EU-Juristen: Premier Babiš im Interessenkonflikt

Andrej Babiš (Foto: ČTK / Martin Mikula)

Der juristische Dienst der Europäischen Kommission scheint sich sicher zu sein: Premier Andrej Babiš steht wegen seiner unternehmerischen Aktivitäten in einem Interessenkonflikt. Diese Informationen haben mehrere Zeitungen in Europa am Samstag veröffentlicht, unter anderem auch die SZ aus München. Zuvor hatten sie den Bericht der Brüsseler Juristen unter der Hand einsehen können. Damit ist in Tschechien erneut die Diskussion um den Regierungschef entflammt.

Andrej Babiš  (Foto: ČTK / Martin Mikula)
Seit 2013 ist Andrej Babiš in der Politik. Erst im vergangenen Jahr hat der Multimilliardär aber die Leitung seines Konzerns Agrofert abgegeben. Dazu musste er gedrängt werden, und zwar durch ein neues Gesetz zu Interessenskonflikten. Seitdem wird die Agrofert-Gruppe durch zwei Treuhandfonds verwaltet.

Doch der juristische Dienst der EU-Kommission glaubt, dass sich der tschechische Regierungschef nicht ausreichend abgekoppelt hat von seinen wirtschaftlichen Interessen. Dies steht in einem internen Bericht, der geleakt wurde und aus dem drei europäische Zeitungen zitieren. Demnach verstößt Babiš gegen die Haushaltsordnung der Europäischen Union, die im Sommer neu gefasst wurde. Was dort als Interessenskonflikt definiert wird, erläutert der christdemokratische Europaabgeordnete Pavel Svoboda:

„Das können etwa unterschiedliche Familienbeziehungen sein oder Wirtschaftsinteressen zugunsten des Unternehmens.“

Tatsächlich ist Andrej Babiš laut dem Gutachten immer noch einer von fünf Begünstigten der Treuhandfonds. Und allein im vergangenen Jahr erhielt die Agrofert-Gruppe insgesamt 82 Millionen Euro an EU-Subventionen. Tschechien drohe nun, diese Fördergelder zurückzahlen zu müssen, heißt es weiter.

Jan Kněžínek  (Foto: ČT24)
Das sieht der Regierungschef selbst jedoch anders. Deswegen hat er die zuständigen Mitglieder seines Kabinetts um ihre Expertisen gebeten. Am Montagmorgen sagte Justizminister Jan Kněžínek, die Treuhandfonds würden Babiš genügend Unabhängigkeit verschaffen von seinen früheren wirtschaftlichen Aktivitäten:

„Der Treuhandfonds ist genau das Instrument, das genutzt wird, wenn jemand in in ein politisches Amt wechselt, obwohl er unternehmerisch tätig ist. Der Verwalter ist dann eine dritte Person. Und diese trägt die Verantwortung für die Arbeit des Fonds.“

Pavel Telička  (Foto: Kristýna Hladíková,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Allerdings bestätigt der juristische Dienst der EU, was der tschechische Ableger von Transparency International herausgefunden hat. Demnach sind sowohl der Premier als auch seine Frau Monika Babišová weiter über die Bestände der Treuhandfonds informiert.

Außerdem ist Andrej Babiš nicht einfach nur Regierungsmitglied. Als Premier hat er auch Einfluss auf die europäische Politik. Das betreffe etwa den Haushaltsrahmen der EU, wie der Europaabgeordnete Pavel Telička in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks erläuterte:

„Eine der grundlegenden Fragen in den Haushaltsverhandlungen derzeit lautet, ob die EU weiter auch Großkonzerne fördern soll. Agrofert ist solch ein Konzern, und die tschechische Regierung wird dazu Stellung nehmen müssen. Und selbst wenn sich Premier Babiš gar nicht dazu äußert, gehört er aber dem gemeinsamen Organ an, das über die genannte Frage entscheiden wird.“

Bart Staes  (Foto: Peter Dedecker,  Flickr,  CC BY-SA 2.0)
Der grüne EU-Abgeordnete Bart Staes aus Belgien hat Babiš nun aufgefordert, sich zu entscheiden: entweder aus der Politik auszusteigen – oder seine Anteile an Agrofert zu verkaufen.

Die politische Opposition in Prag hatte vor zehn Tagen einen Misstrauensantrag gegen den Premier gestellt. Allerdings erfolglos. Entscheidend war dabei die Haltung des Juniorpartners in der Regierung, der Sozialdemokraten. Auch am Montag zeigten sie sich zurückhaltend. Sie verwiesen darauf, dass es noch keine offizielle Stellungnahme der EU gebe. Bekannt ist aber, dass auch die Sozialdemokraten eigentlich Bedenken haben wegen der Interessenskonflikte von Premier Babiš.