EU kürzt CO²-Emissionsrechte - Tschechien will klagen
Nicht 102 Millionen Tonnen des klimaschädigenden Kohlendioxids darf die tschechische Industrie in die Luft pusten, sondern nur 86,6 Millionen Tonen. Das hat vor kurzem die Europäische Kommission beschlossen. Um rund 15 Prozent beschnitt sie die jährlichen Emissionsrechte für Kohlendioxid für den Zeitraum 2008 bis 2012 in Tschechien. Am Freitag beschloss deswegen die Regierung in Prag, die Kommission zu verklagen.
"Wir werden für die anstehenden fünf Jahre deutlich mehr Emissionsrechte brauchen, als uns die Europäische Kommission letztlich zugeteilt hat", so Riman.
Tschechien hat dabei Verbündete innerhalb der EU. Die Slowakei hat bereits geklagt, Polen hat sich dazu entschlossen, und Lettland und Ungarn erwägen dies. Umweltschützer können Rimans Befürchtungen eines gebremsten Wachstums allerdings nicht nachvollziehen. Jiri Jerabek, Ökologe am Zentrum für Energiewesen und Verkehr:
"Die Regierung hat keinen realen Grund dafür, wenn man sich die Statistik anschaut. Das Bruttoinlandsprodukt wächst und zugleich stagnieren die Emissionen in den letzten Jahren. Mal sind sie leicht gesunken, mal leicht gestiegen. Da lässt sich kein Zusammenhang zwischen der Emissionsmenge und dem Wachstum der Wirtschaft erkennen."
Ähnlich argumentiert auch Umweltminister Martin Bursik. Er lehnt als einziger Minister im tschechischen Kabinett die Klage ab und will seine Unterschrift nicht unter diese setzen. Zudem glaubt er ohnehin nicht an einen Erfolg der Klage.
Diese Ansicht stützen auch erste Äußerungen aus Brüssel. Wie die Sprecherin von EU-Umweltkommissar Stavros Dimas sagte, habe man bei allen EU-Mitgliedern dieselben Kriterien angewendet. Eine Klage hat aber nur Aussicht auf Erfolg, wenn sie die Benachteiligung eines Landes nachweisen kann.Tatsächlich geht die Kommission im neuen Bewilligungszeitraum allgemein strenger bei den CO²-Emissionsrechten vor. Der Hintergrund ist, dass die Emissionsrechte nur Mittel zum Zweck sind. Das Ziel ist, Industrieunternehmen dazu zu bringen, in klimaschonende Produktionstechnik zu investieren. Jedes Industrieunternehmen ab einer gewissen Größe erhält daher die ihm zugeteilten Emissionsrechte kostenlos. Braucht es mehr, muss es diese an den Energiebörsen hinzukaufen. Braucht es weniger, weil es beispielsweise in den Umweltschutz investiert, kann es die Rechte an den Börsen anbieten. Angebot und Nachfrage bestimmen dann den Preis der CO²-Emissionsrechte. Genau das klappte aber im auslaufenden Bewilligungszeitraum nicht.
"Es entstand ein Überangebot an Emissionsrechten auf dem Markt, und der Preis fiel vor fast einem Jahr von etwa 30 Euro pro Tonne auf die heutigen 30 Euro-Cent. Ein Preisverfall auf ein Hundertstel also."
Dies sagte der Börsenmakler und Wirtschaftsberater Jan Pravda gegenüber dem Tschechischen Fernsehen. Der Grund: Brüssel war zu großzügig bei der Vergabe der Emissionen vorgegangen. Und diesen Fehler will die Kommission nicht wiederholen.