die Visumpflicht für Tschechen bei der Einreise nach Kanada, die im Sommer 2009 wegen der zahlreichen Asylanträge tschechischer Roma eingeführt worden ist:

„Die Bürger aus verschiedenen EU-Mitgliedsländern werden von Kanada unterschiedlich behandelt, also de facto in zwei Klassen eingeteilt. Darüber habe ich bereits mit Kommissionspräsident Barroso gesprochen. Er hat mir zugesichert, dass die Europäische Kommission in der Sache weiter aktiv auftreten wird. Denn auch die Kommission ist der Meinung, dass alle EU-Bürger gleich behandelt werden sollten.“

Wichtig für Tschechien sei es, seine Anliegen in Brüssel aktiv zu vertreten und dafür Verbündete zu suchen. Es dürfe nicht mehr passieren, dass Tschechien wie in der der Vergangenheit von den übrigen Mitgliedsstaaten als Unruhestifter isoliert würde. Ohne starke Partner habe man keine Chance, etwas durchzusetzen, betonte Premierminister Petr Nečas Donnerstagmorgen vor dem EU-Ratsgipfel in Brüssel.